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Die Heilerin - Roman

Titel: Die Heilerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Danello zog einen Stuhl herbei, der unter dem Fenster gestanden hatte, setzte sich und hielt sich an den Armlehnen fest.
    »Danello ...«
    »Fang an!«
    Richte einfach den Arm, heile den Schmerz, und du wirst heute Nacht in einem trockenen Bett schlafen. Ich biss die Zähne zusammen, ergriff den gebrochenen Arm und zog. Mein Atem stockte, als der Knochen zusammenwuchs, der Arm wieder gerade wurde. Tränen traten mir in die Augen und verschleierten den Raum, der sich so oder so schon um mich drehte.
    »Ich bin gleich hier, Nya.« Danello ergriff meine Hand. Die Finger der anderen waren mit denen seines Vaters verschränkt.
    Ich sammelte den Schmerz, wie Tali es mich gelehrt hatte, formte ihn zu einem festen Ball, der mir die Eingeweide versengen wollte. »Mit mir ist alles in Ordnung. Bist du bereit?«
    Er lehnte sich zurück, hielt sich erneut am Stuhl fest und nickte.
    Ich drückte, immer nur ein wenig, ließ ihn einen kleinen Teil aufnehmen und seinen Frieden mit dem Schmerz schließen, ehe sich ein neuer Pfeil des Schmerzes in seinen Leib bohrte. Meine Hände brannten bis hin zu den Ellbogen, besonders auf einer Seite. Danello zitterte. Seine Haut war blass wie Nebel. Sein Atem ging keuchend, abgehackt, dann allmählich in längeren Zügen.
    Ich glitt zu Boden und lehnte mich an das Bett.
    »Geht es dir gut, Danello?« Jovan streckte vorsichtig eine Hand aus und legte sie auf die Schulter seines Bruders. Niemand fragte, wie es mir ging, aber Bahari musterte mich grimmig.
    »Es geht schon.« Danello atmete hörbar aus und grinste. Die Anspannung in seinen Augenwinkeln verriet den Schmerz, doch er wusste seine Qual gut zu verbergen. »Jetzt das Bein.«
    Ich gab ihm die Hälfte. Wer wusste schon, wie lange er den Schmerz würde tragen müssen? Ich hatte nie einen Schmerz länger als zwei Tage mit mir herumgeschleppt, aber das hatte mir stets gereicht, um heilfroh zu sein, wenn ich ihn wieder loswurde.
    Jovan trat vor. Nun hatte auch er die Fäuste geballt. »Jetzt bin ich dran.« Seine entschlossene Miene forderte mich geradezu auf, nein zu sagen.
    Wenn ich nur könnte.
    »Es wird ganz plötzlich passieren«, warnte ich ihn. »Und heftig. Atme durch den Schmerz und drück irgendwas zwischen deinen Fingern zusammen. Das hilft.«
    Ich zog schnell, bewegte mich langsam, und die Nadelstiche in meinem Bauchbereich fühlten sich heiß an, waren aber ertragbar. Ich behielt ein wenig. Vielleicht kam er mit dem zurecht, was übrig blieb.
    Jovan jaulte, als ich ihm den Schmerz seines Paps gab, doch dann sog er die Unterlippe zwischen die Zähne und atmete zischend ein.
    »Flach atmen, Jovi«, ermahnte ihn Danello.
    »Das war gar nicht so schlimm«, sagte Jovan, als ich ihn losließ. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und grinste seinen Bruder an. »Ich wette, du heulst.«
    Bahari verlagerte seinen finsteren Blick zu seinen Brüdern, trat aber vor und hielt sich am Bettpfosten fest. Er nickte mir scharf zu, so wie ich es die Boxer hatte tun sehen, als der Jahrmarkt in die Stadt Einzug gehalten hatte. »Mach schnell.«
    »Bist du sicher?«, fragte ich flüsternd.
    Seine Augen verloren ein wenig von ihrer Härte, und er nickte. »Ja. Es ist ja nur für ein paar Tage, richtig?«
    »Richtig.« Von seinem Schmerz behielt ich eine Menge bei mir. Er weinte nicht, aber er war nahe dran. Bis auf das Zischen, das ich schon von Jovan gehört hatte, gab er keinen Laut von sich, bedachte aber seinen Bruder mit einem selbstgefälligen Grinsen. »Ich hab's gemacht.«
    »Die tapfersten Zwillinge in Geveg«, sagte Danello und verwuschelte ihre Haare.
    Nun trat Halima vor, eine handgemachte Puppe in den Armen. »Ich bin auch tapfer!«
    »Ich übernehme ihren Teil«, sagte Jovan. Bahari sah aus, als wollte er Einwände erheben, hielt aber die Lippen fest aufeinandergepresst.
    Sie schmollte und musterte ihre Brüder wie eine Bergkatze, die ihre Beute bewacht. »Ich kann das allein.«
    »Nein, kannst du nicht.«
    »Es ist zu schwer«, fügte Bahari hinzu.
    »Kann ich doch! Ihr lasst mich nie was tun.«
    »Halima«, sagte Danello sanft und legte ihr eine zitternde Hand auf das Haar. »Sie haben recht. Das ist zu schwer.«
    Tränen ergossen sich über ihre Wangen. »Aber ich will Paps auch helfen.«
    »Deine Brüder werden auch deine Hilfe brauchen. Du wirst für sie sorgen müssen«, sagte ich. Ich konnte noch eine Rippe verkraften. Die Nacht würde hart sein, aber ich hätte ein Bett, und Tali konnte mir gleich morgen früh alle Schmerzen

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