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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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Wolfenbüttel: „Ich freue mich, wenn ich meinem Schwesterkind ein wenig Abwechslung bieten kann.“
    „Hei, das wird ein Spaß“, rief Christians Onkel Albert Fürst von Lotenwald und klatschte sich vor Vergnügen auf die Schenkel. Sein Sohn Wulfried konnte nicht laut genug verkünden, wie dankbar er der Schlossherrin sei und fragte, ob denn auch Rotwild zum Abschuss freigegeben wäre.
    „Alles, was Euch vor die Flinte läuft“, versprach die Fürstin und die Herrschaften lachten und schwatzten vor Begeisterung durcheinander, dass man sein eigenes Wort kaum verstehen konnte.
    Auch in Christians Augen blitzte die Jagdlust. Sie leuchteten wie die eines Kindes, das sein Lieblingsspielzeug geschenkt bekommt, verdunkelten sich jedoch augenblicklich, als er das Entsetzen auf Elisabeths Antlitz gewahrte.
    Sie ist zu empfindsam für diese Welt, schoss es ihm in den Kopf und sein Beschützerinstinkt ihr gegenüber steigerte sich noch, falls das überhaupt möglich war.
    Gern wäre er durch den Saal zu ihr geeilt, hätte neben ihr Platz genommen und seinen Arm um sie gelegt. Da das nicht in seinem Ermessen lag, konnte er nicht umhin, seiner Mutter eine Spitze zu verpassen. In ihr sah er die Schuldige an dem traurigen Gesicht seiner Angebeteten.
    „Warum ist eigentlich niemand aus der Familie des Grafen von Grimmshagen zur Feier erschienen? Ziemlich ungewöhnlich, lassen sie doch sonst keine Gelegenheit verstreichen, unsere Gesellschaft zu suchen. Nicht einmal mein bester Freund Victor lässt sich blicken.“
    Die Herzogin erbleichte. Den ganzen Abend hatte sie an Victor gedacht, ihn förmlich herbeigesehnt. Und nun sprach ihr Sohn in aller Öffentlichkeit aus, was sie bedrückte.
    „Es ist schon spät. Nehmt es mir nicht übel, wenn ich mich in meine Schlafgemächer zurückziehe. Die Jagd beginnt früh und ich benötige vorher ein bisschen Ruhe, um besser zielen zu können. Das Fest wird auch ohne mich weitergehen. Meine Töchter und besonders mein Sohn Christian werden mich würdig vertreten.“ Sie winkte und verließ den Raum.
    Alle Anwesenden erhoben sich bei ihrem Fortgang. Die Herren verbeugten sich, die Damen knicksten. Dann tanzte und zechte man weiter bis in die frühen Morgenstunden.
    Christians Blick schweifte suchend durch den Saal. Die Stühle der Pfalzgräfin und ihrer Gesellschafterin waren leer. Sie hatten die Gunst des Augenblicks genutzt und sich grußlos davongeschlichen. Abgesehen von Christian, schien es keinem aufzufallen und in keiner Weise zu bekümmern. Er aber hätte sich wegen seiner an die Mutter gerichtete Äußerung ohrfeigen können.       
    Kaum suchten die letzten Nachtschwärmer beschwipst und selig ihre Betten auf, um auf der Stelle in tiefen Schlummer zu sinken, erhob sich die Herzogin von ihrem Lager, läutete nach der Kammerjungfer und ließ sich von ihr gründlich von Kopf bis Fuß waschen und ihre Jagdkleidung anlegen. Erfrischt vom traumlosen Schlaf, stieg sie die Wendeltreppe hinab und befahl den Dienstmägden ein deftiges Frühstück für die Gäste zuzubereiten.
    Bald erfüllte der Duft nach gebratenem Speck mit Spiegeleiern und Schinken die Küche. Derweil wurde die Tafel im Speisesaal mit einer gestärkten weißen Damasttischdecke belegt, im Herbst eingekochte Früchte in Kristallschüsseln gefüllt und darauf platziert. Noch ofenwarmes Brot lagerte bereits in geflochtenen Körben auf dem Tisch.
    „Husch, husch“, trieb Elisabeth von Braunschweig- Wolfenbüttel zur Eile an. „Wo bleiben der Braten und die geschmorten Fasane? Wenn die Jagdgesellschaft aufbricht, soll sie satt und zufrieden in den Wald reiten.“ Sie wandte sich an die Jäger und Treiber, die vor der Eingangstür harrten: „Sind die Pferde gesattelt und ist die Hundemeute im Hof?“
    „Jawohl, gnädigste Herrin. Alles steht bereit, wartet auf Eure Anweisungen“, versicherte der Oberjäger.
    „Dann ist es gut. Ich wünsche, dass jeder von euch sein Bestes gibt, um den Tag zu einem unvergesslichen Vergnügen für meinen Besuch werden zu lassen.“  
    Kaum hatte sie den letzten Satz vollendet, erschien ihr Vetter Gernot Graf von Hohenlinde auf dem Treppenabsatz.
    „Hmm, wie das duftet. Da läuft einem alten Hasen ja das Wasser im Munde zusammen“, begrüßte er die Fürstin mit Küsschen auf beide Wangen. Ihm entströmte ein unangenehmer Geruch nach nicht verdautem Alkohol, und waschen hatte er sich wohl auch nicht lassen. Rasch entwand sich Elisabeth seinen Armen, die er vertraulich um sie

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