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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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Lebensmittelvorräte sich dem Ende zu neigten.
    Herzog Christian verbot strikt, in den von protestantischen Fürsten regierten Ländern auch nur einen Brotkrumen mitgehen zu lassen. Der Hunger nagte an den Eingeweiden und die Moral des eher zwielichtigen Heeres, das zum größten Teil aus Marodeuren, Desperados, Landstreichern  und Überresten geschlagener Armeen bestand, sank auf den Nullpunkt.
    Der Missmut währte nicht lange. Schon kam katholisches Eichsfeld, das zu Kurmainz gehörte, in Sicht, wo sie nach Herzenslust plündern und rauben konnten, war es doch feindliches Territorium, das sie durchquerten. Vieh, Eier, Milch, Fleisch, Fisch und Käse aus Häusern und Höfen links und rechts der Straßen, über die sie marschierten, wurden beschlagnahmt, Bürger und Bauern, die sich weigerten, Vorräte herauszurücken, gewaltsam enteignet. Vergewaltigungen gehörten zur Tagesordnung.
    Weiter. Weiter. Auf staubiger Straße dem Tod entgegen. Er lauerte überall. Saß auf verkohlten Baumstümpfen, hockte in den Stuben der ermordeten Bauern, kauerte hinter Gestrüpp und Ruinen. Grinsend rieb er sich die Klauen in Erwartung der Rädelsführer dieses abscheulichen Krieges. Für ihn spielte es keine Rolle, ob es Katholiken oder Protestanten waren, die für die Schlachten verantwortlich zeichneten.
    Er vermochte jede Gestalt anzunehmen, vornehmlich, die, hübscher Jungfern, auf die Glaubensfanatiker beider Konfessionen gleichermaßen erpicht waren. Mal vergnügte er sich als schöne Maid mit Tilly oder Cordoba, zu anderer Gelegenheit nahm er Christian oder den Mansfelder aufs Korn. Selbst dem Kaiser war er Gespiele mancher Nacht, den teuflischen Kö rper mit der Haut einer willigen Hure getarnt.
    Sie alle ergaben sich den unvergleichlich lustvollen Künsten des verkleideten Sensenmannes , trieben nächtelange Orgien und freuten sich, wenn er ihnen beim Tagesanbruch zum Abschied ins Ohr raunte: „Ich komme bald wieder. Werde dich gewiss nicht vergessen.“ Niemand erkannte ihn, aber jeder wusste, dass er sie allgegenwärtig begleitete. 
    Anfang Juni gelangten Christians Truppen in Fulda an, wo sie weiterhin ihr Unwesen trieben und ein Flammenmeer aus Häusern hinterließen, die von Christians Brandmeister angezündet waren. Es ging nach Höchst, um auf der anderen Seite des Mains dem Mansfelder Hilfe angedeihen zu lassen.   
    Doch Hilfe brauchten die Braunschweiger selbst. Am nördlichen Rheinufer standen sie plötzlich drei Heeren gegenüber, Tilly mit der Hauptstreitmacht der Katholischen Liga, Cordoba mit Teilen der spanischen Armee und Anholt, der aus Westfalen gefolgt war, um sich mit den beiden Heerführern zu vereinigen. Welch aussichtslose Lage für Christians Truppen.
    Noch hielten die Feinde Abstand, wollten erst ausspionieren, ob der Mansfelder, ebenfalls zum Kampf gerüstet, Christian zur Seite stand.
    „Victor“, sagte der Fürst, „ oberhalb von Höchst geht eine Furt durch den Main. Reite hindurch und gib dem Mansfelder Bescheid, dass wir von  Feinden umzingelt sind. Er muss sofort kommen und seine Truppen mit unseren vereinen. Sonst haben wir keine Chance. Pass auf, dass keiner der Katholiken dich zu Gesicht bekommt. Nimm ein paar erfahrene Begleiter mit. Wir warten hier auf eure Ankunft.“
    „Wird gemacht, Christian“, antwortete der Graf und sprengte mit seinem Ross davon. Am Südufer angekommen, hielt er vergeblich nach Mansfeld Ausschau. Der glänzte durch Abwesenheit.
    Das Land lag wie ausgestorben vor ihnen. Die wenigen Bewohner hatten sich aus Furcht in die Wälder verdrückt.
    Victor suchte mit seinen Leuten die Umgebung ab. Keine Spur eines menschlichen Wesens. Nach endlosem Warten befahl Victor, aufzusitzen und Christian Bericht zu erstatten.  
    Der Fürst hatte währenddessen seine Männer angewiesen, eine behelfsmäßige Brücke über den Main zu bauen, damit die Planwagen mit der reichen Kriegsbeute und das Fußvolk trocken ans gegenüberliegende Ufer kämen. In den frühen Morgenstunden des zwanzigsten Juni war die Arbeit beendet.
    Victor beobachtete, wie die ersten Wagen, mit den Schätzen der Raubzüge beladen, die Brücke passierten, teilte es dem Fürsten bei seiner Rückkehr mit. Der fluchte, weil der Mansfelder nicht zum verabredeten Zeitpunkt zur Stelle gewesen war, obwohl er dringend der Verstärkung bedurft hätte, freute sich andererseits darüber, dass die Brücke in Betrieb genommen war.
    „Wir müssen die Gegner ablenken“, sagte er. Die Verteidigung hatte sich

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