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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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die Stirn, doch die Blutung schien gestillt.
    »Dafür kannst du doch nichts, Domkopp! Hast du dir den Arm selbst gebrochen? Nein, hast du nicht. Was ist überhaupt passiert?«
    »Moedertje, was ist mit Jan?«, fuhr Margaretha dazwischen und sank neben dem Jungen auf die Knie, griff nach seiner schlaffen Hand.
    »Er ist bewusstlos, hat wohl ein paar Schläge auf den Kopf bekommen. Ansonsten scheint er unverletzt. Er braucht Ruhe, Kind, also lass ihn. Du kannst mir hier helfen, wir müssen Dircks Arm richten und schienen.«
    »Jan wird nicht sterben?«
    »Doch, natürlich wird er sterben, wie wir alle. Aber heute Abend sicherlich nicht.« Gretje lachte verhalten. »Hilfst du mir nun?«
    Dirck kniff die Augen zu, als Gretje mit dem Messer den Ärmel der Jacke auftrennte.
    »Hast du schon Branntwein getrunken?«, fragte sie ihn.
    »Ein Pint.«
    »Trink noch eins.« Sie reichte ihm den Becher. »Trink, mein Sohn.«
    »Wir waren im ›Schiffchen‹, der Trinkstube am Niedertor. Ich hatte Vater gefragt, und er hat es erlaubt.« Dirck sah die Mutter entschuldigend an. »Wir wollten nach dem Schlachttag nur ein Bier trinken. Eigentlich wollte Abraham auch mitkommen, aber dann kamen Brüder der Gemeinde auf eine Pfeife und ein Glas Wein vorbei, und er blieb zuhause.« Dirck seufzte. »Ich bin trotzdem gegangen, habe mir nichts dabei gedacht. Wir waren zu viert oder fünft, vielleicht auch sechs. Alles Jungs aus der Gemeinde. Alle Familien hatten geschlachtet, und dementsprechend ermüdet waren wir, wollten nur einen Krug Bier trinken. Da waren aber diese anderen …« Er hielt die Luft an, biss sich auf die Lippe, als die Mutter den Mantel vom Arm zog.
    »Und was war dann?«, fragte Isaak ernst, der unbemerkt von allen den Raum betreten hatte.
    »Kommt«, sagte Hinrich Beuken und gab ihm ein Glas Branntwein. »Nehmt ein Becher und trinkt. Was heute passiert ist, ist nicht schön.«
    »Das stimmt, aber ich möchte wissen, was passiert ist.« Isaak legte kurz seine Hand auf die Schulter seiner Frau, strich über Margarethas Wange, setzte sich dann schnaufend an den Ofen und nahm den Becher mit Branntwein. »Wo ist Eva?«, fragte er angespannt, bevor er den Becher hob.
    »Sie schläft nebenan, Vater«, sagte Margaretha leise. »Ihr geht es gut.«
    »Schön. Nun zu dir, Dirck. Was war im ›Schiffchen‹?«
    »Wir haben uns dort getroffen. Wir alle waren müde und erschöpft. Schlachten ist anstrengend.« Er versuchte ein Lächeln, es gelang ihm nicht, seine Miene blieb schmerzverzerrt.
    »Wer ist ›wir‹?«
    »Jan Scheuten.« Dirck schaute auf den Boden neben ihm, wo der verletzte Jan lag. »Fridjoff ter Meer, Gottlieb von Beckerath und Johann op ter Hipt.«
    »Was habt ihr gemacht, um die Gemüter so zu erregen,Jong?« Isaak blieb ernst, nippte an dem Branntwein, stopfte umständlich seine Pfeife. Hinrich Beuken reichte ihm einen Kienspan, um den Tabak zu entzünden.
    »Nichts, Vater, glaub mir. Wir haben Bier getrunken. So ermattet, wie wir waren, war uns nicht nach Redenschwingen zumute.«
    »Driet. Irgendwie muss es ja zum Streit gekommen sein. Sag schon, wie es war.«
    »Nun, nun, Isaak. Langsam. Jetzt muss ich erstmal den Arm richten. Er ist gebrochen«, wandte Gretje ein. »Hilf mir. Zieh an der Hand.«
    »Frau, wenn du den Arm richtest, fällt der Junge womöglich in Ohnmacht. Ich will vorher wissen, was war. Also antworte, mein Sohn.« Isaak blieb ernst.
    »Es war nichts, wir haben das Bier getrunken und wenig geredet. Alle waren erschöpft vom Schlachten. Aber dann kamen die Männer und haben uns beschimpft. Wieso wir so matt wären und was uns ermattet hätte.« Dirck schluckte, holte Luft. »Wir sagten, dass wir vom Schlachten erledigt wären, und dann ging es los. ›Ihr habt Schweine zum Schlachten, und wir müssen Kaninchen im Forst fangen. Ihr Mennoniten nehmt uns die Butter vom Brot, den Wohnraum und die Arbeit …‹ Es ging immerzu so fort. Wir wollten gar nicht streiten und sind gegangen. Aber auch das …« Er hielt inne, stöhnte auf. »Auch das war nicht richtig. Wir hatten das Bier bezahlt, aber nicht ausgetrunken. Ich wollte keinen Streit, drängte die anderen zum Gehen. Wir ließen die Krüge halbvoll zurück. Das scheint die Männer mehr erzürnt zu haben als alles andere. Die Verschwendung, und das wir uns das leisten können.« Er schluchzte auf. »Dabei wollte ich einfach nur dem Streit entgehen. Wir trennten uns. Jan, Fridjoff und ich liefen in die eine Richtung, die anderen in die andere. Sie

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