Die Hazienda des Gluecks
an, als wüsste sie nicht genau, was er meinte.
"Bei Schlagsahne kann ich mich eben einfach nicht beherrschen. Weißt du, mein blondes Haar ist bloß Haar und kein Heiligenschein. Ich habe auch meine Gelüste, genau wie du."
"Eins zu null für dich", meinte er. "Du bist sehr schlagfertig, querida." Als der Kellner kam, um die Dessertschüsseln abzuräumen, bestellte Don Diablo Kaffee und eine Schale mit Konfekt und Gebäck. Ein Lächeln huschte über das braune Gesicht des Kellners, als er Colette betrachtete, die im Gegensatz zu der eindrucksvollen Gestalt Don Diablos sehr zart und zerbrechlich wirkte.
"Komm, chica, du hast doch vorhin gesagt, dass du gern naschst, und diese Süßigkeiten sehen doch wirklich verlockend aus." Mit diesen Worten schob er ihr die Bonbonschüssel mit den Köstlichkeiten aus Schokolade, Nougat und kandierten Früchten hin.
"Willst du mich mästen?" versuchte sie zu scherzen, aber sie konnte ihm nicht in die Augen sehen, als sie ein Stück Nougat nahm und es in den Mund steckte. "Im allgemeinen bevorzugen die Spanier Frauen, die ein wenig mollig und gefügig sind, nicht? Dem Idealbild entspreche ich nun leider ganz und gar nicht. Ich bin eine selbständige Persönlichkeit - und nicht bloß eine Brutmaschine."
Jetzt war es heraus! Seit ihrer Begegnung mit Carmen heute morgen hatte sie den quälenden Gedanken nicht mehr aus ihrem Herzen vertreiben können. Sie war doch erst neunzehn. Sollte ihr Leben denn schon zu Ende sein? Und es war zu Ende, wenn ihre einzige Aufgabe darin bestand einem Mann, den sie nicht liebte, den ersehnten Erben zu schenken.
"Jetzt reicht es! Dieses Gespräch hat schon lange genug gedauert." Das Gesicht Don Diablos war düster und drohend, als er dem Kellner nach der Rechnung winkte. Er ließ ein großzügig bemessenes Trinkgeld zurück, und dann fasste er Colette am Ellbogen und führte sie hinaus in das gleißende Sonnenlicht. Colette fühlte, wie ihr die Tränen in die Augen traten, und sie sah alles wie durch einen Schleier hindurch.
Sie ging schweigend mit ihm zum Wagen und dachte, dass sie jetzt wohl zur Hazienda zurückfahren würden. Statt dessen holte er ihre Badesachen und das Handtuch vom Sitz.
Auch ihren Strohhut nahm er mit, über den er sich vorhin so lustig gemacht hatte. "Am Strand wird es glühend heiß werden."
"Willst du denn noch immer schwimmen gehen?" Sie bemühte sich um einen gleichgültigen Tonfall. "Es macht mir nichts aus, wenn wir heimfahren. "
"Hör auf, dich wie ein beleidigtes kleines Mädchen zu benehmen, und setz dieses alberne Gebilde auf. Wenn du glaubst, dass ich mich selber um das Vergnügen eines Bades im Ozean bringe, bloß weil wir die Klingen miteinander gekreuzt haben und weil ein wenig Blut geflossen ist, dann bist du auf dem Holzweg, querida. Du kannst ja meinetwegen im Wagen sitzen bleiben, wenn du nicht mitkommen möchtest."
6. KAPITEL
Als Colette den Strand erreichte, sah sie, dass Don Diablo eine der Kabinen gemietet hatte, die in bunter Reihe im Sand standen, dort, wo die weiße Flutlinie den höchsten Stand des Wassers markiert hatte. Sie wartete vor der Hütte, bis Don Diablo in seiner Badehose herauskam. Er ging an ihr vorbei zum Meer, watete hinein und begann dann mit langen, kräftigen Stößen zu schwimmen. Seine nassen Arme glänzten in der Sonne wie Kupfer.
Die Verlockung des Wassers war zu groß für Colette. Sie huschte in die Hütte, und bald schon hatte sie ihr elegantes Kleid gegen den dunkelroten Badeanzug eingetauscht. Barfuss rannte sie über den warmen Sand und japste atemlos vor Freude, als sie in das aufspritzende Wasser tauchte. Sie fühlte sich an ihre Mädchenzeit erinnert, als die sanften Wellen ihren Körper umspülten. Schließlich hatte sie keinen Grund mehr unter den Füßen und schwamm mit gleichmäßigen Bewegungen aufs Meer hinaus.
Colette drehte sich auf den Rücken und ließ sich treiben. Sie musste blinzeln, weil die gleißende Helle der Sonnenstrahlen sie blendete. Es war alles so friedlich. Man könnte beinah glauben, Don Diablo wäre untergegangen und ertrunken ... auf einmal wurde sie neugierig.
Sie sah sich suchend um, aber es war kein Lebenszeichen von ihrem Mann zu entdecken.
Nirgends war ein dunkler Kopf über den Wellen zu sehen, und ein seltsam flaues Gefühl in der Magengrube ergriff sie plötzlich.
War ihr stummes Gebet von den heidnischen Göttern erhört worden? War er ertrunken und für immer aus ihrem Leben verschwunden? Unvermittelt schoss jedoch eine
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