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Die Hebamme

Die Hebamme

Titel: Die Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cantz Kerstin
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verbergen konnte, zu seinem kundigen Körper standen.
    Die hellbraunen Locken, die sonst auf seine Schultern fielen oder aber über ihre geschlossenen Augen strichen, lagen jetzt feucht und strähnig über Stirn und Wangen. Sein Mund war leicht geöffnet. Er schien kaum zu atmen.
    Es hatte sie beeindruckt, wie sicher seine Hände waren, als er sie das erste Mal berührte. Dass er es wagte. Erstaunt hatte sie es zugelassen.
    Natürlich waren ihr seine Blicke nicht verborgen geblieben, wenn sie in der Apotheke ihre Besorgungen machte. Es hatte sie amüsiert. Sie hatte es schon einige Male erlebt, dass Männer es sehr verstören konnte, sobald sie begriffen, dass sie über Gelehrtenwissen verfügte. Sie brüstete sich niemals damit, aber sie hielt es auch nicht zurück.
    Anders also hatte sie seine Blicke nicht gedeutet. Sie war nicht einmal misstrauisch geworden, als er sich in ihr Haus Eintritt verschaffte unter dem Vorwand, ihr ein Buch persönlich übergeben zu wollen, das der alte Fessler aus seiner Bibliothek für sie herausgesucht hatte.
    Ohne Umschweife hatte er sich ihr erklärt. Sie hatte gelacht. Keinesfalls, um ihn zu verletzen, derlei war ihr vollkommen fremd. Das Lachen allerdings war ihr sofort vergangen, als er um ihre Mitte griff und eine seiner Hände auf ihren Rücken legte. Es ging eine unglaubliche Hitze von ihm aus und ein sanfter Druck, mit dem er sie an sich zog. Er umfasste ihren Nacken und küsste sie.
    Sie hatte ihn nicht von sich gestoßen, nicht geschlagen oder nach ihrer Magd gerufen. Sie war ungeübt in solchen Verhaltensweisen. Sie war ungeübt darin, eine solche Lust zu empfinden. Wie schön seine Hände waren, bemerkte sie erst später.
    Es war so überraschend für sie gewesen, festzustellen, wie sein junger, glatter Körper sich in ihren fügte, ohne jede Anstrengung. Schon nach kurzer Zeit hatte sie nicht einmal mehr die Augen schließen müssen, um sich gedankenlos von den unzähligen abenteuerlichen Wahrnehmungen überfluten zu lassen. Sie sah ihm zu und staunte über seine Bewegungen, die sanft sein konnten und von geschmeidiger Kraft.
    Nie war sie einem Mann so nah gewesen, und es hatte ihr niemals daran gelegen. Diesem unbestimmten Gefühl, das sich zuweilen in ihrem Körper eingestellt hatte, war sie nachgegangen. Sie hatte es erforscht, so wie sie auch sonst den Dingen auf den Grund ging. Sie hatte herausgefunden, dass es mehr gab, als nur die Hand zwischen die Beine zu legen. Sie fand es interessant, aber nicht über die Maßen beeindruckend.
    In Wien hatte es einen jungen Arzt gegeben, den sie für die Fortsetzung der körpereigenen Studien bestimmt hatte. Zunächst hatte er ein wenig kompromittiert getan und war es vielleicht tatsächlich auch gewesen, im ersten Moment. Ihrem Anliegen war zugute gekommen, dass sie in seinen Augen nur eine unbedeutende Hebammenschülerin war. Wenn auch erstaunlich verdorben offensichtlich. Keinesfalls hatte er in ihr eine ebenbürtige Person seines Standes gesehen. Er wusste nichts über sie, und das war auch nicht wichtig. Es mit einem Arzt zu tun machte die Sache zu einem wissenschaftlichen Vorgang, und anders wollte Elgin das nicht verstanden wissen. Es hatte sich auch nicht anders angefühlt.
    Erleichtert hatte sie beschlossen, fortan bestens darauf verzichten zu können. Es kam ihren Plänen sehr entgegen, und es waren viele Jahre vergangen seitdem. Jahre, in denen ihr Körper brachgelegen hatte, ohne dass sie es als einen Mangel empfunden hatte. Für sie war es ein Privileg.
    »Du bist mir schon wieder entwischt.«
    Sie hatte nicht bemerkt, dass er sie mit halb geöffneten Augen betrachtete, mit diesem Blick, für den jetzt keine Zeit mehr war.
    Sie lachte.
    »Ich bin einfach nur aufgestanden, lieber Freund.«
    »Ach, komm her und sag nicht lieber Freund zu mir. Das klingt, als hättest du meinen Namen vergessen.«
    »Du musst gehen, Lambert.«
    Sie sah ihm zu, wie er sich aufsetzte und streckte.
    Als Lambert aufstand, bedeckte er sich nicht und warf mit einer Kopfbewegung die Haare nach hinten, die gleich wieder ins Gesicht fielen. Er griff sich in die Locken, strich sie zurück, kam auf sie zu. Sie fragte sich zuweilen, wie bewusst er seine Schönheit einsetzte, doch beunruhigt war sie vor allem durch sein Bemühen, das er damit zum Ausdruck brachte.
    Die schläfrige Wärme seines Körpers drang durch den Stoff ihres Nachtmantels, als er bei ihr war. Die Stelle neben seinem Beckenknochen, dort, wo seine Haut besonders dünn war,

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