Die Heilerin - Roman

Titel: Die Heilerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe

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abnehmen. Ich könnte sogar zurückkommen, um mich auszuruhen. Ein paar Heilungen stehlen war besser, als Leuten wehzutun, und das Risiko von ein oder zwei Ausflügen zur Gilde zweifellos wert. »Denkst du, du kannst eine Weile den Haushalt führen?«
    »Ja.« Sie schniefte und wischte sich mit dem Ärmel ihres Hemdchens die Nase ab. »Ich werde gut für uns sorgen.«
    »Danello, ich kann ...«
    »Nein«, sagte er. »Ich weiß, dass du einen Teil der Schmerzen behalten hast. Unsere Abmachung lautete, dass wir dir Schmerzen abnehmen. Du kannst nicht gut heilen, wenn du leidest.«
    »Wir können uns den Schmerz teilen«, meldete sich Jovan hastig zu Wort und starrte mich wieder einmal eisern an. »Sag nicht, wir können das nicht. Sie ist unsere Schwester.«
    Ich nickte, obwohl ich nicht wusste, ob er recht hatte oder nicht.
    Ich sah mich zu Danello um, und der nickte ebenfalls. »Gut. Wer zuerst?« Jovan trat vor und zerrte Bahari mit sich.
    »Zusammen?«, fragte er, die Hand seines Bruders fest umklammert. Bahari sah seine Schwester an und nickte.
    Ich zog die letzte Rippe aus ihrem Paps, ehe ich je eine Hand auf ihre Herzen legte. Unter dem Schmerz fühlte ich ein schwaches Summen durch ihre Körper laufen, ganz ähnlich wie das, was ich in Enzie gespürt hatte.
    Sie waren Schmerzlöser!
    Schwach, vermutlich nicht mal stark genug, um für die Händler zu arbeiten, anderenfalls hätte ich ihre Fähigkeit schon bei der ersten Berührung spüren müssen. Ich musterte ihre Hände, die einander so fest umklammerten, dass die Knöchel leuchtend weiß hervortraten. Verbundene Zwillinge. Wurde ihre Gabe stärker, wenn sie in Kontakt waren? Von so etwas hatte ich noch nie zuvor gehört, andererseits hatte ich auch noch nie etwas von einem Schifteren gehört, bis ich selbst das erste Mal als solcher in Erscheinung getreten war. Die Jungs wussten vermutlich noch gar nicht, was sie tun konnten. Sie konnten es nicht wissen, anderenfalls würden sie versuchen, mehr Schmerz von ihrem Vater zu nehmen. Zumindest Jovan.
    Danello berührte meine Schulter. »Nya? Was ist los?«
    »Nichts.« Nur dass seine Brüder von nun an vor Greifern und dem neuen Krieg des Herzogs auf der Hut sein mussten. Die meisten Löser fingen mit zehn an, Schmerz zu erspüren und waren etwa mit zwölf bereit, ihn zu absorbieren. Aber nun, da Verlatta belagert wurde, würde der Herzog mehr Heiler benötigen. Er hatte eine Menge verloren, als er uns bekämpft hatte, und er hatte keine Skrupel, Kinder zu rauben, um noch eine Stadt zu bezwingen, die sich nicht unter seine Herrschaft begeben wollte. So wie er Sorille beraubt hatte, um uns zu bezwingen.
    »Bestimmt? Du schaust so komisch.«
    Ich musste es ihnen nicht verraten. Wenn niemand davon wusste, dann waren sie auch nicht in Gefahr. Und selbst wenn jemand sie überprüfen würde, könnte er nichts spüren, solange die Zwillinge nicht in direktem Kontakt zueinander standen. »Alles in Ordnung, wirklich.« Ich drehte mich zu den Zwillingen um, wollte verhindern, dass Danello mir die Lüge ansah. »Seid ihr zwei bereit?«
    Sie nickten, doch ihre Gesichter waren so blass wie das ihres Paps.
    Dieses Mal gab keiner der beiden einen Laut von sich, nur ihre Augen traten aus den Höhlen, die Wangen bliesen sich auf, als sie sogar den Zischlaut unterdrückten. Die Falten im Gesicht ihres Vaters hatten sich ein wenig geglättet, und er bewegte sich geringfügig im Schlaf. Die Zwillinge setzten sich auf den Boden und betasteten vorsichtig ihre Leibesmitte. Halima beobachtete sie, als könnten sie jederzeit ihr Inneres nach außen kehren.
    »Wann, glaubst du, wird unser Paps aufwachen?«, fragte Danello.
    »Nicht vor morgen früh. Er wird sich noch eine Weile steif und wund fühlen, und vermutlich wird er fuchsteufelswild werden, wenn er herausfindet, was ihr getan habt.«
    »Er wird es verstehen. Komm, ich schulde dir ein Abendessen.«
    Mein Magen knurrte, und er lachte verlegen.
    Hunger und Schuldgefühle zerrten gleichermaßen an meinen Eingeweiden, also folgte ich ihm in die Küche. Mein leichtes Humpeln verbarg ich. Er konnte sein Humpeln nicht verstecken, und er presste einen Arm fest an den Brustkorb. Danello würde eine ganze Weile keine Hühnerdiebe mehr jagen können.
    »Lass mich dir helfen, Danello.« Mit einem pochenden Schmerz in den Rippen griff ich nach der Kaffeekanne, die er in seinen zitternden Händen hielt. Er riss sie an sich und zuckte zusammen. Was waren wir doch für ein Paar!
    »Nein, ich mache