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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Stundenlang wogte
die Schlacht hin und her, versuchten die Türken die tatarischen
Linien zu durchbrechen, doch schließlich wendeten die ersten
osmanischen Reiter ihre Pferde und flohen Hals über Kopf vor dem
sicheren Tod. Blutbesudelt und so zornig wie noch niemals zuvor in
seinem Leben drosch Bayezid weiter blind auf alles ein, was sich
bewegte, bis der Agha der
Janitscharen ihm ins Ohr brüllte: »Wir müssen uns
zurückziehen, Padischah. Dieser Hügel dort wird
uns Schutz bieten.« Er zeigte auf eine kleine Erhebung, zu der
inzwischen auch die Serben unter Stefan Lazarevic flohen. »Die
Schlacht ist verloren!«
     
    *******

    Als Falk
sah, wie die Streitmacht sich zerstreute, und die Tataren den Sultan
unter lautstarkem Gejohle verfolgten, schwang er sich ohne
nachzudenken in den Sattel und grub seinem Hengst die Fersen in die
Flanken. Prinz Mehmet, der die Nachhut befehligte, war weit und breit
nirgends zu sehen, und Falk nahm an, dass er ebenfalls bereits
geflohen war. Voller Entsetzen hatte er das Schlachten aus sicherer
Entfernung verfolgt und hatte mit angesehen, wie Hans Schiltberger
von einem Tataren gefangen genommen worden war. Obwohl er den Bayer
nicht gerade gemocht hatte, tat er ihm leid, doch bereits nach kurzer
Zeit verdrängte die Furcht um das eigene Leben alle anderen
Gefühle. Wie von Teufeln gejagt, setzte er über
weggeworfene Ausrüstung, Säcke und kleinere Karren hinweg
und preschte einen flachen Anstieg hinauf. Ein dicht neben ihm
einschlagender Pfeil ließ ihn den Kopf noch tiefer über
den Hals des Hengstes beugen, der seine Furcht zu spüren schien.
Blindlings folgte Falk den Handwerkern und Reitern der Nachhut, die
sich in südwestlicher Richtung in Sicherheit brachten –
die Schmiede, Sattler und Händler ohne ihre Wagen, auf den
Rücken der Zugtiere. In halsbrecherischem Galopp überholte
er einen nach dem anderen, und schon bald verblasste der
ohrenbetäubende Schlachtenlärm zu einem Flüstern im
Wind. Da er keine Ahnung hatte, wohin er sich wenden sollte, tat er
es den Männern vor ihm gleich. Als diese sich jedoch nach
einiger Zeit teilten, zügelte er sein Reittier und rief einem
von ihnen zu. »Wohin flieht ihr?« Der kleine aber
stämmige Reiter entgegnete knapp: »Zum Mittelmeer. Dort
liegen Schiffe.« Damit drosch er seinem Rappen den Zügel
über den Hals und jagte nach Süden. »Wenn du klug
bist, folgst du ihm!«, rief ein anderer, dessen Stute Schaum
vor dem Maul hatte. »Sobald Timur Lenk die Schlacht beendet,
wird er nach Bursa ziehen, um dem Sultan seinen Harem und
seine Schätze zu rauben.« Falks Augen weiteten sich. »Nach
Bursa?«, fragte er lahm, und der Soldat nickte. »Diese
Narren glauben, sie könnten über Konstantinopel auf die
andere Seite des Bosporus übersetzen«, sagte er und zeigte
auf ein paar verstreute Reiter, die nach Westen davonstoben. »Aber
die Tataren werden sie schon bald einholen.« Ohne auf eine
Antwort zu warten, trieb er sein erschöpftes Reittier wieder an
und verschwand in einer Staubwolke. Falk zögerte keinen Moment.
Mit einem Zungenschnalzen lenkte er seinen Hengst nach Westen und tat
es den wenigen gleich, deren Ziel der Bosporus war. Halb ohnmächtig
vor Hunger und Durst, machte er nach endlosen Stunden an einem
winzigen Wasserloch halt. Sobald sein Hengst genug getrunken hatte,
zog er sich mit brennenden Muskeln wieder in den Sattel, und der
Wettlauf mit der Zeit begann von Neuem.

    *******

    Fassungslos
sah Bayezid auf das ehemals weiße Fell seines Reittieres hinab.
In der Seite des Hengstes klaffte eine tiefe Wunde, aus der so viel
Blut hervorquoll, dass es wie eine Fontäne emporspritzte. Um ein
Haar hätte er sich bei dem harten Sturz den Hals gebrochen, aber
das wäre in Anbetracht der Lage vermutlich besser gewesen, als
das, was ihm bevorstand. Zusammen mit kaum dreihundert Kriegern hatte
er es bis zu dem Hügel geschafft, um den der Feind allerdings
eine immer engere Schlinge zog. Die tatarischen Bogenschützen
streckten mühelos Mann um Mann nieder, und als die Nacht
hereinbrach, sah Bayezid sich umzingelt. »Ergebt Euch!«,
brüllte einer der tatarischen Anführer und befahl seinen
Schützen, einige Warnschüsse auf Bayezid abzugeben.
»Niemals!«, lautete die Antwort des Sultans, der drohend
seine Streitaxt über dem Kopf schwang. Kurze Zeit darauf verriet
das Knacken dürrer Äste, dass sich der Feind näherte.
Als die Tataren schließlich aus dem Gebüsch brachen,
fällte Bayezid einen Angreifer nach dem anderen,

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