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Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number

Titel: Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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durchs Zimmer gleiten. »Macht es Ihnen was aus, wenn ich mich setze?«
    »Was? Nein, nur zu.« Dermott schwenkte den Arm, als wäre der Raum voller Stühle.
    Gurney ließ sich auf der Bettkante nieder. Er hatte das deutliche Gefühl, dass Gregory Dermott der Schlüssel zu dem Fall war. Wenn ihm nur die richtige Frage einfiel. Das
richtige Thema. Andererseits war es manchmal das Beste, gar nichts zu sagen. Ein Schweigen entstehen lassen, eine Leere, und abwarten, wie das Gegenüber sie füllt. Lange saß er da und starrte auf den Teppich. Es war ein Ansatz, der Geduld erforderte. Und ein gutes Urteilsvermögen, um zu erkennen, wann das Schweigen zur Zeitverschwendung wurde. Als er sich diesem Punkt schon zu nähern glaubte, ergriff Dermott das Wort.
    »Warum ich?« Der Ton war fahrig, gereizt - keine Frage, sondern eine Beschwerde.
    Gurney blieb stumm.
    Nach wenigen Sekunden fuhr Dermott fort. »Ich glaube, es könnte was mit dem Haus zu tun haben.« Er stockte. »Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Detective? Sind Sie persönlich mit jemandem von der Polizei in Wycherly bekannt?«
    »Nein.« Er war versucht, sich nach dem Grund der Frage zu erkundigen, ging aber davon aus, dass er ihn gleich erfahren würde.
    »Mit niemandem? Auch in der Vergangenheit nicht?«
    »Mit niemandem.« Da er in Dermotts Augen etwas wahrnahm, das mehr Gewissheit zu fordern schien, fügte er hinzu: »Bevor ich die Postfachadresse in dem Brief an Mark Mellery gesehen habe, wusste ich nicht einmal, dass Wycherly existiert.«
    »Und niemand hat Ihnen was über die Ereignisse in diesem Haus erzählt?«
    »Ereignisse?«
    »In diesem Haus. Vor langer Zeit.«
    »Nein.« Gurneys Interesse war erwacht.
    Die Migräne verursachte Dermott offenbar große Schmerzen.
    »Was waren das für Ereignisse?«

    »Ich weiß es nur aus zweiter Hand«, antwortete Dermott, »aber nachdem ich das Haus hier gekauft hatte, hat mir eine Nachbarin erzählt, dass es vor über zwanzig Jahren hier mal einen furchtbaren Streit gab - anscheinend ein Ehepaar, und die Frau wurde niedergestochen.«
    »Und Sie sehen einen Zusammenhang…?«
    »Es kann natürlich Zufall sein, aber …«
    »Ja?«
    »Ich hatte die Sache schon ganz vergessen. Bis heute. Heute Morgen, als ich den toten …« Seine Lippen bebten.
    »Lassen Sie sich Zeit.«
    Dermott drückte beide Hände an die Schläfen. »Haben Sie eine Schusswaffe?«
    »Ich besitze eine.«
    »Dabei, meine ich.«
    »Seit meinem Ausscheiden aus dem NYPD trage ich keine Waffe mehr. Wenn Sie sich Sorgen um Ihre Sicherheit machen, im Umkreis von hundert Metern halten sich mehr als ein Dutzend bewaffnete Polizisten auf.«
    Dermott wirkte nicht unbedingt beruhigt. »Sie haben gesagt, dass Sie sich an was erinnert haben.«
    Dermott nickte. »Ich hatte es ganz vergessen, aber dann ist es mir wieder eingefallen, als ich … das ganze Blut gesehen habe.«
    »Was ist Ihnen eingefallen?«
    »Die Frau, die hier im Haus niedergestochen wurde - sie wurde in den Hals gestochen.«

49
    Sie alle zu töten
    Nach Dermotts Erinnerung hatte die (inzwischen verstorbene) Nachbarin das Ereignis vor gut zwanzig Jahren angesiedelt. Möglicherweise waren es also weniger als fünfundzwanzig, was bedeutete, dass sowohl John Nardo als auch Gary Sissek damals schon bei der Truppe gewesen waren. Obwohl das Bild alles andere als klar war, spürte Gurney, dass damit ein weiteres Teil des Mosaiks gefunden war. Zwar wollte er Dermott noch weitere Fragen stellen, aber das konnte noch warten. Erst einmal brauchte er ein paar Antworten von Lieutenant Nardo.
    Er ließ Dermott in seiner steifen Haltung neben den heruntergezogenen Jalousien zurück. Als er die Treppe hinunterstieg, bemerkte er in der Halle eine Beamtin in Overall und Latexhandschuhen, die Nardo soeben fragte, wie sie mit den Bereichen außerhalb des Hauses verfahren sollten, die bereits auf Spuren untersucht worden waren.
    »Alles bleibt abgesperrt, falls wir es noch mal filzen müssen. Bringt den Stuhl, die Flasche und alles andere ins Revier. Richtet das hintere Ende des Aktenzimmers als Sonderfläche ein.«
    »Was passiert mit dem ganzen Zeug auf dem Schreibtisch?«
    »Das schmeißt ihr erst mal in Colberts Büro.«
    »Da wird er aber nicht begeistert sein.«

    »Das ist mir so was von scheiß … Kümmern Sie sich einfach drum!«
    »Ja, Sir.«
    »Bevor Sie gehen, sagen Sie Big Tommy noch, er soll vor dem Haus aufpassen. Und Pat soll beim Telefon bleiben. Alle anderen schwärmen aus und klopfen an Türen.

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