Die Hebamme
Gastgeberin entgegengenommen.
Eigentlich war der gesamte Abend zufrieden stellend verlaufen, nur Lambert hätte sich seiner Verlobten gegenüber etwas geschmeidiger zeigen können. Stattdessen hatte er – wie sehr häufig in den letzten Monaten – abwesend gewirkt, und das Ehepaar Herbst musste ihn des Öfteren ansprechen, damit er sich am Tischgespräch beteiligte. Doch hatte es sie offenbar nicht verdrossen – seine zukünftigen Schwiegereltern. Carolines Herz hüpfte, und in den Beinen verspürte sie einen kurzen Impuls, es ihm nachzutun. Endlich war ein Hochzeitstermin festgelegt worden! Jetzt konnte ihr niemand mehr in die Parade fahren, und Lambert musste bis Oktober einfach auftauen.
Vor ihr hob Lambert auf der ansteigenden Gasse die Laterne höher, das Licht ließ sein Haar honigfarben aufscheinen. Ihr schöner Sohn. Mit ihm war es leicht, ihre ehrgeizigen Pläne zu erreichen, und sie dachte überhaupt nicht daran, ein schlechtes Gewissen zu haben.
Nachdem er das Angebot der Familie Herbst abgelehnt hatte, sich von einem Knecht heimleuchten zu lassen, ging er nun zu schnell, doch heute konnte sie ihm diese Unhöflichkeit nicht übel nehmen. Caroline schwang ihren perlenbestickten Beutel, bis er Lamberts Arm traf.
»Sei doch nicht so mürrisch, mein Lieber. Wir haben wahrhaftig Grund zur Freude, findest du nicht?«
» Du hast Grund zur Freude, Mutter. Ich dagegen fühle mich ein wenig verschachert. Gib mir etwas Zeit, mich damit zu arrangieren, ja?«
Nur kurz wandte sich Lambert ihr zu und hatte seinen Blick schon wieder nach vorn gerichtet, als sie sich bei ihm einhakte. Es war wirklich ein Jammer, wie humorlos der Junge geworden war, dachte Caroline, als sie den dunklen Marktplatz erreichten.
»Na hör mal, du hattest schließlich nichts gegen eine Verbindung mit Therese einzuwenden. Nie hätte ich dich gegen deinen Willen …«
»Verkuppelt?«
»… verheiraten wollen, du garstiger Mensch!«
Es schadete nicht, sich ein wenig zu empören. Jetzt verlangsamte er zumindest seine Schritte – das Tempo hatte sie bereits angestrengt.
»Man müsste an deinem Verstand zweifeln, wenn du etwas an Therese auszusetzen hättest. Sie ist sehr apart. Eine kleine Schönheit, wenn man so will.«
»Wenn du es so sehen willst – ich muss dir darin nicht unbedingt folgen«, sagte Lambert düster.
»Also wirklich, Therese ist eine rundum bezaubernde Erscheinung. Gut, ihr Haar könnte etwas voller sein, aber sie weiß es geschickt zu frisieren. Und dass sie vielleicht ein wenig zu schüchtern ist, mein Lieber, das spricht doch nur für sie.«
»Ein wenig zu langweilig könnte man es auch nennen.«
»Du hast es gerade nötig!« Abrupt blieb Caroline stehen. Er schien ihr tatsächlich die Freude verderben zu wollen, und sie wusste nicht, ob kindische Rebellion hinter seinem schlechten Benehmen steckte, oder – was es keinesfalls besser machte – Desinteresse.
»Ich konnte wahrhaftig nicht bemerken, dass du dir große Mühe gegeben hättest, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Sie hat dich mit ihren Augen angefunkelt, man hätte die Kerzen löschen können! Aber Monsieur sitzt da und kriegt die Zähne nicht auseinander.«
Sie hatten ihr Haus an der Schlosstreppe erreicht. Caroline kramte in ihrem Beutel nach dem Schlüsselbund, da ihr Sohn keinerlei Anstalten machte, die Tür aufzuschließen. Stattdessen hatte er die Hände in den Hosentaschen versenkt. Er wirkte plötzlich hilflos. Caroline war sofort bereit, die Sache in einem anderen Licht zu sehen.
»Weißt du, mein Sohn, einer Frau, die dich so offensichtlich anbetet wie Therese, musst du entgegenkommen, um ihr die Scheu zu nehmen«, sagte sie sanft, wie es sonst selten ihre Art war. »Du kannst eigentlich nichts falsch machen.«
»Mutter, bitte!« Natürlich war es ihm peinlich, aber Caroline hielt es nicht für angezeigt, jetzt auf seine Empfindsamkeiten Rücksicht zu nehmen. Sie war entschlossen, ihren Sohn einige Dinge über Frauen wissen zu lassen, die er naturgemäß lieber von seinem Vater erfahren hätte. Zufrieden registrierte sie die trockene Wärme im Innern des Hauses, als sie die Tür öffnete. Was hätte Bertram ihm schon sagen können? Wäre er nicht so früh gestorben, hätte sie für ihren Sohn keine Ehe stiften müssen. Lächelnd wandte sie sich um und legte eine Hand auf Lamberts Arm.
»Komm, du wirst uns jetzt einen von Vaters alten Weinen aus dem Keller holen. Wir nehmen noch einen Nachttrunk vor dem Kamin ein und …« Sie brach ab,
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