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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Kampfeslust in ihm brannte. Rechts von ihm lag dicht
bewaldetes Bergland, und manchmal blitzte der verräterische
Glanz von Eisen zwischen den Bäumen hervor. Timurs Spione
verfolgten seinen Marsch! Er lächelte, als er sich ausmalte, wie
der hinkende Khan auf die Neuigkeit reagieren würde, dass
Bayezid ihn angriff, anstatt bebend und zitternd darauf zu warten,
dass dieser Aufschneider ihn überrannte. Vermutlich würde
er sich ob der Kampfstärke von Bayezids Streitmacht die halb
blinden Augen reiben und den Schwanz einziehen!, dachte er, obwohl er
wusste, dass der tatarische Herrscher vermutlich eher
Schlachtaufstellung nehmen würde. Da er selbst auch Vorreiter
und Spione ausgeschickt hatte, würde er wohl schon bald
erfahren, was Timur trieb. Voller Ungeduld zügelte er seinen
Hengst, da die Fußsoldaten das verschärfte Tempo nicht
lange halten konnten.
        Ungeachtet
der zunehmenden Erschöpfung der Truppe zog er in Gewaltmärschen
weiter nach Norden, bis sich eine gute Woche später eine
Handvoll Späher mit aufgeregtem Geschrei näherte. Kaum
hatten sie den Heerzug erreicht, kämpften sie sich zu Bayezid
durch und riefen ihm bereits aus der Entfernung zu: »Timur Lenk
hat Sivas verlassen!« Bayezid stieß einen triumphierenden
Laut aus, der allerdings sofort erstarb, als einer der Männer in
abgehackten Worten hinzufügte: »Er zieht südwestlich
den Fluss entlang nach Ankara!« Die Siegesgewissheit
verwandelte sich in Unglauben und dann in Wut. »Was?!«,
donnerte er und gab Zeichen zum Halt. »Was sagst du da?«,
tobte er und wies seine Leibwächter an, den Mann vor ihn zu
zerren. Nachdem die Janitscharen den Spion auf die Knie gezwungen
hatten, wiederholte dieser ohne Furcht: »Timur Lenk ist auf dem
Weg nach Ankara, um die Stadt einzunehmen. Er ist vor drei Tagen
aufgebrochen.« Einige Augenblicke fasste Bayezid den Mann
ungläubig ins Auge, dann knirschte er: »Verfolgt ihn!«
Der Zorn schlug in blinden Hass um, als er begriff, dass er Timur in
die Falle gegangen war. Er gab einem Dutzend Reiter Befehl, seine
Generäle davon in Kenntnis zu setzen, dass sie auf der Stelle
kehrtmachen und zurück nach Ankara marschieren würden. Dann
riss er am Zügel seines Hengstes, wendete diesen und wartete mit
mahlenden Kiefermuskeln darauf, dass sich sein Heer sortierte. Als
sich der Zug endlich wieder in Bewegung setzte, senkte sich bereits
die Abenddämmerung über das Hochland, das Bayezid mit einem
Mal feindlich und abweisend erschien. Hoch über den Wipfeln der
Bäume zogen Raubvögel ihre Kreise, und ihr Anblick jagte
dem Sultan einen Schauer über den Rücken. Erst lange nach
Einbruch der Dunkelheit erlaubte er dem Heer zu rasten, und noch
bevor der Morgen graute, befanden sich die Männer wieder auf der
Straße.
        Als
sie endlich staubig, durstig und vollkommen erschöpft Ankara
erreichten, sah er auf einen Blick, dass alle Eile vergebens gewesen
war. Die Mauern der Stadt waren bereits beschädigt, und an
vielen Stellen ragten Belagerungsleitern in den Himmel. Die
Reserveeinheit, die er zum Schutz der Stadt zurückgelassen
hatte, war abgeschlachtet und auf einen Haufen geworfen worden, über
dem das Banner des Tataren flatterte. Die Quelle, an der Bayezid
gehofft hatte, die zur Neige gehenden Wasservorräte auffüllen
zu lassen, war verunreinigt worden, und Timurs Kriegselefanten hatten
bereits Aufstellung genommen. Mit einem kehligen Wutschrei zog er das
Krummschwert und gab ohne zu überlegen das Zeichen zum Kampf.
Wenig später stürmten die Vorhut und die leichte Kavallerie
dem Feind entgegen, während die Flügel und Bayezids eigene
Elefanten Stellung bezogen. Anstatt Timurs Armee anzugreifen, stießen
die zum Großteil tatarischen Reiter der leichten Kavallerie
jedoch Freudenschreie aus, senkten die Waffen und vermischten sich in
Windeseile mit ihren Landsleuten. »Diese Hunde!«, fluchte
Bayezid und gab der linken Flanke unter seinem Sohn Suleyman den
Befehl, an die Stelle der Vorhut nachzurücken. Dann wies er die
Bogenschützen an, den Sipahi- Rittern
Deckung zu geben und ging selbst zum Angriff über. Schon bald
wateten die Fußsoldaten knöcheltief im Blut. Die heiße
Luft stank nach Eisen, Rauch und verbranntem Fleisch, da Timurs
vorderste Kampflinie Griechisches Feuer in die Reihen der Osmanen
schleuderte. Als ihm das Krummschwert aus der Hand geschlagen wurde,
befreite Bayezid die schwere Streitaxt vom Sattel seines Hengstes und
spaltete Dutzenden von Angreifern den Schädel.

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