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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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immer wieder: „Skögull, meine geliebte Skögull. Ineinander verschlungen, bemerkten sie die heraufziehenden Wolken nicht. 
    Erst die Tropfen des warmen Sommerregens trennte n die Leiber, spülten Schweiß und Liebesglut fort, holten sie aus dem Hort der Götter zurück auf die Welt der Sterblichen.
    Eng aneinander geschmiegt, blieben sie liegen und ließen das Himmelswasser ihre Körper erfrischen. Um sie herum roch es nach Erde, Sommer und Liebe. Selbst die Blumen dufteten noch intensiver als sonst. 
    „Manchmal ist das Leben so schön“, seufzte Isabella.
    „Ja, manchmal.“
    „Schau, ein Regenbogen.“
    Victor richtete sich auf, verschränkte die Hände über den Augen, blickte ins Sonnenlicht, das den Regen vertrieben hatte.
    „Ich werde mir etwas wünschen“, sagte er verträumt. „Als ich noch klein war, hat meine Mutter mir versprochen, dass man sich etwas wünschen kann, wenn man einen Regenbogen erblickt. Niemand darf jedoch den Wunsch erfahren. Sonst geht er nicht in Erfüllung.“
    „Dasselbe hat mir meine Mutter auch erzählt.“
    „Unterm Regenbogen haben die germanischen Götter ihre Schätze vergraben, bevor sie vorm Christengott flohen. Wer ihn findet, wird selbst einer der Ihren.“
    „Dann brauchst du ihn nicht zu suchen.“
    „Warum nicht?“
    „Ach, Balder. Du bist doch einer von ihnen.“
     
     
    47
     
    Hand in Hand schlenderten Isabella und Victor zum Schloss, wo sie endlich wieder ihre Söhne in die Arme schließen konnte. Wie hatten sie ihr gefehlt. Schluchzend drückte sie die Zwillinge an ihre Mutterbrust, wollte sie nicht loslassen.
    Lächelnd gebot der Graf Einhalt. „Lasst uns zu Abend speisen. Die Dienstboten haben den Tisch mit allerhand Leckerbissen gedeckt. Und Wilhelm und Alexander müssen sich erst langsam an deine Gegenwart gewöhnen. Du hast sie lange vernachlässigt.“ Ein leichter Vorwurf schwang in seiner Stimme mit.
    Die Gattin schaute ihn reuevoll an. „Jetzt gehe ich nie wieder fort. Wir haben alle Zeit der Welt, das Versäumte nachzuholen.“
    „Alle Zeit der Welt?“ Victor schüttelte den Kopf. „Lass uns jeden Tag genießen. Unser Glück wird nicht lange währen.“
    „Was sollen die rätselhaften Prophezeiungen, Balder? Sprich. Sag mir, was du weißt.“
    „Die Ze it dafür ist noch nicht reif. Jetzt wollen wir essen. Siehst du? Alwin sitzt schon mit knurrendem Magen da. Wartet, dass es endlich losgeht.“
    „Stimmt“, rief der Schwager ihr entgegen, und ein breites Grinsen überzog sein Gesicht, als er sich von seinem Platz erhob und Isabella einen Kuss auf die Wange hauchte. „Willkommen daheim, Isabella. Schön, dass ihr euch endlich ausgesöhnt habt.“
    Nach dem Abendmahl s pielten die drei mit den Kleinen, die vor Freude jauchzten und schnell ihre anfängliche Zurückhaltung verloren. Als die Kinderfrau sie zu Bett bringen wollte, bestand Isabella darauf, das selbst zu übernehmen. Sie setzte sich zwischen die Betten der beiden und erzählte ihnen Märchen und Sagen, bis die Köpfchen zur Seite sanken und süßer Schlummer die Kinderseelen umfing.
    Kaum waren Alexander und Wilhelm eingeschlafen, schlich die Gräfin auf Zehenspitzen aus dem Raum und warf sich ungeniert vor Alwin und den anwesenden Mägden in die Arme des Gemahls.
    „Komm, mein Liebster. Wir haben viel nachzuholen.“ Sie kicherte wie zu ihrer Brautzeit und zog ihn ohne Umschweife ins Schlafgemach. Die ganze Nacht gaben sie sich ihrer Leidenschaft hin, ersannen immer neue Liebesspiele und taumelten von einem Höhepunkt zum nächsten.
    Als die Lerche ihr Morgenlied sang, fiel Victor erschöpft in einen tiefen Schlaf. Isabella hingegen verließ leise das Ehebett, huschte zur Tür hinaus, wusch sich, nahm eine frisch beschmierte Brotschnitte in die Faust und machte sich mit Schwager Alwin in der K utsche auf den Weg zum Pesthaus, wo sie wie jeden Tag gegen das pure Elend ankämpften. Etliche Kranke hatten sie vor dem Tod bewahren können und gesundet entlassen. Auch der Müller gehörte dazu und sang in höchsten Tönen Loblieder auf den rettenden Engel Isabella. Er war wie umgewandelt, verehrte sie mit hündischer Ergebenheit.
    Leider musste die Mehrzahl der Siechen den Weg alles Irdischen gehen. Aber wenigstens konnten Isabella und ihre Familie die Qualen des Todeskampfes auf ein erträgliches Maß lindern. Unermüdlich rührten sie in dampfenden Kesseln ihre Heilkräuter zu Medizin, säuberten das Hospital von stinkendem Kot, Urin und blutigem Auswurf der Patienten,

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