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Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number

Titel: Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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gefunden.
    Holdenfield achtete nicht auf den gereizten Ton des Captain. »Wie ich vorhin bereits ausführen wollte, legt die rasche Abfolge der Morde nahe, dass das Endspiel begonnen hat.«
    »Endspiel?« Der Bezirksstaatsanwalt war ganz Ohr.
    »Im jüngsten Fall«, fuhr die Psychologin fort, »war er zu einer ungeplanten Tat gezwungen. Möglicherweise entgleitet der Prozess seiner Kontrolle. Ich habe das Gefühl, dass er die Dinge nicht mehr lange im Griff haben wird.«

    »Was für Dinge?« Wie so oft stellte Blatt seine Frage mit der für ihn charakteristischen Aggressivität.
    Holdenfield musterte ihn kurz mit ausdrucksloser Miene, dann wandte sie sich an Kline. »Wie viel Nachhilfe muss ich hier geben?«
    »Sie sollten vielleicht ein paar wesentliche Punkte anschneiden. Bitte korrigieren Sie mich, falls ich mich irre …« Sein Rundblick um den Tisch machte deutlich, dass er eigentlich keine Korrektur erwartete. »Aber mit Ausnahme von Dave hat wohl keiner hier praktische Erfahrung mit Serienmorden.«
    Rodriguez schien kurz davor, Widerspruch zu erheben, blieb aber stumm.
    Holdenfield lächelte unglücklich. »Sind denn alle zumindest allgemein mit der Holmes-Typologie für Serienmorde vertraut?«
    Das Gemisch aus Nicken und Murmeln am Tisch war überwiegend bejahend. Nur Blatt hatte eine Frage. »Sherlock Holmes?«
    Gurney war sich nicht sicher, ob das ein dummer Witz oder einfach nur dumm war.
    »Ronald M. Holmes - etwas zeitgenössischer und eine echte Person.« Die Psychologin schlug einen übertrieben wohlwollenden Ton an, den Gurney nicht ganz einordnen konnte. Der Fernseherzieher Mister Rogers im Gespräch mit einem Fünfjährigen?
    »Holmes hat Serienmörder nach ihren Motiven klassifiziert: der Typ, der von eingebildeten Stimmen getrieben wird; der Typ mit einer Aufgabe, der die Welt von einer unerträglichen Gruppe Menschen befreien will - Schwarze, Schwule, was auch immer; der Typ, der totale Dominanz anstrebt; der Typ, der das Töten als Rausch erlebt; und der Lustmörder. Aber sie haben alle etwas gemeinsam …«

    »Sie sind alle total plemplem«, rief Blatt mit selbstgefälligem Grinsen dazwischen.
    »Gut beobachtet, Investigator«, entgegnete Holdenfield mit tödlicher Freundlichkeit, »aber vor allem haben sie eine schreckliche innere Anspannung gemeinsam. Wenn sie jemanden töten, verschafft ihnen das vorübergehend Erleichterung.«
    »Wie beim Sex?«
    Verärgert ging Kline dazwischen. »Investigator Blatt, vielleicht behalten Sie Ihre Fragen für sich, bis Rebecca mit ihren Ausführungen zu Ende ist.«
    »Die Frage ist durchaus angemessen. Ein Orgasmus baut sexuelle Spannung ab. Aber bei einem normalen Menschen führt das nicht zu einer verhängnisvollen Abwärtsspirale, die immer häufigere Orgasmen zu einem immer höheren Preis erfordert. In dieser Hinsicht haben Serienmorde meiner Meinung nach eine größere Ähnlichkeit mit Drogenabhängigkeit.«
    » Mordsucht. « Kline sprach das Wort grüblerisch langsam aus, als wollte er eine Überschrift für eine Pressekonferenz erproben.
    »Ein dramatischer Ausdruck«, fand Holdenfield, »an dem aber was dran ist. Mehr als die meisten Menschen lebt der Serienmörder in seiner eigenen Fantasiewelt. Nach außen kann er sozial angepasst erscheinen. Aber aus diesem öffentlichen Leben bezieht er keine Befriedigung, und die Realität anderer Leute interessiert ihn nicht. Er lebt nur für seine Fantasien, die sich um Macht, Dominanz, Strafe drehen. Für ihn stellen diese Fantasien eine übergeordnete Realität dar, eine Welt, in der er sich wichtig, allmächtig, lebendig fühlt. Bis hierher irgendwelche Fragen?«
    »Ich hätte eine«, sagte Kline. »Haben Sie schon eine
Meinung dazu, mit welchem Serienmördertyp wir es hier zu tun haben?«
    »Ja, aber ich würde gern hören, wie Detective Gurney darüber denkt.«
    Gurney hatte den Verdacht, dass ihre ernste, kollegiale Miene genauso falsch war wie ihr Lächeln.
    »Ein Mann mit einer Aufgabe.«
    »Die Welt von Alkoholikern befreien?« Kline klang zugleich neugierig und skeptisch.
    »Ich glaube, dass ›Alkoholiker‹ zur Definition möglicher Opfer gehört, aber möglicherweise kommt noch was anderes dazu, das die eigenartige Wahl der Opfer erklärt.«
    Kline reagierte mit einem unverbindlichen Knurren. »Könnten Sie jenseits von ›ein Mann mit einer Aufgabe‹ ein facettenreicheres Täterprofil skizzieren?«
    Gurney beschloss, das Ganze Zug um Zug zu spielen. »Ich habe ein paar Ideen, aber zuerst

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