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Die Heilanstalt (German Edition)

Die Heilanstalt (German Edition)

Titel: Die Heilanstalt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Geraedts
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hatte. »Vielleicht könnte mal durchgefegt werden, aber ansonsten ist alles nach meinem Geschmack!«
    Janick lachte lauter, kreischte regelrecht, während ihm Tränen aus den Augenwinkeln schossen.
    »Wenn du mich losbindest, gehe ich dir bei der Reinigung des Zimmers gern zur Hand! Du willst doch nicht, dass ich mich bei deinem Vorgesetzten beschwere, oder?«
    Janick setzte sein irres Gelächter fort, während Herr Kowalski seinem Wunsch tatsächlich zu entsprechen schien und bedächtig das Bett umwanderte; sein weißer Kittel geriet in den äußeren Rand von Janicks Blickfeld.
    Nur zu, binde mich los , dachte Janick und bündelte seine Wut wie einen hoch entzündlichen Sprengstoff in den Händen. Mach schon, öffne die Schlaufen …
    Dann stand Herr Kowalski vor ihm und presste mit großen, ernsten Augen den Zeigefinger auf die Lippen. Janicks Miene verlor ihre Anspannung und nahm einen Ausdruck bestürzten Unglaubens an.
    »Das ist nicht möglich …«, flüsterte er.
    Janick glaubte im ersten Moment, er sehe eine Illusion vor sich, eine weitere Täuschung der Kreaturen, die dazu dienen sollte, sein ohnehin schon unerträgliches Leid noch zu vergrößern. Aber es gab keinen Zweifel: Vor ihm stand sein Bruder.
    »Es ist möglich«, sagte Thomas und ließ ein kurzes, beinah unsichtbares Lächeln über die Lippen huschen. Janick hielt noch einen Moment lang mit starrem Gesicht den Atem an. Dann stieß er die Luft schnaubend aus und begann schluchzend zu weinen; Tränen rollten an seinen Wangen hinab. Tränen der Erschütterung und der Freude, der Erleichterung und des Trostes; es waren Tränen, die nur die Erfüllung der größten Hoffnung hervorbrachte, eine Hoffnung, die man bis zuletzt im Herzen bewahrte, nachdem die Vernunft sie längst als Luftschloss abgetan hat.
    »Bist du es wirklich?«, fragte Janick mit bebender Stimme. »Das ist doch kein Traum, oder? Keine Einbildung?«
    »Red keinen Unsinn, Janick. Natürlich bin ich’s«, sagte Thomas und begann die Bettschlaufen zu lösen. »Und sprich leise, sonst hören die uns.«
    Janick wollte in lauten Jubel ausbrechen, doch er hörte auf seinen Bruder und beließ es bei einem heiseren Kichern.
    »Ich verstehe das nicht«, flüsterte er und sah Thomas immer noch ganz ungläubig an. »Wie bist du ihrem Schein entkommen? Du bist offensichtlich bei klarem Verstand, aber deine Augen …«
    »… sehen aus wie die der Verblendeten«, vervollständigte er Janicks Satz. Thomas wischte sich mit Daumen und Zeigefinger über die Pupillen, woraufhin seine Iris wieder vom gewohnten Blau war. Mit einem verschmitzten Lächeln zeigte er seinem Bruder zwei trübe Plättchen auf der offenen Handfläche.
    »Kontaktlinsen!«, hauchte Janick und ließ vor Erstaunen die Kinnlade herabfallen.
    Thomas nickte lächelnd. »Aber die brauche ich jetzt nicht mehr.«
    Er schnipste die Linsen abfällig zu Boden.
    »Du hast sie getäuscht!«, quietschte Janick. »Die Kreaturen, deren größte Kunst das Lügen und Betrügen ist, hast du hinters Licht geführt!«
    Er schlug sich die befreiten Hände vors Gesicht und dämpfte auf diese Weise sein Lachen.
    Thomas zog die Augenbrauen hoch, während er Janicks Beine losband. »Hast du geglaubt, ich schreite völlig unvorbereitet in die Höhle des Löwen? Ich dachte, du würdest mich besser kennen. Du hast dich hingegen so dumm verhalten, wie ich es dir nicht mal ansatzweise zugetraut hätte. Verlässt ohne einen vernünftigen Plan die Siedlung und marschierst blindlings in die Dunkelheit. Bist du lebensmüde, Janick?«
    »Ich wollte dich finden«, erklärte er leise und richtete sich stöhnend vom Bett auf, nachdem die zweite Beinschlaufe geöffnet war.
    Thomas winkte mürrisch ab. »Wie hattest du es dir denn vorgestellt, mich zu finden, geschweige denn zu befreien ? Ist dir nicht klar, in welche Gefahr du dich begeben hast? Wenn man nicht weiß, wie diese Wesen denken und vorgehen, wie man ihr Gift unschädlich macht und wie ihre unterirdischen Bauten konstruiert sind, ist man ihnen schutzlos ausgeliefert!«
    Thomas seufzte und war um Fassung bemüht; er war wirklich wütend auf den Leichtsinn seines kleinen Bruders, auch wenn er wusste, dass Janick es aus Liebe zu ihm getan hatte.
    »Woher wusstest du das alles über diese Wesen?«, fragte Janick.
    Thomas hob die Schultern, als wäre die Antwort offensichtlich. »Martin hat damals alles Wesentliche erzählt, aber außer mir hat ihm niemand zugehört. Die meisten wollten ihn am liebsten

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