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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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dir fließt mein Blut genau wie in den kleinen Würmchen, die du geboren hast. Und wir alle stehen zu dir und den Knaben, egal, was geschieht, nicht wahr, Karina?“
    „Egal, was geschieht“, wiederholte diese die Worte der Großmutter.
    „Gut. Dann wird Halina dir jetzt die Kinder an die Brust legen.“
    Als hätte sie nur auf die Anweisung gewartet, trat die Tante ein. In jedem Arm einen fest in Windeln gewickelten Säugling.
    Isabella streckte die Arme nach ihnen aus – und ließ sie wieder fallen. 
    „Nimm sie weg!“, schrie die Mutter mit schriller Stimme. „Das sind nicht meine Söhne. Ausgeburten der Hölle wollt ihr mir unterschieben. Darum das Tuch auf meinem Gesicht. Ich durchschaue euch. Oh, ich durchschaue euer schändliches Spiel.“
    Sie sank in die Kissen zurück, wendete den Kopf ab. „Ich will meine richtigen Kinder!“, tobte sie.
    „Es sind deine richtigen Kinder“, sagte Halina so sanft, wie man es von ihr nicht gewohnt war. Mit keiner Silbe ging sie auf die Beschimpfungen ein.
    Weder Augen noch Nase befanden sich in den Gesichtern, nur jeweils zwei Löcher zum Atmen und ein karpfenartiges Maul, das den Mund ersetzte. Die Ohren waren lang gezogen, liefen spitz nach oben zu. Schuppige Fischhaut bedeckte die gesamten Gesichtsflächen und auch das, was von den verpackten Körpern zu sehen war. Die Beinchen konnte man durch die Windelschicht nicht erkennen, aber sicherlich wiesen sie die gleichen albtraumhaften Missbildungen wie die Stummelarme auf, die erschreckende Ähnlichkeit mit Fischflossen hatten. Zwischen den verwachsenen Fingern spannten sich graue Schwimmhäute. Beide begannen gleichzeitig zu schreien und Halina legte sie, trotz Isabellas heftiger Gegenwehr, an ihre Brüste.
    So, wie in ihren Busen die Milch eingeschossen war, schoss urplötzlich Mutterliebe in ihr Herz. Sie schlang die Arme um die missgestalteten Wesen und weinte laut: „Meine armen, armen Kinder. Wie wird es euch im Leben ergehen? Ich möchte euch vor den bösen Blicken der Leute beschützen, vor allem Elend bewahren. Aber wird es mir gelingen?“
    „Es wird dir gelingen“, sagte Großmutter Giovanna, „und schließlich seid ihr nicht allein. Wir sind immer für euch da. Ab heute mehr denn je.“
    Halina ergänzte: „Mögen die Knirpse auch anders aussehen als gewöhnliche Menschen, so werden sie doch ihren Mann stehen, wenn sie groß sind. Sie sind etwas ganz Besonderes.“
    „Ja, das sind sie. Ich liebe sie bereits jetzt mehr als mein Leben“, beteuerte Isabella.
    „Das ist recht“, meinte Giovanna und stützte sich auf ihre Krücken, wandte sich zum Gehen. Auch Halina strebte der Tür zu.
    „Schlaft gut. Es war ein langer Tag“, riefen sie wie aus einem Munde. Isabella lächelte.
    „Ihr auch, und danke für alles.“
    Karina blieb sitzen, bis die Säuglinge satt vor sich hin grummelten, holte eine Schüssel mit warmem Wasser, wusch einen nach dem anderen vor den Augen der Mutter. Sie sah, dass sie mit ihrer Vermutung recht gehabt hatte. Die Leiber waren völlig mit Schuppen zugewachsen, statt Beinen streckten sich flossenartige Glieder aus dem Unterleib. Doch pfotenähnliche Füße würden ihnen später das Laufen ermöglichen. „Gott sei Dank“, murmelte Isabella und faltete die Hände.
    Flink rieb die Base nach dem Abtrocknen die Kinder von Kopf bis Fuß mit einer fettigen Paste ein, um sie vorm Wundliegen zu schützen, und wickelte sie in saubere Windeln.   „Wir haben nur eine Wiege“, gab die Mutter zu bedenken.
    „Irrtum. Onkel Luigi, Rinaldo und Fernando haben heute den ganzen Tag über an einer zweiten  gezimmert. Und sie ist rechtzeitig fertig geworden.“
    Stolz schoben die Brüder beide Wiegen herein, umarmten Isabella und streichelten die Knaben. Sie hatten keinerlei Berührungsängste, waren doch im Zirkus allerhand entstellte Menschen zu Hause.
    Nun wurde er auch Heimat für Isabella und ihre Söhne, an eine Rückkehr auf die Schlachtfelder mochte sie vorerst nicht denken. Solange ich stille, kann ich die Kleinen nicht allein lassen, überlegte sie. Später werde ich sie der Obhut meiner Familie übergeben und einen Abstecher zu Victor machen, denn die Sehnsucht nach ihm ist unerträglich. Ob er wohl mit mir kommt und bei uns bleibt? Was geht ihn der Pfalzgraf an? Aber vielleicht ist der Krieg bis dahin beendet, währt schon viel zu lange.
    Gut, dass sie nicht ahnte, wie lange er noch dauern würde.  
     
     
    31
     
    Mit Donner und Doria stürmten die Protestanten in

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