Die Hazienda des Gluecks
vielen Jahren so viele Dinge gesehen hatten. Sie trat dicht neben das Bett.
"Ich war erstaunt, dass er sich so eine junge, hellhäutige Fremde zur Frau genommen hat, aber jetzt begreife ich den Grund."
"Tatsächlich?" Colette befeuchtete ihre Lippen mit der Zungenspitze. "Vermutlich um mir weh zu tun und mich zu quälen, denn er liebt mich ganz bestimmt nicht."
"Liebe?" wiederholte die alte Carmen verächtlich. "Was ist Liebe? Die fühlt man für ein Kätzchen, eine Blume, ein Buch! Zwischen einem Mann und einer Frau muss die Leidenschaft brennen. Es ist eine Schlacht mit einem Gewinner und einem Verlierer. Sie waren Jungfrau - das steht fest, wenn Don Diablo sie geheiratet hat. Der Fruchtsaft tut gut, eh? Er erfrischt Sie, denn wenn eine Frau geliebt worden ist, steht ihr der Sinn immer nach drei Dingen: einem kühlen Getränk, dem Gefühl von Wasser auf ihrer Haut und einem Schleier, hinter dem sie sich eine Weile verstecken kann. Habe ich nicht recht, Senora? Ich bin noch nicht so alt, dass ich alles über die Jugend und ihr Feuer vergessen habe, wie es glimmt, zur Flamme emporlodert und erstickt werden muss."
"Ich - ich möchte nicht mehr darüber sprechen." Colette Stellte das leere Glas auf das Tablett. Ihre Wangen brannten vor Scham. Wenn diese alte Vettel wusste, was sich abgespielt hatte - dann wusste es auch der ganze übrige Haushalt. Wut stieg ihr in der Kehle hoch.
"Worauf warten Sie noch?" fuhr sie Carmen an. "Wollen die Leute, dass das Bettlaken am Tor der Hazienda aufgehängt wird, damit alle Welt beruhigt feststellen kann, dass er ein unberührtes Mädchen geheiratet hat?"
Bei diesem Ausbruch starrte die Alte Colette ungläubig an. Dann glomm so etwas wie Verständnis in ihren von Falten umgebenen Augen auf.
"In England spricht man nicht gern von solchen Sachen, eh? Es ist Ihnen peinlich, dass eine alte Frau wie ich in Ihr Schlafzimmer kommt. Regen Sie sich nicht auf, Senora. Don Diablo hat mich zu Ihnen geschickt. Wissen Sie nicht, dass ich bis zu ihrem Tode die Dienerin seiner Mutter war? Ich habe mich um die dunkle Madonna gekümmert, jetzt werde ich für seine goldene Madonna sorgen."
"Nein! Ich kann ganz gut für mich allein sorgen und bin nicht auf Ihre Hilfe angewiesen.
Gehen Sie und erzählen Sie es ihm! Erzählen Sie ihm, dass ich weder ihn noch Sie oder sonst jemanden aus diesem verfluchten Haushalt will! Erzählen Sie ihm, dass ich ihn und all das, was er verkörpert, hasse - Stolz, Hochmut, Eitelkeit!"
Diesmal wankte Carmen und trat einige Schritte zurück. Entsetzt betrachtete sie Colette.
"Eine Frau sollte nicht so von ihrem Mann sprechen", tadelte sie ernst. "Es gehört sich nicht, so zu reden, Senora. In ganz Mexiko gibt es unzählige Frauen, die froh und glücklich wären, wenn Don Diablo sie erwählt hätte. Er gilt weit und breit als El Magnifico, der viel Geld, viel Land und viel Macht besitzt. Er hat die Fähigkeit, ein Dutzend Frauen glücklich zu machen von einer einzigen wollen wir gar nicht sprechen. Sie sollten es als Ehre betrachten, dass ..."
"Ehre?" Colette lachte verächtlich auf. "Ich fühle mich beleidigt und gedemütigt. Er hat nicht die geringste Zuneigung für mich. Er gibt sich nicht einmal Mühe, so zu tun. Ich errege nur seine Instinkte. Wenn die mexikanischen Frauen darauf stolz sind, dann ..." Colette verstummte. Tränen traten ihr in die Augen. Sie schrak vor der alten Carmen zurück und war froh, dass sie sich hinter dem dichten Schleier ihres Haares verstecken konnte.
Marcus! Wenn er sie jetzt sehen könnte, ob er dann wohl noch immer so stolz darauf gewesen wäre, dass er einen reichen Mann für sie gefunden hatte? O Gott, hatte ihn das Vermögen denn so geblendet, dass er nicht gemerkt hatte, mit was für einem Menschen er seinen Schützling verheiraten wollte? Arrogant, egoistisch und nur auf sein eigenes Wohlergehen bedacht?
Colette erinnerte sich an seinen harten und muskulösen Körper, an seine Arme, die sich so fest um sie geschlungen hatten ...
"Gehen Sie", befahl sie von neuem. "Lassen Sie mich allein."
"Sie werden doch keine Dummheiten machen, Senora?"
"Dummheiten?" Colette lächelte erschöpft. "Noch dümmer, als ich schon war, kann man doch gar nicht sein. Ich habe den Teufel selbst geheiratet, etwas Törichteres kann man wohl nicht tun."
"Dann werde ich jetzt gehen", sagte Carmen, als wäre sie der Aufgabe überdrüssig geworden, ein Mädchen zu besänftigen, das nicht ihrer eigenen Rasse angehörte. "Will die Senora
Weitere Kostenlose Bücher