Die Heilerin
wies auf den Korb, der auf dem Tisch stand. »Du kannst zum Markt gehen. Wir brauchen Eier. Mindestens dreißig. Außerdem junge Zwiebeln.«
»Im Wallgarten haben wir noch Zwiebeln, Moedertje«, sagte Margaretha.
»Es dauert zu lange, dorthin zu laufen und sie zu ziehen. Zuckerschoten wären auch gut, schau, ob du welche bekommst. Und vielleicht Fisch, wenn es Hering gibt. Wir haben noch einen Rest aus dem Fässchen, aber er beginnt, ranzig zu schmecken.«
»Ist gut.« Rebecca nahm den Korb. Sie sah zum Herd, in der Ecke lag Jonkie, Samuel saß neben ihr und spielte mit Holzfiguren, die Dirck ihm geschnitzt hatte. »Magst du mitkommen, Samuel?«
Der kleine Junge sprang begeistert auf. Rebecca half ihm in die Joppe und schnürte seine Stiefel, dann nahm sie ihn bei der Hand und ging.
»Eine gute Idee. So kommt er uns nicht vor die Füße. Margret, hol Linsen aus der Vorratskammer. Esther kann den Speck auslassen. Ich werde die Stube fegen, bevor die Männer die Stühle und Bänke aufstellen.«
Kapitel 23
Der Vormittag verging voller Betriebsamkeit. Die Frauen kneteten Teig, buken Brot und Pasteten, kochten ein gehaltvolles Linsengericht mit Speck und Schinken, schnitten Fleisch auf. Die Frühlingssonne verwöhnte sie mit warmem Licht, das wie Tupfen über den Hof wanderte. Rebecca hatte frische Milch und Rahm von Markt mitgebracht. Margaretha setzte sich nach draußen und stieß den Stößel in das mit Rahm gefüllte Butterfass. Die Arbeit war eintönig, aber anstrengend, doch sie konnte ihren Gedanken freien Lauf lassen. Dirck half den Männern die Stube zu richten, er war ungewöhnlich still und in sich gekehrt. Kein fröhliches Lachen, kein Scherz kam über seine Lippen. Er wich Rebecca aus, die sich in eine Ecke der Küche verzog und mit gesenktem Kopf Erbsen und Linsen verlas.
Hoffentlich findet Dirck den Mut, für Rebecca einzustehen, dachte Margaretha besorgt. Sie war sich sicher, dass Hermann ihn unterstützen und ermuntern würde, trotz Dircks jugendlichem Alter und obwohl er ohne Besitz war. Der Leinenhandel hatte deutlich nachgelassen, aber die Familie musste noch lange keinen Hunger leiden. Abraham würde es skeptisch sehen, ein wenig wettern, sich aber schließlich fügen. Catharina würde sticheln, doch sie hatten gelernt, dies zu überhören.
»Darf ich mich zu Euch setzen?« Franz Daniel Pastorius war neben sie getreten und riss Margaretha aus ihren Gedanken. Erschrocken blickte sie auf, Pastorius lächelte sie verlegen an. »Oder störe ich Euch?«
»Beim Buttern? Wohl kaum.« Margaretha schaute in das Fass, die ersten Butterflöckchen hatten sich schon gebildet, doch sie würde sicher noch eine ganze Weile stampfen müssen.
Bedächtig stopfte sich Pastorius die Pfeife, zündete sie an und paffte ein paar Mal. Dann nahm er die Pfeife in die Hände, drehte sie nachdenklich. »Immer noch muss ich über EureWorte nachdenken. Ihr wisst sicherlich, dass ich heute Nachmittag vor einigen Leuten über den Landkauf in Pennsylvania sprechen werde. Die Frankfurter Land Compagnie hat ein großes Stück Land in der neuen Welt erworben und sucht nun Mitstreiter.«
»Ein großes Stück Land«, murmelte Margaretha. »Sehr groß?«
»O ja. Es ist genügend Platz für etliche Interessenten.«
»Und wie viele haben sich Euch schon angeschlossen?«
Pastorius senkte plötzlich den Kopf, eine leichte Röte schien seine Wangen zu überziehen. »Wir haben viele Interessenten.«
»Aber noch nicht viele Käufer?«
»Bisher noch nicht, aber es werden ganz sicher stetig mehr. Viele Gläubige wollen sich uns anschließen, aber ihnen fehlen die Möglichkeiten.«
»Wieso?«, fragte Margaretha überrascht.
»Seht, ich reise nun schon eine Weile durch die Lande und werbe für die Frankfurter Land Compagnie. Viele tiefgläubige Täufer sind begeistert von der Idee, frei und ohne Verfolgung ihren Glauben leben zu können. Jedoch fehlt den meisten die finanzielle Grundlage. Selbst wenn wir ihnen das Land erst nur verpachten, müssten sie doch die Überfahrt zahlen. Mit Erschrecken habe ich festgestellt, dass es scheinbar nur zwei Gruppen von Gläubigen gibt.« Er zog an seiner Pfeife, stopfte umständlich nach, während Margaretha den Stößel wieder und wieder in das Butterfass stieß und herauszog. Das rhythmische Klopfen hatte etwas Beruhigendes.
»Zwei Gruppen?«, fragte sie.
»Ja, entweder sind die Gläubigen wohlhabend, so wie der dänische Botschafter. Sie beschäftigen sich intensiv mit Glaubensfragen, lesen
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