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Die Hassliste: Roman (German Edition)

Die Hassliste: Roman (German Edition)

Titel: Die Hassliste: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Brown
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übernachtet«, schoss ich zurück und fügte dann leise hinzu: »Das können wir den ganzen Tag so treiben. Es ist Blödsinn. Davon wird keiner wieder lebendig.«
    Ein Auto hielt neben uns und ein alter Mann kletterte umständlich heraus. Mit einem Blumenstrauß tappte er zu einem Grab in der Nähe. Wir sahen ihm zu, wie er sich langsam hinkniete und den Kopf sinken ließ, bis sein Kinn beinah die Brust berührte.
    »Die Bullen haben mich auch verhört«, sagte Duce, während er weiter nach dem alten Mann schaute. »Die haben gedacht, ich hätte vielleicht Bescheid gewusst, weil ich doch so viel mit ihm rumgehangen habe.«
    »Ehrlich? Das wusste ich nicht.«
    »Ja, schon klar«, sagte er mit saurem Gesichtsausdruck. »Dir ging’s ja immer nur um dich, die arme, arme Valerie. Du hast einen Schuss abgekriegt. Du hast um ihn getrauert. Du hast unter Verdacht gestanden. Über uns andere hast du nie nachgedacht. Mann, du hast nicht mal gefragt, wie’s uns geht, nie. Du hast uns komplett abserviert.«
    Schuldbewusst blickte ich ihn an. Er hatte recht. Ich hatte Stacey bei ihrem Besuch im Krankenhaus nicht danach gefragt, wie es allen ging. Ich hatte niemanden angerufen. Keine Mails geschrieben. Gar nichts. Ich hatte nicht mal dran gedacht. »O Gott«, flüsterte ich und plötzlich hörte ich wieder Jessicas Stimme:
Du bist einfach nur egoistisch, Valerie.
»Das tut mir leid. Ich hab gar nicht   …«
    »Dieser Typ von der Kripo, dieser Panzella, der hat praktisch bei mir gewohnt. Hat meinen Computer abgeschleppt und wer weiß noch was alles«, sagte Duce. »Aber der eigentliche Clou ist   … ich hatte echt keine Ahnung. Nick hat nie was gesagt, dass er irgendwen umlegen wollte. Er hat mich nicht mal vorher gewarnt oder so.«
    »Mich auch nicht«, sagte ich, aber meine Stimme war kaum zu verstehen. »Es tut mir so leid, Duce.«
    Duce nickte, kramte in seiner Jackentasche nach Zigaretten und zündete sich umständlich eine an. »Eine Weile lang hab ich mich echt bescheuert gefühlt, weil ich’s nicht wusste. Ich hab überlegt, ob wir vielleicht doch nicht so gute Freunde gewesen sind, wie ich dachte. Und schuldig hab ich mich auch gefühlt. Als hätte ich’s irgendwie wissen müssen und dann hätte ich auch was tun können. Ihm helfen. Aber so   … Keine Ahnung. Vielleicht hat er’s uns nicht erzählt, weil er uns schonen wollte.«
    Ich stieß eine Art sarkastisches Knurren aus. »Na ja, falls er das wirklich wollte, ist es verdammt danebengegangen.«
    Duce kicherte leise in sich hinein. »Das kann man wohl sagen.«
    Der alte Mann kam jetzt mühsam wieder auf die Füße und zog seine Jacke eng um sich, während er sich auf den Rückweg zu seinem Auto machte. Ich beobachtete ihn. »Weißt du noch, wie wir nach Serendipity gefahren sind, in den Wasserpark?«
    Duce lachte auf. »Ja, du warst echt nervig an dem Tag. Dauernd hast du rumgejammert, dir wär kalt, du hättest Hunger, nörgel, nörgel, nörgel. Du hast ihn keinen Spaß haben lassen.«
    »Ja«, sagte ich und schaute wieder auf das Grab.
Nicholas Anthony.
»Und dann seid ihr irgendwann abgehauen und Stacey und ich haben euch überall gesucht, und am Ende haben wir euch gefunden, wie ihr Kekse mit diesen zwei Blondinen aus Mount Pleasant gefuttert habt   …«
    Duce grinste breit. »Die waren echt scharf.«
    Ich nickte. »Stimmt. Und weißt du noch, was ich zu Nick gesagt hab, als wir euch gefunden hatten?«
    Ich blickte Duce direkt an. Er schüttelte den Kopf. Lächelte.
    »Ich hab ihm gesagt, dass ich ihn hasse. Genau das hab ich gesagt, mit diesen Worten. ›Ich hasse dich, Nick.‹« Ich bückte mich, nahm ein trockenes Blatt und fing an, es zwischen meinen Fingern zu zerkrümeln. »Denkst du, er weiß, dass ich das nicht so gemeint habe? Er ist doch bestimmt nicht in dem Glauben gestorben, ich hätte das ernst gemeint, oder? Schließlich war es ewig her und wir haben uns sowieso am gleichen Tag wieder versöhnt. Aber manchmal mach ich mir Sorgen, er könnte immer noch an diesen Satz von mir gedacht haben, und vielleicht hätte er an dem Tag   … an dem Tag, als er losgeschossen hat   … und als ich versucht hab, ihn zum Aufhören zu bringen   … dass er sich da vielleicht an diesen Satz erinnert hat und sich deshalb umgebracht hat. Weil er dachte, ich hasse ihn.«
    »Vielleicht hasst du ihn ja wirklich.«
    Ich dachte darüber nach und schüttelte dann den Kopf. »Ich habe ihn so geliebt.« Ich stieß ein ärgerliches kleines Lachen aus. »Das muss

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