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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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Brei mit Mandelmilch und Honig vor?«
    »Nein, nein!« Taleke war atemlos vor Aufregung. Sie wagte gar nicht zuzugeben, dass sie Mandelmilch noch nie gekostet hatte. Allmählich erst begriff sie, in welchem Reichtum sie gelandet war. Und welches Glück sie hatte, ein hübsches Gesicht zu besitzen.
    Nicolaus lehnte sich träge gegen die Wand und stieß einen schrillen Pfiff aus. Einen Augenblick später wurde die Zimmertür vorsichtig aufgezogen, und ein älterer Mann im ungefärbten, groben Kittel und mit der Kappe in der Hand schaute herein. »Ja, Herr?«
    »Verteile die Essensreste an die Bedürftigen! Wage nicht, sie zu deinem Weib zu tragen, Heinrich. Und dann brauchen wir ein standesgemäßes Morgenmahl aus den Garküchen.«
    »Jawohl, Herr.« Der Knecht packte die Speisen behutsam in einen Korb und zog sich wieder zurück.
    »Wo kam er denn so schnell her?«, wunderte sich Taleke.
    »Er hat vor der Tür geschlafen. Er bleibt zur Hand, falls ich etwas brauche.«
    Mittlerweile schwindelte es Taleke vor Staunen. Der Knecht war ein armes Schwein wie sie, aber ihr hatte eine Laune der Natur – des Herrn gewiss nicht – zwei, drei Tage unbeschwertes Leben in den Schoß geworfen. Sie würde es bis zur Neige auskosten.
     
    Taleke betrachtete ihren Gönner immer wieder verstohlen, während er seinen Gedanken nachhing. Worüber er wohl nachdachte? Sie war sich im Klaren darüber, dass sie mit ihrem Leib für das ein paar Stunden oder Tage währende Vergnügen zu bezahlen haben würde. Verglichen mit dem, was ihr bei dem fetten Wirt oder anderen Grobianen geblüht hätte, war es nicht die schlechteste Wahl. Nicolaus war ein stattlicher Mann, größer als die meisten, die sie kannte, sein Gesicht war kantig, und er wirkte energisch und wehrhaft. Und sein größter Vorzug: Er war nicht über sie hergefallen.
    »Warum siehst du mich so an?«
    »Oh.« Sie hatte nicht geglaubt, dass er sie ertappen könnte. »Ich mag Euch anschauen, Ihr seid so schön«, bekannte sie. »Was war mit Paris? Ihr habt gestern darüber gesprochen.«
    »Neugierig?« Er grinste und verstand ihre Frage als Interesse an seiner Person, was ihm offensichtlich gefiel. »Ich reise hin. Wer etwas auf sich hält, geht heutzutage nach Paris, um zu studieren. Da gibt es berühmte Lehrer. Das wird ein Spaß für ein paar Jahre, bevor ich beginne, meinen Aufgaben als Ratsherr von Lübeck nachzugehen.«
    »Großartig! Und diese Reise tretet Ihr also bald an?«
    »Du, nicht Ihr«, erinnerte er Taleke. »In einigen Tagen soll es losgehen. Vorher habe ich noch etwas zu erledigen …«
    »Und das wäre?«, fragte Taleke kühn.
    »Ein kleiner Denkzettel, den ich den Ratsherren erteilen möchte, damit sie mich nicht vergessen.« Wieder brach er in Gelächter aus und fuhr fort, als er sich beruhigt hatte: »Wir wollen den Kaak mit einem Fellkragen schmücken, um die Herren daran zu erinnern, dass auch sie gelegentlich den Schandpfahl verdient hätten. Nur kommt von ihnen nie einer dran.«
    Mutig war er auch noch. »Was für ein tollkühner Plan!«, rief sie beeindruckt.
    »Das will ich meinen. Ich weiß nur noch nicht, wie wir die Eichhörnchenfelle am Kaak befestigen können, ohne Lärm zu machen. In jeden Einzelnen einen Holzpflock zu schlagen dauert zu lange. Außerdem braucht man Licht. Aber eine Laterne würde Stadtwache und Nachtwächter im Nu alarmieren.«
    Nichts einfacher als das, hätte Taleke beinahe ausgerufen, aber das Erlebnis mit dem Gaukler Lutgerd war ihr eine Lehre gewesen. Keiner wollte unverblümt hören, welch ein Dummkopf er war, vor allem Männer nicht. »Eine Frau würde die Felle auf einer kräftigen Schnur aufreihen«, begann sie vorsichtig. »Man könnte die Länge des Kragens dem Hals des Kaak in Blitzesschnelle anpassen und brauchte nicht einmal Licht. Die Finger fühlen das leicht.«
    Puttfarcken hörte ihr staunend zu. Dann schlug er sich mit der flachen Hand an die Stirn. »Weiber sollte man gelegentlich konsultieren, wenn es sich um Näharbeiten handelt.«
    Nicht nur dabei! Taleke widersprach aber nicht, sondern freute sich still über ihren Erfolg.
    »Kannst du die Dinger aufreihen, wenn ich dir Schnur besorge? Und die Felle, versteht sich.«
    »Leicht. Eine Ahle noch dazu, um Löcher zu stechen.«
    »Dann sind ja sämtliche Probleme aus dem Weg geräumt«, erkannte Nicolaus begeistert und sprang auf. »Ich hole auf der Stelle alles, was du brauchst.«
    »Sollten wir nicht besser erst essen?«
    Puttfarckens Lippen wurden schmal,

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