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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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Anfang des Frühjahrs an mir vorbeireiten sehen. Damals war gerade meine Mutter umgebracht worden. In mir wütete die Verzweiflung, doch Euer Anblick spendete mir Trost.“
    „Nun ja“, sagte Victor, der nicht frei von Eitelkeit war, „wenn Ihr mich für göttlich haltet, so seid Ihr nicht die Einzige. Viele Jungfrauen sehen in mir den Gott der Schönheit. Ich wäre es gern, bin aber leider ebenso wenig ein Gott, wie Ihr eine Göttin seid, obwohl Ihr mir an Schönheit nicht nachsteht. Heißt es nicht, Gleich und Gleich gesellt sich gern? Vielleicht fühle ich mich deshalb von Euch so in den Bann gezogen.“
    Seine Augen brannten, nicht aus ungebändigter Leidenschaft, sondern vor Trauer und Schwermut, hafteten an ihren Brüsten und ihrer rot gelockten Scham, die schemenhaft durch die nasse Unterwäsche hervorlugten.
    Isabella aber wurde sich bei seiner Rede ihrer kindischen Lage bewusst, sprang auf, schlüpfte in ihre Kleider und reckte sich keck. Kerzengerade stand sie vor ihm und fragte angriffslustig: „Wer seid Ihr dann, frecher Lümmel, der es wagt, so unziemlich einer Jungfrau beim Baden zuzuschauen?“  
    „Einer Jungfrau?“, lachte Victor. „Da habe ich allerdings etwas anderes über Euch vernommen.“
    Wie vom Blitz getroffen, sackte das Mädchen in sich zusammen, verbarg das Gesicht in ihrem Flickenkleid, zitterte.
    Victor taten die Worte im s elben Moment leid. Er ärgerte sich über seine Taktlosigkeit, versuchte mit einem Schwall von Entschuldigungen, die Situation zu entschärfen. Das Gegenteil war der Fall.
    Immer tiefer versank ihr Kopf in den Falten des Rockes, bis nur noch ihr Purpurhaar zu sehen war. Sie konnte nicht den Schutz ihrer Höhle aufsuchen, sich nicht in den als Hügel getarnten Stallungen verstecken, hätte sonst den Zufluchtsort preisgegeben. Eher würde sie sich von dem Eindringling in Stücke schlagen lassen, denn seine auf sie herniederprasselnden Bitten um Verzeihung hörte sie nicht, hielt die Ohren fest verschlossen, wollte keinen weiteren Schmähungen Raum in ihrem Hirn geben.
    Als Victor merkte, dass er gegen eine unsichtbare Mauer sprach, streichelte er scheu den Rotschopf, band seinen Schimmel los und jagte in wildem Galopp durch die Heide.
    Mit keiner Silbe erwähnte Isabella Bernhard und Barbara gegenüber den Zwischenfall. Die beiden hatten Vorräte für die nächsten zwei Wochen herbeigeschafft. Nachdem sie ordentlich verstaut und die Pferde versorgt waren, entfachte Bernhard abends ein Lagerfeuer aus den herumliegenden dürren Ästen. Es loderte weithin sichtbar.
    Drumherum setzten sich die drei ins Gras, hielten Spieße mit Fleischbrocken und Gemüsestücken darüber und ließen sie kross schmurgeln. Bernhard und Barbara waren in bester Stimmung, lachten und aßen mit gutem Appetit, während Winfrid sich an den Brüsten der Mutter sättigte.
    Isabella kaute nur gefälligkeitshalber ein paar Bissen, die ihr vorm Magen stecken blieben.
    „Was ist los mit dir?“, erkundigte sich Barbara.
    „Ich bin müde. Die Hitze macht mir zu schaffen. Werde mich bald zu Bett begeben.“
    „Sei kein Spielverderber. Bernhard hat sich solche Mühe gemacht, damit du mal auf andere Gedanken kommst.“
    „Ich weiß und freue mich. Danke, Bernhard.“
    In der Ferne tauchte ein Reiter auf, der sich zügig näherte. Er fuchtelte wild mit den Armen in der Luft und brüllte aus voller Lunge: „Feuer aus! Aber hurtig! Seid ihr lebensmüde?“ Richard Sander war’s, der im Lande Soldaten für Christian von Wolfenbüttels Heer anwarb und von Weitem die  Flammen gesehen hatte.
    „Eimer mit Wasser!“
    „Warum?“, fragte die kleine Schar wie aus einem Munde.
    Richard antwortete nicht, rannte in die Stallungen, kam mit etlichen Gefäßen bewehrt heraus, ließ die überzähligen fallen, füllte zwei mit Allerwasser, schüttete sie ins Feuer. Nun liefen auch Isabella, Bernhard und Barbara los, um dem lodernden Element Einhalt zu gebieten. Die Panik Richards steckte sie an.
    Als endlich das letzte Fünkchen erstickt war, donnerte Richard mit polternder Stimme: „Kindsköpfe seid ihr. Verdammte Kindsköpfe, die man nicht aus den Augen lassen kann. Wisst ihr nicht, dass Herzog Ulrich Hexenjäger ausgesendet hat, um euch zu ergreifen und auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen?“
    Barbara verkroch sich im Nu hinter der Föhre, die mittags Victor Schutz vor neugierigen Blicken gewährt hatte. Sie bibberte vor Furcht, stiegen doch die noch längst nicht verarbeiteten Bilder ihrer Folterungen

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