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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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Leibeskräften: „Was essen die Studenten?“
    „Enten … Enten … Enten!“ Hoch wehten die Laute, sich in schwindelnden Höhen brechend, die Marmorsäulen entlang.
    „Mehr“, drängelte Barbara, für die das eine unbekannte Erfahrung war. So etwas brauchte man Christian nicht zweimal zu sagen. Übermütig schrie er in das Halbdunkel hinein: „Wie heißt der König von Wesel?“
    „Esel … Esel … Esel!“, hallten die Wortfetzen nach. Und die Freunde kreischten vor Vergnügen.
    Wehe. Wehe. Was funkelte hinterm Tabernakel wie glimmende Katzenaugen? Wer lehnte dort vermummt am Pilaster, mit heimtückischen, irren Gedanken? Von niemand bemerkt, im sicheren Versteck, rüstete das Böse zur Attacke.
    Christian und seine Kameraden hätte es auffallen müssen, wie baufällig der gesamte hintere Kapellenbereich war. Das Geländer der Treppe fehlte, die Kanzel hing auf Halbmast und direkt vor den Stufen, die in die Tiefe zu den Grabkammern führten, klaffte ein scharf gezacktes Loch, in das bei diesem wilden Herumgehopse unablässig Mörtel hinabrieselte. Einsturzgefahr.
    Der Abend verscheuchte bereits den Nachmittag. Christian stand weiterhin auf seinem Platz, genauso, wie er sich vor Stunden im Rondell positioniert hatte, und posaunte eine nach der anderen Frage in die Atmosphäre: „Was soll der Teufel fressen?“
    „Essen … Essen … Essen“, gab das Echo unermüdlich Auskunft.
    „Jetzt bin ich mal dran“, maulte Victor. Christian trat zur Seite , und mit wichtigem Imponiergehabe schmetterte der Freund los: „Wen holt sich die Äbtissin da?“
    Im selben Moment brauste es wie schäumendes Meeresgetose. Stürmische Schallwogen brandeten gegen die Balustraden, verfingen sich im morschen Gebälk, schwappten zurück ins Dunkel der Kuppel, peitschten durch das Nirgendwo und schlugen als brodelnde Echogischt über den Köpfen der Entsetzten zusammen.
    „Barbara … Barbara … Barbara …“, prasselte es tausendfach auf sie hernieder.
    Während der ungebändigte Klangstrudel langsam verebbte, verschwand das Mädchen.            
    Bernhard bemerkte als Erster, dass sie nicht mehr unter ihnen weilte.
    „Wo … ist … Barbara?“, fragte er unschuldig. „Hat … Echo … sie … geholt … oder Nonne?“
    „Du Dummbast“, herrschte Christian ihn an. „Keiner hat sie geholt. Sie wird in das Loch, das zur Krypta führt, gefallen sein. Wir müssen sie suchen.“
    „Schuld bist du, mit deinen kindischen Spielen“, raunzte Victor.
    „Wer hat denn diesen blöden Spruch von der Äbtissin aufgebracht? Das warst ja wohl du“, verteidigte Christian sich.
    „Es hat keinen Sinn, sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben.“ Alwin versuchte, zu schlichten. „Lasst uns lieber mit der Suche beginnen. Weit kann Barbara nicht sein.“ Er steuerte auf die wacklige Treppe zu.
    Wie aus dem Nichts tauchte die hagere Gestalt auf. Das wallende Gewand berührte den staubigen Boden, die schwarze Haube verdeckte Stirn und Brauen.
    „Guten Abend. Mein Name ist Barbara von Allensbach. Ich bin die Äbtissin des Klosters“, sagte sie ruhig. „Habe Stimmen gehört. Ist etwas passiert?“
    „Wir vermissen unsere Gefährtin. Sie heißt Barbara, wie Ihr“, antwortete Alwin.
    „Ich glaube nicht, dass ihr jemanden hier wiederfinden werdet. Auf diesem verwilderten Gelände rosten Fallen, die Jäger aufstellen, um leichte Beute heimzuholen. Vermutlich ist sie in eine hineingeraten. Dann gibt es keine Rettung mehr.“
    Jetzt erwachte Victor aus seinen Schuldgefühlen. „Was redet Ihr da für Unsinn? Ihr seid wohl nicht ganz gescheit? Es handelt sich nicht um irgendein Waldtier, sondern um ein menschliches Wesen“, schimpfte er und musterte die wunderliche Erscheinung argwöhnisch. Glanzlose Augen im bleichen Gesicht. „Einen Augenblick. Ich habe Euch schon einmal gesehen. Ihr seid doch … na klar … Ihr seid das Mädchen vom Bauernhof.“
    „Tut mir leid. Ihr verwechselt mich. Ich kann Euch jedenfall s nicht weiterhelfen.“ Die Angesprochene lächelte kalt, wandte sich zum Weggehen in Richtung des unter dem wurmstichigen Kruzifix baumelnden Kienspans, der sein gespenstisches Licht in den Raum warf.
    Nur für Minuten verließ sie die Kirche, kehrte zurück, um den Grafen aufzufordern, das Kloster endlich zu verlassen.
    Victor erstarrte. Die elfengleichen Gesichtszüge, eben noch schier und g latt im Jugendzauber, waren in Windeseile verwelkt wie blühende Sommerblumen beim ersten Nachtfrost, schienen rissig,

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