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Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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beiden grauen Köpfe so dicht beieinander gesehen. Plötzlich erfüllte sie eine wilde Entschlossenheit, diese beiden Männer vor der Feuersbrunst zu bewahren. Sie blickten auf, als sie in den Raum stürmte.
    »Feyra?« Palladio zog die dunklen Brauen zusammen und blickte an ihr vorbei zur Tür. »Und wer ist das?«
    Feyra begriff, dass er Annibales Gesicht noch nie gesehen haben konnte.
    Annibale trat vor. »Ich bin Euer Arzt, und ich gedenke, die Aufgabe zu erfüllen, die ich übernommen habe. Der Dogenpalast hat gebrannt, und das Feuer breitet sich durch die Merceria bis zur Rialtobrücke aus.«
    Palladio bewegte sich überraschend schnell. Er griff nach einem weichen Lederbündel, in dem seine Werkzeuge verräterisch klirrten. »Zabato, bring die Mitglieder des Haushalts zur Accademia hinüber.«
    Sein Zeichner sprang ebenfalls auf. »Wo geht Ihr hin?«
    Palladio war schon unterwegs zur Tür. »Wenn das Feuer die Rialtobrücke erreicht, gerät die andere Seite der Stadt in Brand.« Auf der Schwelle drehte er sich noch einmal um. »Wir müssen die Brücke abreißen.«
    Feyra und Annibale konnten mit Palladio, der vor ihnen durch die calli eilte, kaum Schritt halten.
    Schon bald ragte die große Brücke vor ihnen auf, ein mächtiger schwarzer Holzbogen auf steinernen Pfeilern, der sich vom safrangelben Himmel abhob. Feyra konnte die hoch gewachsene Gestalt des Eremiten ausmachen, der Eimer füllen ließ, um das Feuer zu bekämpfen, und sogar Kinder dazu heranzog, umherfliegende Funken auszutreten, die die große Holzkonstruktion bedrohten.
    Palladio steuerte schnurstracks auf den Eremiten zu und begann auf ihn einzureden, wobei er mit den Armen fuchtelte und immer wieder auf die Brücke deutete. Feyra bekam von ihrem Gespräch kaum etwas mit, weil das brennende Holz so laut knackte, doch dann drehte sich Palladio wieder zu ihnen um. »Dottore, kommt mit. Feyra, geh mit den anderen über die Brücke.«
    Feyra rührte sich nicht von der Stelle. Das Gefühl nahenden Unheils jagte ihr einen Schauer über den Rücken. »Was habt Ihr vor?«
    Palladio legte sein Bündel klirrend ab, entnahm ihm ein Stemmeisen und reichte es Annibale. Er selbst hielt einen schweren Hammer in der Hand. »Wir müssen die Pfeiler wegschlagen. Dann stürzt die ganze Brücke in sich zusammen.«
    Die beiden Männer stiegen ins Wasser und machten sich unten an der Brücke zu schaffen, während Frauen und Kinder noch darüber hinwegstürmten, um am anderen Ufer Schutz zu suchen. Palladio konzentrierte seine Anstrengungen auf die zwei großen Träger, die die Pfeiler zu beiden Seiten der Brücke stützten. Die beiden Männer hieben erbittert darauf ein, doch die Flammen befanden sich auf dem Vormarsch. Der Eremit hatte die Männer angewiesen, die Reihe kleiner hölzerner Hütten am Ufer zu zerstören, aber das Feuer trieb sie rasch zurück. Dann wateten einige der Männer, darunter auch der Eremit selbst, gleichfalls ins Wasser, um Palladio und Annibale zu helfen. Feyra biss sich auf die Finger, bis sie bluteten, und lauschte voller Angst, als die Holzkonstruktion zu ächzen und dann zu knarren begann, denn jetzt fürchtete sie, die Brücke würde einstürzen und die beiden Männer unter sich begraben. Vor sich konnte sie die Flammen sehen, die sich im Wasser widerspiegelten und es in flüssiges Feuer verwandelten, dennoch wandte sie sich nicht ab. Die Sonne war aufgegangen, als der hölzerne Bogen zu wanken begann, und da vermochte sie nicht länger an sich zu halten, watete ins Wasser und zog beide Männer mit einer Kraft zurück, von der sie gar nicht gewusst hatte, dass sie sie besaß. Als die Brücke in sich zusammenzustürzen begann, hörte sie, wie die Menge am gegenüberliegenden Ufer entsetzt aufschrie, denn der Verlust dieses symbolträchtigen Bauwerks verhieß Unheil.
    Feyra fragte sich, was es für Palladio, dessen Leben daraus bestand, etwas zu erschaffen, wohl bedeutete, stattdessen etwas zerstören zu müssen. Doch als sich der alte Mann aufrichtete, glühte ein Feuer in seinen Augen, bei dem es sich nicht nur um ein Spiegelbild der Flammen handelte, und seine Züge drückten eine gewisse Genugtuung aus. »Was zerstört ist, kann jederzeit wieder aufgebaut werden«, lächelte er.
    Annibale watete auf sie zu. »Kommt. Wir müssen uns in Sicherheit bringen.«
    Sowie Palladio, dessen Haus unversehrt geblieben war, zu Bett gegangen war, stolperten Feyra und Annibale über den Platz in die Richtung der Riva degli Schiavoni zurück. Mit

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