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Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number

Titel: Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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so sein muss - warum wäre sie den Betreffenden sonst eingefallen? Also habe ich Mark Mellery immer wieder diese Frage gestellt: Was sagt ihm diese Zahl, an was erinnert sie ihn, hat er schon mal an sie gedacht oder sie irgendwo geschrieben gesehen, war es der Preis von irgendwas, eine Adresse, eine Safekombination? Aber er hat mir versichert, dass die Zahl für ihn keinerlei Bedeutung hat, dass er sich nicht erinnern kann, je an sie gedacht zu haben, dass sie ihm einfach eingefallen ist - rein zufällig. Und inzwischen bin ich überzeugt, dass er die Wahrheit gesagt hat. Also muss es eine andere Erklärung geben.«
    »Das heißt also, Sie sind wieder am Anfang.« Theatralisch verdrehte Rodriguez die Augen.
    »Oder auch nicht. Vielleicht ist dieser Trickbetrug von Sergeant Wigg näher an der Wahrheit, als wir glauben.«

    »Wollen Sie behaupten, dass unser Mörder eine Million Briefe verschickt hat - eine Million handgeschriebene Briefe? Das ist absolut lächerlich.«
    »Sicher, eine Million Briefe wären unmöglich, außer er hätte viele Helfer, was nicht sehr wahrscheinlich ist. Aber was für eine Zahl wäre denn denkbar?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Angenommen, der Mörder hat Briefe an viele Leute versandt - handgeschrieben, damit jeder Empfänger den Eindruck bekommt, eine einzigartige Mitteilung erhalten zu haben. Wie viele Briefe könnte er Ihrer Meinung nach, sagen wir, in einem Jahr geschrieben haben?«
    Der Captain riss die Hände hoch, um anzudeuten, dass er keine Lust hatte, sich mit einer derart lächerlichen Frage zu befassen. Kline und Hardwick schienen das Ganze ernster zu nehmen. Stimmel strahlte wie immer amphibische Unergründlichkeit aus. Rebecca Holdenfield beobachtete Gurney mit wachsender Faszination. Blatt sah aus, als wäre er auf der Suche nach dem Ursprung eines widerlichen Geruchs.
    Aber nur Wigg meldete sich zu Wort. »Fünftausend. Zehn, wenn er hochmotiviert ist. Möglicherweise auch fünfzehn, aber das wäre schon schwer.«
    Mit anwaltlicher Skepsis schielte Kline sie an. »Sergeant, worauf genau stützen Sie diese Zahlen?«
    »Zunächst auf ein paar realistische Annahmen.«
    Mit einem Kopfschütteln brachte Rodriguez zum Ausdruck, dass nichts so fehlerhaft war wie die realistischen Annahmen anderer Leute.
    Falls Wigg das überhaupt bemerkt hatte, ließ sie sich davon nicht aus dem Konzept bringen. »Zunächst unterstellen wir, dass das Vorbild mit dem Privatdetekteitrick anwendbar ist. Daraus folgt, dass die erste Mitteilung
mit der Geldforderung an möglichst viele Adressaten verschickt wird und die nachfolgenden Mitteilungen nur an Leute, die geantwortet haben. In unserem Fall wissen wir, dass der erste, aus zwei Teilen bestehende Brief ungefähr zwanzig kurze Zeilen hatte, dazu eine dreizeilige Adresse auf dem äußeren Umschlag. Bis auf die Adressen wären die Briefe immer gleich, man kann also relativ schnell schreiben. Ich schätze, dass jede Sendung vielleicht vier Minuten dauern würde. Also fünfzehn pro Stunde. Bei nur einer Stunde am Tag hätte man im Jahr also über fünftausend. Bei zwei Stunden am Tag annähernd elftausend. Theoretisch wäre noch viel mehr machbar, aber auch der Eifer des obsessivsten Menschen kennt Grenzen.«
    Gurney spürte etwas wie die Erregung eines Wissenschaftlers in sich aufkeimen, der in einem Meer von Daten ein Muster erkennt. »Elftausend wären wohl mehr als genug.«
    »Wofür?« Kline lehnte sich vor.
    »Genug, für den Trick mit der Zahl sechshundertachtundfünfzig«, antwortete Gurney. »Und wenn das mit dem Trick so gelaufen ist, wie ich glaube, würde das auch die Forderung nach 289,87 Dollar im ersten Brief an alle Opfer erklären.«
    »Moment mal.« Kline hob die Hand. »Etwas langsamer, sonst komm ich nicht mit.«

45
    Eine Einladung
    Gurney ließ sich das Ganze noch einmal durch den Kopf gehen. Es war fast zu einfach, und er wollte ganz sicher sein, keinen naheliegenden Fehler übersehen zu haben, der seine elegante Hypothese über den Haufen warf. In den Gesichtern rund um den Tisch malte sich Spannung, Ungeduld und Neugier. Er holte tief Luft.
    »Ich kann natürlich nicht behaupten, dass es genau so gemacht wurde. Aber es ist das einzige plausible Szenario, das mir eingefallen ist, seit ich mich mit diesen Zahlen rumschlage - das heißt, seit dem Tag, an dem mich Mark Mellery zu Hause aufgesucht und mir den ersten Brief gezeigt hat. Er war vollkommen perplex und verängstigt von der Vorstellung, dass ihn der Briefschreiber gut

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