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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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im Auge, trägt er doch die Schuld an Rubinas Tod und Mutters Gemütsverfassung. Dem gebe ich Zunder.
    Den Weg nach Grimmshagen konnte er sich sparen. Vor seiner Abtei wartete Viktors Schwester Adelheid auf ihn. Weinend fiel sie ihm um den Hals. „Victors Braut Annalena ist heute in den frühen Morgenstunden von ihrer Kammerjungfer tot in ihrem Bett aufgefunden worden.“
    „Wie schrecklich. Armer Victor. Welche Krankheit hat  seine Braut heimgesucht? Trug sie ein verborgenes Leiden in sich?“    
    „Nein, nein, ihr wurde der Kopf abgeschlagen. Lieber Gott, das Bett war über und über mit Blut getränkt. Welch grausiger Anblick.“ Die Erinnerung daran ließ sie erbeben.
    Christian stand eine Weile schweigend neben dem völlig aufgelösten Mädchen. Ihm fehlten die Worte. Trost gab es nicht. Endlich fragte er tonlos: „Hat man den Mörder erwischt? Und wie erträgt mein bester Freund diese Tragödie? Steht es schlimm um ihn?“     
    „Victor scheint mir recht gefasst, aber Annalenas Eltern nicht. Ihr Wehgeschrei will nicht verstummen, dröhnt durchs Schloss wie Sturmgebraus. In drei Wochen sollte ihr Vater sie in der Kirche meinem Bruder zur Gemahlin übergeben. Nun muss er sie ins kalte Grab betten. Furchtbar. Dabei war sie so hübsch, fromm und keusch, gestattete Victor nicht einmal einen noch so winzigen Kuss vor der Hochzeit.“
    „Das wird in Victors Sinn gewesen sein“, warf Christian scheinheilig ein, biss sich auf die Unterlippe, um ein unangemessenes Grinsen zu unterdrücken. „Keuschheit vor der Ehe ist ein Gottesgebot. Jede Jungfrau hat sich für den Ehemann aufzuheben. Ihm allein steht der Beischlaf zu. Und als Gattin ist die Treue oberste Pflicht, nicht nur in erlauchten Adelskreisen, sondern auch beim einfachen Volk. Wo kämen wir denn da hin, wenn die Weibsbilder dieses Gebot verletzen dürften?“
    Bei seiner Rede stiegen Elisabeths Bild und das der vergang enen Nacht in ihm auf, und er schmunzelte in sich hinein.
    „Ich werde mich auch vor der Ehe nicht küssen lassen. Darin waren Annabella und ich uns einig.“
    „Brav so, Adelheid. Der liebe Gott sieht alles. Kann  unsere Gedanken lesen, ob sie züchtig und keusch sind. Denn die Sünde ist dem Herrn ein Gräuel.“
    Verschüchtert knickste das Mädchen und fragte, ob sie nach Hause gehen dürfe.
    „Ich werde dich heimbringen und deiner Familie das Beileid meiner Angehörigen aussprechen“, sagte Christian, ließ die Kutsche anspannen, und eine Stunde später trafen sie im Schloss von Grimmshagen ein.
    Gräfin Katharina kam ihnen entgegengelaufen, weinte nicht minder als ihre Tochter und der jüngere Sohn Alwin. Ebenso die Eltern der ermordeten Annalena, und über das Gesicht des Grafen liefen ebenfalls vereinzelte Tränen, die er vergeblich zu unterdrücken suchte.
    Christian umarmte sie alle, sprach mit ihnen Gebete der protestantischen Kirche und erkundigte sich nach Victors Befinden.
    „Er kommt nicht aus seinen Gemächern heraus“, antwortete die Gräfin, „ist für niemanden zu sprechen, rührt die Speisen, die ihm Diener vor die Tür stellen, nicht an.“
    Christian klopfte trotzdem und rief: „Victor, ich bin’s. Bitte lass mich herein.“
    Die Tür öffnete sich einen Spalt. Christian huschte ins Zimmer, drückte seinen Busenfreund an sich. Er erwiderte die Umarmung nicht, stand still und stumm, wie aus Granit gemeißelt. Keine Miene verzog sich, nicht einmal ein Wimpernschlag bewegte sein Gesicht. Die Augen waren starr gegen die Decke gerichtet, als wollten sie Löcher in die Luft bohren.
    „Victor, es tut mir so leid, was mit deiner Braut geschehen ist. Ich versichere dir, dass man den Schuldigen finden und dem Henker zuführen wird. Zwar macht das deine Liebste nicht wieder lebendig, aber einen anderen Trost kann ich dir in deiner verzweifelten Lage nicht spenden.“
    Victor antwortete kaum hörbar: „Ich habe sie nicht geliebt.“ Dann stierte er wieder geradeaus. Es schien, als nähme er die Gegenwart des Prinzen nicht zur Kenntnis.
    „Wenn du mich brauchst, bin ich immer für dich da. Du kannst mir vertrauen. Jetzt aber lasse ich dich besser mit deinem Schmer z allein“, sagte Christian heiser, ging auf Zehenspitzen zur Tür und zog sie lautlos hinter sich ins Schloss.
    „Er ist nicht ansprechbar“, verkündete er der Familie, die sich zum Trauern in die Schlosskapelle begeben hatte, wo Annalenas blumenbekränzter Sarg aufgebahrt vor dem Altar stand. Er war geschlossen, damit niemand sie mit dem

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