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Die Hebamme

Die Hebamme

Titel: Die Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cantz Kerstin
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können sie auch verbrennen«, hatte die Gottschalkin gesagt. »Wenn Sie das lieber tun möchten, ist nichts Falsches daran.«
    Marietta musste wegschauen, als die Hebamme es in Stroh und ein Leintuch wickelte, das sie aus ihrer schwarzen Ledertasche nahm. Die Gottschalkin hatte sich vom Boden erhoben mit einem kleinen Ächzen, für das sie zu jung war. In allem war sie anders, als sie sich vorgestellt hatte.
    Ihr Griff war fest gewesen und bestimmend, als sie Marietta das Bündel übergeben hatte.
    »Nur tun sollten Sie es.«
    Und dann hatte sie gelächelt. Das Lächeln hatte sie schön gemacht. Vielleicht war es Marietta auch nur so vorgekommen.
    Die Flammen waren blau, fast violett. Unter einer weißen Schicht fiel das Ding in sich zusammen. Es brannte lange, bis es verschwand.
    Mariettas Hände glitten unter die Schürze. Durch die Falten des Kleides konnte sie die Hitze auf ihrem flachen Bauch spüren. Erst als sie die Augen schloss, drang der Geruch in ihre Nase. Sie wunderte sich, dass der Gestank nach verbranntem Fleisch ihr gar nichts ausmachte.

    Das Mädchen lag auf der Seite, das Kind dicht bei sich. Sie hatte die Beine angezogen, und ihr eingerollter Körper umschloss den kleineren.
    Sie suchte Trost, und das war etwas, das Elgin Gottschalk nicht zu bieten hatte. Und Mitleid, fand sie, war wie ein Verbündeter der Ohnmacht. Deshalb mochte sie es nicht.
    Es gab kaum etwas, was sie dem Mädchen raten konnte. Das Kind in Kost zu geben hieße, es dem Tod auszuliefern. Bei einer der Frauen, die selbst nichts hatten, die den Säugling mit unverdünnter Kuhmilch fütterten oder mit gequetschten Kartoffeln. Die ihm ein Lutschbeutelchen mit Mohn in den Mund steckten, wenn er schreien würde vor Hunger, damit er endlich damit aufhörte. Elgin wusste sehr wohl, dass nicht jene Pflegemütter in gutem Ruf standen, bei denen die Kinder gediehen, sondern jene, bei denen sie schnell starben. Was also hatte sie dem Mädchen zu sagen?
    »Bevor ich aus Marburg weggehe, möchte ich ihm einen Namen geben.« Zuerst war es nur ein Flüstern, dann festigte sich Lenes Stimme mit jedem hastig hervorgestoßenen Satz. »Ich weiß, dass eine Wehemutter das tun darf, ich war selbst dabei. Ich weiß, dass ein Kind schnell getauft sein muss, wenn es schwach ist. Und es ist doch schwach, nicht?« Sie hatte sich aufgerichtet, sie wiegte und schuckelte das Neugeborene, als habe sie darin bereits Erfahrung.
    Lene schaute Elgin mit Augen an, die so dunkel waren, dass sie keine Farbe in ihnen erkennen konnte. Die Haare fielen ihr strähnig ins Gesicht, in dem Tränen und Schmutz ein wirres Muster hinterlassen hatten. Sie hatte sich geweigert, es reinigen zu lassen, sie hatte den Kopf abgewandt und sich ins Stroh gepresst, vorhin, als ihre Dienstherrin sie beschimpfte.
    Elgin hatte die Frau zum Schweigen bringen müssen.
    Dann erst hatte sie die Röcke des Mädchens zurückgeschlagen und mit dem Schwamm, den sie ihrer Tasche entnommen und mit warmem Wasser getränkt hatte, das Blut von den Beinen gewaschen. Sie war unter ihrer Berührung zurückgezuckt und dann wie in einem Krampf erstarrt.
    Lene hatte sich nicht gerührt, gab keinen Laut von sich, auch nicht, als der Schwamm ihr gedehntes Geschlecht berührte. Elgins warme Finger waren vorsichtig gewesen, um zu ertasten, was wichtig war. Der Körper des Mädchens war unter ihren Händen wie ein gespannter Bogen, und nicht das sanfteste Wort hatte sie erreichen können. Als Elgin die Schließe ihres Umhangs löste, ihn von den Schultern nahm und über sie breitete, als die weiche Wolle die Wange des Mädchens berührte, hatte es die zusammengekniffenen Augen geöffnet, und das Stroh hatte knisternd unter ihr nachgegeben.
    Es musste eine gute Stunde vergangen sein seitdem, und sie fragte sich, ob die Hausherrin ihre stummen Zusagen einhalten würde.
    »Wo willst du denn hingehen mit deinem Sohn?«
    Elgin strich dem Kind über die Wangen. Es zuckte in dem kleinen Gesicht, als träumte es von dunklen Dingen, der Mund öffnete sich und ließ auf den Schrei warten.
    »Weg. Ich werd schon einen Platz finden, wo ich mit ihm bleiben kann.«
    »Was ist mit deinen Leuten?«
    »Sie werden mich nicht wollen, wo sie mich doch gerade erst losgeworden sind. Da sind noch sieben Geschwister.« Sie drückte das Kind an ihre weiche, nackte Brust. »Sieben, wenn alle über den Winter gekommen sind. Bitte, ich will ihn Felix nennen. Ich hab mal sagen hören, dass heißt etwas Gutes.« Ihre Hand krallte sich in

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