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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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Kinderbetten gar nicht erst herangelassen, sondern auf kürzestem Wege ins städtische Verlies eingeliefert werden.«
    »Und wegen dieser Machtgelüste von Kaufleuten und Priestern müssen Kinder sterben«, rief Taleke hitzig aus.
    »So ist es. Und wir müssen hoffen, dass die Blattern sich nicht noch weiter ausbreiten …« Abrupt brach er ab, als Taleke ihre Haustür aufgedrückt hatte, die seltsamerweise nicht verriegelt war.
     
    Auch Taleke roch es. Es roch nach Blut und versengter Wolle.
    »Der Herr stehe uns bei«, murmelte von Altkerke hinter ihr.
    Adaliz.
    Sie war schon einige Zeit tot. Bei derart starrer Haltung der Glieder erkannte jeder den Tod, gleich, ob gewaltsam oder auf natürlichem Wege eingetreten. »Madame Adaliz«, murmelte Taleke entsetzt, »hat mir zur Flucht aus Paris verholfen und musste jetzt selbst fliehen. Trotzdem haben ihre Verfolger sie gefunden.«
    Von Altkerke machte ein skeptisches Gesicht, während er die Umstände von der Türschwelle aus betrachtete.
    Adaliz war von hinten erstochen worden und über das Feuer gesunken, das sie dabei offensichtlich erstickt hatte. Ein Krug Wein stand neben ihr, Krümel einer Pastete waren auf einer Brotscheibe zurückgeblieben. Es sah im Übrigen aufgeräumt und wohnlich aus. Wittenborch hatte sein Versprechen, sie zu versorgen, treu eingehalten.
    »Eure Kleidung, Meisterin?«, erkundigte sich der Arzt argwöhnisch.
    »Ja, ihre eigene war verschmutzt und zerrissen …«
    »Man könnte die Madame von der Tür aus mit Euch verwechseln.«
    Taleke fuhr zu ihm herum. »Ihr meint, sie ist gar nicht von ihren Feinden ermordet worden?«
    »Ich vermute, eher von Euren. Es läge durchaus näher, in Eurem eigenen Haus, an Eurem eigenen Herdfeuer Euch zu vermuten. Insbesondere, wenn der Mörder Euch persönlich nicht kannte.«
    Taleke sank zu Boden, das Gesicht in den Händen vergraben. Zwei selbstlose Freunde hatten durch sie ihr Leben verloren. Dann brach sie in Tränen aus. Es war eine Schuld, die sie nie würde abtragen können.
    Von Altkerke wartete, bis ihr Schluchzen abebbte. »Und jetzt, wo Eure Bewacher fort sind, ist es gut möglich, dass sich einer der städtischen Mörder ein paar Turnosen verdienen wollte.«
    Seine Worte sickerten langsam in Talekes Bewusstsein ein. Abrupt hob sie den Kopf. »Aber wenn Euer Verdacht stimmt, haben wir die Gefahr gröblich unterschätzt. Tideke Gameratte war sich so sicher, dass die bekannten Lübecker Mordbuben zurückgepfiffen worden waren. Dann gibt es womöglich noch andere Feinde, die weiterhin auf eine gute Gelegenheit warten, mich zu töten. Vielleicht will Nicolaus sich nicht allein auf die Rechtsprechung seines Vaters verlassen.«
    »Das alles wäre möglich«, sagte von Altkerke mitleidig und zog Taleke auf die Füße. »Ich kümmere mich um die Tote, sobald ich Euch bei Metteke abgeliefert habe. Ihr müsst als Erstes in Euer Versteck! Nehmt etwas Baldrian ein, damit Ihr schlafen könnt.«
    Gestützt vom Arzt, taumelte Taleke zu Mettekes Haus, das von Altkerke um des Scheins willen betrat und eine Gebetslänge später wieder verließ.
    Metteke war dankbar, dass ihre Heilerin wieder da war. Aber Taleke war so durcheinander und erschöpft, dass sie der Hausherrin nur einen Salbeisud aufgoss und sich dann zu Bett begab.
     
    Im Morgengrauen wurde Taleke aus ihrem betäubten Schlaf geweckt. Metteke hatte Volrad eingelassen. »Ich fürchte, du bist hier auch nicht mehr sicher«, flüsterte er Taleke ins Ohr, die, noch schlaftrunken, anfangs gar nicht erfasste, was er meinte.
    »Wieso nicht?«
    »Der Mord an der Pariserin hat sich in Windeseile herumgesprochen, und Frau Puttfarcken lässt dich als verdächtige Täterin in der Stadt suchen, im Namen ihres Ehemannes. Der Rat ist wie immer zögerlich mit Entscheidungen, die Ratsherrin aber nicht. Resolut wie sie ist, hat sie ihm vorgegriffen. Die Stadtwache hat bereits begonnen, das an den Hafen grenzende Grubenviertel zu durchkämmen. Sie dürften inzwischen in der Engelsgrube angekommen sein.«
    Taleke fuhr in die Höhe. »Und jetzt?«
    »Du kommst mit zu mir. Die Häuser neben dem Kranenkonvent der Beginen, überhaupt das Umfeld des Burgklosters, sind über jeden Verdacht erhaben, weil sie von Lübeckern mit Bürgerrecht bewohnt werden. Die Wache wird sich in diese Wohnungen nicht hineintrauen, denn für eine solche Durchsuchung hat Frau Puttfarcken nun wirklich keine Vollmacht.«
    »Das Kranenkonvent.« Taleke lächelte verloren. Ach, war das lange her, seit

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