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Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number

Titel: Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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dass er mit seinen Handlungen ein kritisches Stadium erreicht hat und kurz davor steht, eine Art krönenden Abschluss zu inszenieren.«
    Nardos Kiefermuskeln zuckten. Er musste sich sichtlich zurückhalten. »Das heißt, mein niedergemetzelter Freund da draußen wäre nur so was wie ein Aufwärmtraining?«
    Es war keine Frage, die man beantworten konnte oder sollte. Stumm saßen die beiden Männer da, bis sie von einem leisen Geräusch, vielleicht einem unregelmäßigen Atemzug, hochschraken. Gleichzeitig fuhren sie zur Tür herum. Obwohl es angesichts der fast lautlosen Ankunft kaum begreiflich schien, es war der Hüne, der die Auffahrt bewacht hatte. Er machte ein Gesicht, als würde ihm gerade jemand einen Zahn ausbohren.
    Nardo schien bereits zu ahnen, worum es ging. »Was ist, Tommy?«
    »Sie haben Garys Frau gefunden.«
    »O Gott. Okay, wo ist sie?«
    »Auf dem Heimweg von der Autowerkstatt. Sie fährt den Head-Start-Schulbus.«
    »Stimmt, genau. O Scheiße. Ich müsste selbst hin, aber ich kann hier nicht weg. Wo ist bloß der Chef? Hat ihn schon jemand aufgetrieben?«
    »Er ist in Cancún.«
    »Ich weiß, dass er in dem blöden Kaff ist. Ich meine, Scheiße, warum hört er seine Nachrichten nicht ab?« Nardo atmete tief durch und schloss die Augen. »Hacker und Picardo - sie waren wahrscheinlich am engsten mit der Familie befreundet. Ist Picardo nicht der Cousin von der Frau oder so was? Schicken Sie Hacker und Picardo los. Verdammt. Aber Hacker soll vorher noch mal reinschauen.«

    Der riesenhafte junge Polizist verschwand so leise, wie er gekommen war.
    Erneut schnaufte Nardo laut. Er wirkte benommen wie nach einem Tritt gegen den Schädel und schien darauf zu hoffen, durch Reden wieder einen klaren Kopf zu bekommen. »Sie erzählen mir hier also, dass alle Opfer Alkoholiker waren. Aber Gary Sissek war kein Alkoholiker. Was bedeutet das also?«
    »Er war Polizist. Vielleicht hat das gereicht. Oder er war bei einem geplanten Angriff gegen Dermott im Weg. Vielleicht gibt es auch einen anderen Grund.«
    »Was für einen anderen Grund?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Die Hintertür knallte, rasche Schritte näherten sich, und ein drahtiger Mann in Zivil trat ins Zimmer. »Sie wollten mich sprechen?«
    »Tut mir leid, dass ich Ihnen das aufhalse, aber Sie und Picardo müssen…«
    »Ich weiß.«
    »Gut. Schön. Erzählen Sie keine langen Arien. Alles ganz schlicht. ›Tödliche Stiche, als er jemanden vor einem gewalttätigen Angreifer schützen wollte. Als Held gestorben.‹ So was in der Richtung. Gottverdammte Scheiße. Was ich meine, ist, keine grausigen Details, keine Blutlache. Verstehen Sie, worauf ich rauswill? Die Details kann sie später noch erfahren, wenn es sein muss. Aber im Moment …«
    »Verstanden, Sir.«
    »Gut. Hören Sie, ich kann es nicht selbst machen. Kann hier einfach nicht weg. Sagen Sie ihr, ich komme heute Abend bei ihr vorbei.«
    »Ja, Sir.« Der Mann zögerte noch an der Tür, bis klar war, dass Nardo alles gesagt hatte, dann stapfte er zurück zur Hintertür, die er diesmal leiser schloss.

    Es kostete den Lieutenant sichtlich Mühe, sich wieder auf das Gespräch mit Gurney zu konzentrieren. »Habe ich was verpasst, oder sind Ihre Kenntnisse über diesen Fall eher theoretisch? Ich meine, korrigieren Sie mich, wenn ich mich täusche, aber ich habe nichts von einer Verdächtigenliste gehört - eigentlich nicht einmal was von konkreten Anhaltspunkten. Ist das richtig?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Und diese Unmassen von Spuren - Umschläge, Briefpapier, rote Tinte, Stiefel, zerbrochene Flaschen, Fußabdrücke, mitgeschnittene Anrufe, Funkturmaufzeichnungen, zurückgeschickte Schecks und sogar noch Botschaften, die dieser Irre mit dem Hautfett seiner Fingerspitzen geschrieben hat? Das hat alles zu nichts geführt?«
    »So kann man es sehen.«
    Nardo schüttelte den Kopf, als wollte er nie mehr damit aufhören. »Unter dem Strich wissen Sie also nicht, nach wem Sie suchen und wie Sie ihn finden sollen.«
    Gurney lächelte. »Vielleicht ist das der Grund, warum ich hier bin.«
    »Was für ein Grund?«
    »Weil ich keine Ahnung habe, wo ich sonst hin soll.«
    Es war das Eingeständnis einer simplen Wahrheit. Die Befriedigung darüber, die taktischen Einzelheiten der Vorgehensweise des Täters entschlüsselt zu haben, war kaum mehr als eine kleine Ablenkung von der Tatsache, dass es in dem zentralen, von Nardo benannten Punkt keine Fortschritte gab. Noch immer war Gurney fast genauso weit davon

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