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Die Heilerin - Roman

Titel: Die Heilerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Nachts ganz allein draußen zu sein.
    Die Laterne wackelte, und ein Lichtstrahl fiel auf das Gesicht des Mannes.
    Heilige, steht mir bei! Mein Verfolger war wieder da. Ich zog mir die Decke fester um den Leib und wich zurück, obwohl er unmöglich in das Innere des dunklen Raums sehen konnte. Was wollte diese hinterhältige Schilfratte nur? Er hatte nach dem Fährenunglück genug Gelegenheiten gehabt, mich zu schnappen, während ich umhergelaufen war, ohne auf meine Umgebung zu achten. Danello war das eindeutig gelungen.
    Ich sah mich nach dem Zimmer der Kinder um. Die Zwillinge! Was, wenn er mich am Abend verfolgt und sie gespürt hatte? Nach allem, was Danello für mich getan hatte, konnte ich es nicht riskieren, seine Familie in Gefahr zu bringen, aber wenn ich jetzt ginge, würde der Seidenmann mich unausweichlich entdecken. Ich hockte mich unter das Fenster, die Fingerspitzen auf dem Sims, und lugte über den Rahmen nach draußen.
    Schatten flackerten, und ein weiterer Mann trat in den silbernen Lichtschein. Er sprach mit dem seidigen Mann, der mit einer Hand die Straße hinauf- und hinunterzeigte. Köpfe wurden geschüttelt, Finger zeigten mal hierhin, mal dorthin, als wüssten sie nicht recht, wo ich geblieben war, und stritten darum, in welcher Richtung sie mich als Nächstes suchen sollten. Der neue Mann nickte und ließ sich an eine Mauer fallen, beobachtete die Straße mit vor der Brust verschränkten Armen. Der andere ging davon und verschwand in der Dunkelheit.
    Nun waren es also zwei! Ich schauderte in dem dunklen Zimmer, das mir plötzlich nicht annähernd dunkel genug erschien, mich darin zu verstecken. Ich warf einen Blick auf die nach draußen führende Tür und den schweren Riegel, mit dem sie gesichert war. Hier kam keiner so schnell herein. Für den Augenblick war ich in Sicherheit, und von den Zwillingen konnten sie nichts wissen. Wer hatte sie auf mich gehetzt, die Gilde oder der Herzog? Ich glitt weiter hinab und zog mir die Decke über den Kopf.
    Es war egal. Greifer waren Greifer, und ich war Beute.
 
    Als ich erwachte, hatte ich das Gefühl, jemand hätte jeden Muskel in meinem Leib geschrumpft, während ich geschlafen hatte. Die Arme auszustrecken tat weh. Meine Knie pochten bis hinab zu den Zehen. Damit hätte ich rechnen müssen. Ich hatte am Tag zuvor zu viele Leute aus dem Wasser gezogen, um nicht die Folgen davon zu spüren. Aber vielleicht war das auch die Strafe dafür, dass ich den Kindern den Schmerz aufgebürdet hatte. Ich fühlte mich so elend, als hätte ich auf hartem Boden geschlafen. Geschah mir recht. Ich hätte nicht auf Danello hören sollen. Ich war auch früher schon müde und hungrig gewesen; ich hätte damit fertig werden können, so wie ich immer damit fertig wurde.
    Ich reckte mich, und alle meine Gelenke krachten in dem stillen Haus, weckten Schmerzen, die aufgenommen zu haben ich mich gar nicht mehr erinnern konnte. Ich gab es nur höchst ungern zu, aber vermutlich wäre es mir noch viel schlimmer ergangen, hätte ich in einem Gebüsch genächtigt. Zu schlecht, um zu arbeiten, geschweige denn, es bis zu Tali zu schaffen.
    Das redest du dir nur ein, um dich nicht so schuldig zu fühlen.
    Ich knirschte mit den Zähnen und streckte mich. Es änderte nichts. Wie Großmama stets gesagt hatte: Was geschehen ist, ist geschehen, und ...
    Plötzlich kam es mir in dem allzu stillen Raum laut vor, als wolle er mir etwas sagen. Ich hörte auf, mich zu strecken, und sah mich um, rechnete halbwegs damit, grün-gelbe Seide hinter den Vorhängen hervorlugen zu sehen, aber der Raum war so verlassen wie in der vergangenen Nacht. Nur dass die Tür zum Kinderzimmer offen stand. Mir stockte der Atem, und ich schoss, bei jedem Schritt vor Schmerzen zuckend, in das Zimmer.
    Alle drei Betten waren gemacht. Keine offenen Fenster, keine umgestoßenen Möbelstücke, nichts, was auf einen Kampf hindeutete. Dann schlug die Uhr neun, und ich seufzte erleichtert. Sie waren nur in der Schule. Kein Greifer hatte sich hereingeschlichen und sie entführt.
    Danellos Tür war geschlossen, und es juckte mich in den Fingern anzuklopfen. Er mochte noch schlafen, aber ich stellte mir vor, dass er auf dem kleinen gelben Hocker am Bett seines Vaters saß, seine Hand hielt und darauf wartete, dass er erwachte.
    Er war so nett gewesen. Sein süßes, sanftes Lächeln ließ den ganzen Raum erstrahlen. Ich konnte immer noch gutmachen, was ich getan hatte. Ich konnte Tali herbringen und ihnen den Schmerz

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