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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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lachte sie wegen ihrer Wehleidigkeit aus.
    Endlich besann sich Taleke darauf, dass ihre Mutter die »Smeerwuddel« verwendet hatte, wann immer ein Hilfesuchender mit einer Brandwunde, mit Gelenkschmerzen oder einem Insektenstich zu ihr gekommen war. Und natürlich kannte der Klosterbruder, dem sie die Pflanze beschrieb, das Kraut. »Beinwell bei uns«, sagte er und gab ihr die Salbe, die er in seinem Vorrat hatte.
    Danach wurde die Reise einfacher. Die aufgeriebenen Stellen heilten ab, der Maulesel und Talekes Hinterteil gewöhnten sich aneinander. Sie fand jetzt sogar Spaß an der ungewöhnlichen Unternehmung. Nicolaus bei Laune zu halten und mal einen heruntergetretenen Saum zu nähen erschien ihr als angemessene Gegenleistung für seine Einladung, ihn zu begleiten. Er brauchte Gesellschaft, wie er ihr erklärt hatte, und aus seinem Freundeskreis hatte niemand nach Paris mitkommen wollen. Die Erklärung reichte ihr, sie konnte ihn gut verstehen, und als sie ihre anfängliche Zurückhaltung aufgegeben hatte, lachten sie viel zusammen.
     
    Paris war voll mit Fremden. Nicolaus und Taleke kamen in einer heruntergekommenen Absteige neben der Stadtmauer unter, einem zweistöckigen Holzhaus, in dem sie von nun an im Dachbodenzimmer leben sollten. Schaudernd betrachtete Taleke nach ihrem Einzug das Gebälk. Aber natürlich hing hier kein Heinrich. Unten hauste ein uralter Mann.
    Hinter dem Häuschen gab es eine kleine Fläche Ödland, die sich bis zur Seine hinunterzog und am Treidelpfad auf dem sandigen Ufer endete. Niemand bewirtschaftete sie, wohl weil sie unter dem noch frühlingsfrischen Gras nass und sumpfig war und zum Anbau von Gemüse kaum taugte. Dafür wuchs in einer Ecke Sauerampfer, den man als Gemüse oder als Suppe zubereiten konnte. Taleke war damit ganz zufrieden.
    Vor allem aber mit dem großartigen Ausblick über den Fluss. Man blickte auf die große Insel, auf der der König und der Klerus in prachtvollen, steinernen Gebäuden lebten. Die Spitze der luftigen königlichen Kapelle stach am höchsten in den blauen Himmel, etwas weiter hinten überragte ein eher stämmiges Türmchen, das ebenfalls zur Kathedrale gehörte, die stumpfen Türme von Notre-Dame. Eigentlich war alles ganz ähnlich wie in Lübeck: König und Geistlichkeit teilten sich eine Insel.
    Gleich zur Rechten ihres Häuschens überragte der Donjon, der Turm der Festung Louvre, die Stadtmauer, an der einige Rosenbüsche mit frühen duftenden Blüten emporkletterten. Zur anderen Seite breitete sich die Stadt der Bürger aus, von der eine Holzbrücke auf die Insel führte.
    Der Besitzer des Häuschens wohnte hier nicht, wahrscheinlich war er in die besseren Gassen gezogen, wo die Töpfer, Fleischer, Eisenschmiede und Tuchhändler arbeiteten. Auf sie und ihre Ware war Taleke neugierig.
    Zunächst aber stellte sie fest, warum der Mietpreis billig war: Der nächste öffentliche Brunnen war ziemlich weit weg, er befand sich nahe der Kirche Saint-Jacques. Vor ihr sollten sich die Pilger sammeln, die auf dem Weg nach Santiago de Compostela und Rom waren.
    Aber durch solche Kleinigkeiten ließ Taleke sich nicht entmutigen. Kaum hatte sie den Entschluss gefasst, so bald wie möglich durch die lärmenden Gassen voller fremdartiger Menschen zu streifen, als sie von Nicolaus gerufen wurde, der inzwischen herausgefunden hatte, wo die Geldwechsler ihre Tische hatten: auf dem Grand Pont, der großen Brücke, auch Pont au Change genannt. Grand Pont und Petit Pont, der den schmaleren Flussarm überspannte, boten weit und breit die einzige Möglichkeit, die Seine zu überqueren. Der gesamte Verkehr von Nord nach Süd und umgekehrt musste hier durch.
    In ihren kleinen Buden wartete ein lombardischer Geldwechsler neben dem anderen. Mit treffsicherem Gespür für einen Neuankömmling versuchten sie unter Geschrei, Nicolaus an ihren Stand zu locken, während Taleke sich von den lüsternen Blicken der Männer aus aller Herren Länder bedrängt fühlte.
    Sie schmiegte sich dicht an Nicolaus, der die lübschen Münzen, die er einwechseln wollte, auf grünem Filz zu Türmchen stapelte und sich dabei gewandt mit dem Lombarden in einem Gemisch aus ihr unbekannten Worten und Plattdeutsch verständigte. Mühelos rechnete Nicolaus den Wert Lübecker Groschen in den von französischen Turnosen um. Sein Kopf war so schnell, und seine Argumente waren so unschlagbar, dass der Wechsler zunehmend missmutig wurde. Er erkannte, dass er keinen Kunden vor sich hatte, den er leicht

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