Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
Vom Netzwerk:
Schluck Wasser“, flehte ein ersterbendes Stimmchen und fieberglühende Hände reckten sich dem kräftigen Weib entgegen. Verächtlich trat die Matrone nach dem verseuchten Kind, hieb mit dem Besenstiel auf dessen Kopf.
    Da überwand Isabella ihre Übelkeit, rannte auf die Magd zu und schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht.
    „Raus!“, brüllte sie die Verdutzte an. „Verschwinde und komm mir nie wieder unter die Augen.“
    „Was fällt Euch ein?“, entgegnete diese schnippisch und rieb sich die schmerzende Wange. „Wer seid Ihr überhaupt?“
    „Das geht dich gar nichts an, elendes Frauenzimmer. Was ich gesehen habe, reicht, um dich für immer aus dem Umfeld dieser Unglücklichen zu verbannen. Hinaus!“
    „Ihr hohen Herrschaften bildet Euch ein, wenn Ihr in Euren weißen Gewändern einmal durch das Pesthaus wandelt, habt Ihr etwas Gottgefälliges vollbracht. Oh nein. Der Alltag hier sieht ganz anders aus. Solltet froh sein, wenn sich jemand um die Elenden kümmert.“
    „Indem du mit dem B esen auf sie losprügelst und nach ihnen trittst?“
    „Die verrecken doch sowieso heute oder morgen. Nachschub ist bereits unterwegs.“ Sie stieß rasch noch einmal in die Rippen des jammernden Mädchens, bevor sie wütend den Besen fallen ließ und dem mit Menschen vollgepferchten Krankentrakt den Rücken kehrte.
    „Hast du das gesehen, Schwager ?“, fragte Isabella entrüstet, kniete vor dem ausgezehrten Kind nieder und streichelte das von dicken Eiterbeulen übersäte Gesichtchen. Dankbar schmiegte sich die Kleine an sie.
    Alwin drehte sich um und strebte der Tür entgegen, die den Aufenthaltsraum des Pflegepersonals vor den Patienten abschirmte. „Dir graust wohl vor gar nichts?“
    „Wo willst du hin? Komm sofort zurück und hilf!“
    „Ich denke nicht daran. Meinst du, ich will mich anstecken?“ Alwin nahm die Beine i n die Hand. Der Trampelpfad zwischen den Dahinsiechenden erschien ihm endlos. Isabella legte das Kind sanft auf das Lager, richtete sich auf, strich den sonderbaren Schnabelanzug glatt und rannte dem Schwager nach.
    „Schämst du dich nicht, Alwin? Erst predigst du mir vor, wie wichtig es sei, die Pestkranken nicht sich selbst zu überlassen, spielst den barmherzigen Samariter. Und bei der ersten ernsthaften Herausforderung fliehst du von dannen. Ein Scheinheiliger bist du, der fromme Sprüche von sich gibt. Mehr nicht.“ Sie ergriff seinen Ärmel, hielt ihn fest.
    „Lass los, Isabella. Ich tue, was in meiner Macht steht. Dass ich deshalb selbst zu einem der Bedauernswerten werde, ist nicht nötig. Im Gegenteil. Nur als Gesunder bin ich weiterhin in der Lage, ihnen eine würdige Behandlung zu ermöglichen.“
    „ Würdige Behandlung? Dass ich nicht lache.“ Sie hielt inne, überlegte einen Augenblick. „Alwin, wenn du die faulenden Körper nicht berühren magst, so bring mir wenigstens aus der Oker einige Eimer mit frischem Wasser, damit ich den Durst der Sterbenden löschen kann.“
    „Wird erledigt.“
    Kurze Zeit später kam er mit einigen Pestknechten wieder, die sich daranmachten, das herbeigeschaffte Wasser in Becher zu füllen, damit Isabella den Dahinsiechenden schlu ckweise Feuchtigkeit einflößen konnte. Kaum geleert, wollte Alwin sich erneut auf den Weg zum Fluss begeben, um für Nachschub zu sorgen.
    „Warte. Ich habe noch eine Bitte an dich. Würdest du so lieb sein, meine Großmutter aufzusuchen und sie nach den stärksten Schmerzmitteln fragen, die vorhanden sind? Ich habe in den Jahren, während ich Herzogin Elisabeth pflegte, Unmengen davon zusammengebraut. Sie liegen gut verwahrt in Kisten der Zigeunerwagen. Hol alles her, was du bekommen kannst“, rief Isabella ihm zu.
    Alwin trat von e inem Fuß auf den anderen. Der Auftrag behagte ihm nicht. Ein Grafensohn hielt sich fern vom gemeinen Volk. Man ließ sich wohl bei Feierlichkeiten auf dem Balkon sehen und winkte gnädig hinab, um den dann aufbrandenden Jubel zu genießen. Das war der Adel dem Volk schuldig. Mehr nicht. Ansonsten wurden Befehle gegeben, die zu befolgen waren.
    In dieser speziellen Ausnahmesituation hätte er sich eventuell dazu herabgelassen, an die Tür eines Bürgerhauses zu klopfen und von dort die notwendige Medizin besorgt. Aber auf Zigeunerplätzen herumzuwandern, lag außerhalb seines Vorstellungsvermögens, galten solche Gaukler in der Hierarchie doch noch unreiner als die vor den Toren der Stadt hausenden Henker, Abdecker und Wucherer.       
    „Entschuldige, Isabella, aber

Weitere Kostenlose Bücher