Die Heilerin - Roman
aber ich hatte den Eindruck, dass sie damit rechnen und dass sie weg sein wollen, ehe das passiert.«
»Warum sollte der Erhabene lügen?«, fragte Danello und wich zurück, sodass Kione ganz eintreten konnte.
»Ich weiß es nicht.«
Es ergab keinen Sinn. Ich musterte die fünf verängstigten Gesichter im Zimmer. Der Erhabene mochte grausam sein, dumm war er nicht. Er musste gewusst haben, dass es die Leute wütend machen würde, wenn er ihnen erzählte, dass die Heiler tot waren, und wenn Geveger wütend waren, kam es beinahe immer zu Ausschreitungen. So etwas würde er nicht tun, es sei denn...
Ich erstarrte. »Kann er den Aufstand mit Absicht herbeigeführt haben?«
Aylin schlang die Arme um den Leib. »Warum sollte er so etwas tun?«
»Ich weiß es nicht.« Der Erhabene hatte einen Plan, so viel stand fest, aber was er vorhatte, war so undurchsichtig wie sumpfiger Morast.
»Wer weiß, was die da oben im Schilde führen?«, sagte Kione. »Ich weiß nur, dass, kurz nachdem ich das Gespräch mit angehört habe, diese Bekanntgabe gemacht wurde. Jetzt stehen die Dinge wirklich schlimm, Nya. Du musst zurückgehen und Lanelle retten.«
Sein Ton brachte mich auf die Palme. Ich musste, nicht er. Nicht wir.
Ich schüttelte den Kopf. »Wir kommen da nie wieder rein. Die ganze Gilde ist auf der Hut. Tausende von Leuten verstopfen die Straßen. Und überall sind Soldaten.«
»Ich weiß, aber du bist schon einmal reingekommen. Wenn es jemand schafft, dann du.«
Möge Saea mich davor bewahren! »Lanelle hat ihnen geholfen, Kione. Das weißt du doch, oder?«
»Sie hatte keine Wahl! Ich habe ihnen auch geholfen, aber ich habe auch dir geholfen.«
Ich schnaubte verächtlich, und er wandte den Blick ab.
»Na gut, nur ein bisschen. Aber ich hätte auch nein sagen können.«
»Nya«, sagte Aylin, »wenn du recht hast und dieser Aufruhr mit Absicht eingefädelt wurde, dann geht es bei dem, was der Erhabene tut, nicht nur um Lanelle - oder die Lehrlinge«, fügte sie hastig hinzu. »Sieh da raus. Diese Leute sind wütend, weil ihnen gesagt wurde, die Heiler seien tot, nicht, weil sie wirklich tot sind. Du hast sie doch schreien hören, dass sie das für eine Lüge halten, dass sie glauben, der Herzog hätte sie entführen lassen, so wie er es im Krieg getan hat.«
»Es ist eine Lüge«, sagte Danello, die Hände zu Fäusten geballt. »Ist es wirklich wichtig, welche Lüge der Erhabene erzählt?«
Doch, das ist es, sagte mein Bauch. Der Erhabene erzählte eine Lüge, um uns aufzuhetzen, obwohl er auch einfach nur den Herzog hätte belügen können. Es gab keinen Grund, uns aufzuhetzen, es sei denn, dies diente in irgendeiner Weise seinen Plänen. Vielleicht dachte der Erhabene, der Herzog würde ihm nicht glauben, wenn er es nicht in ganz Geveg verkündete? Der Herzog musste Spione in der Stadt haben, und ein Aufstand würde die Behauptungen des Erhabenen bestätigen.
Aber welchem Zweck dienten die Behauptungen? Seufzend strich ich mir mit einer Hand durch das Haar. Der Erhabene und Vinnot wollten irgendetwas in Ruhe zu Ende bringen, und sie wollten nicht, dass der Herzog Kenntnis davon erhielt. Wenn sich die Lüge also um die Heiler drehte, dann musste es etwas sein, in das die Heiler irgendwie einbezogen waren. Welchen Nutzen konnten die Heiler für den Erhabenen haben, den sie nicht zugleich für den Herzog hatten?
Lanelle hatte gesagt, Vinnot würde im Auftrag des Herzogs »spezielle Nachforschungen« anstellen, also musste diese gruselige Symptomliste auch irgendwie in das Bild passen, wenn ich mir auch nicht erklären konnte, wie. Das Einzige, was den Herzog interessierte, war Pynvium und die Frage, wie er immer mehr davon bekommen konnte. Nein, es musste um etwas gehen, das beide, er und der Erhabene, für sich allein wollten. Etwas, das wertvoll genug war, einen stadtweiten Aufstand dafür in Kauf zu nehmen.
Keuchend riss ich den Kopf hoch. Natürlich!
»Anormale Löser!«, rief ich. Niemand hörte zu. Ich kletterte auf das Bett und brüllte: »Er ist hinter den anormalen Lösern her!«
Alle stierten mich mit offenem Mund an.
»Während der letzten paar Jahre hat sich der Herzog nur für zwei Dinge interessiert - Pynvium und anormale Löser. Er hat Geld und Soldaten investiert, um beides zu bekommen. Der Erhabene und Vinnot haben unter den verletzten Lehrlingen auf Anweisung des Herzogs nach etwas gesucht, etwas, das selten genug war, dass sie das Risiko eingingen zu lügen, um es zu
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