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Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number

Titel: Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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genug kannte, um vorhersagen zu können, welche Zahl ihm einfallen wird, wenn man ihn auffordert, sich irgendeine Zahl zwischen eins und tausend zu denken. Ich habe seine Panik gespürt, das Gefühl, zum Tod verurteilt zu sein. Bei den anderen Opfern war es bestimmt genauso. Und Panik war der Zweck des Spiels, das da getrieben wurde. Wie kann er wissen, welche Zahl mir einfallen wird? Wie kann er etwas so Intimes, so Persönliches, so Privates kennen wie einen Gedanken? Was weiß er sonst noch? Es war förmlich mit Händen zu greifen, wie ihn diese Fragen gequält und buchstäblich in den Wahnsinn getrieben haben.«

    »Ehrlich gesagt, Dave«, warf Kline mit kaum verhohlener Aufregung ein, »mich treiben sie auch in den Wahnsinn, und je eher Sie sie beantworten können, desto besser.«
    »Absolut richtig«, pflichtete Rodriguez bei. »Kommen Sie zur Sache.«
    Nun mischte sich Holdenfield ein. »Wenn ich eine gegenteilige Meinung zum Ausdruck bringen darf, mir wäre es lieber, wenn Detective Gurney alles auf seine Weise und in seinem Tempo erklären würde.«
    »Es ist schon fast peinlich, so simpel ist es«, fuhr Gurney fort. »Peinlich für mich, weil das Problem immer undurchdringlicher wurde, je länger ich es angestarrt habe. Auch die Klärung des Rätsels mit der Neunzehn hat mir bei der Zahl sechshundertachtundfünfzig nicht weitergeholfen. Auf die naheliegende Lösung bin ich erst gekommen, als Sergeant Wigg ihre Geschichte erzählt hat.«
    Es war nicht zu entscheiden, ob die Grimasse auf Blatts Gesicht von der angestrengten Suche nach dem aufschlussreichen Hinweis herrührte oder von schmerzhaften Blähungen.
    Gurney nickte der Labortechnikerin am Laptop anerkennend zu, ehe er den Faden wieder aufgriff. »Wenn sich unser Mörder, wie Sergeant Wigg unterstellt, zwei Stunden am Tag Zeit genommen hat, um Briefe zu schreiben, dann hat er in einem Jahr elftausend geschafft - die er dann an eine Liste von elftausend Leuten verschickt hat.«
    »Was für eine Liste?« Jack Hardwicks Stimme knarrte wie ein rostiges Tor.
    »Eine gute Frage - vielleicht sogar die wichtigste überhaupt. Ich komme gleich darauf zurück. Gehen wir fürs Erste einfach davon aus, dass der ursprüngliche, in allen Fällen identische Brief an elftausend Leute verschickt
wurde. Jeder von ihnen wurde darin aufgefordert, sich eine Zahl zwischen eins und tausend zu denken. Nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung haben sich also ungefähr elf für jede der verfügbaren Zahlen entschieden. Anders ausgedrückt, es besteht die statistische Wahrscheinlichkeit, dass sich elf von diesen elftausend Leuten die Zahl sechshundertachtundfünfzig ausgesucht haben.«
    Blatts Grimasse nahm komische Ausmaße an.
    Rodriguez schüttelte ungläubig den Kopf. »Überschreiten wir hier nicht die Grenze zwischen Hypothese und Fantasie?«
    »Welche Fantasie meinen Sie?« Gurney klang eher verwundert als gekränkt.
    »Sie schmeißen hier mit Zahlen um sich, die auf nichts Handfestem basieren. Das ist doch alles völlig aus der Luft gegriffen.«
    Gurneys geduldiges Lächeln entsprach nicht seinen Gefühlen, und diese Unaufrichtigkeit lenkte ihn kurz ab. Dieses reflexhafte Verbergen von Irritation, Frustration, Ärger, Furcht, Zweifel war eine alte Gewohnheit, die ihm bei Tausenden von Verhören gute Dienste geleistet hatte. So groß war der Nutzen, dass er es mit der Zeit für ein Talent und eine professionelle Technik gehalten hatte, doch der Ursprung lag natürlich ganz woanders. Schon solange er zurückdenken konnte, war er auf diese Weise mit dem Leben umgegangen.
    »Dein Vater hat also nie auf dich geachtet, David. Hat dir das wehgetan?«
    »Weh? Nein, eigentlich nicht. Ich hatte überhaupt kein Gefühl dabei.«
    Und doch konnte er in einem Traum in tiefe Trauer versinken. Nein, für eine Innenschau war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.

    Gurney kam gerade rechtzeitig wieder zu sich, um Rebecca Holdenfield mit ihrer entschiedenen Sigourney-Weaver-Stimme sagen zu hören: »… persönlich finde Detective Gurneys Hypothese alles andere als fantastisch. Im Gegenteil, ich finde sie bestechend und möchte noch einmal darum bitten, ihn ausreden zu lassen.«
    Diese Bitte richtete sie an Kline, der die Handflächen nach außen kehrte, um auszudrücken, dass niemand etwas anderes wollte.
    Gurney fuhr fort. »Ich behaupte nicht, dass genau elf von den elftausend Leuten die Zahl sechshundertachtundfünfzig gewählt haben, nur dass es am wahrscheinlichsten elf waren. Ich kenne

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