Die Heilerin
mitnehmen.«
»Jetzt mal ehrlich, Margret. Magst du den Hund oder das Mädchen?«
Erstaunt sah Margaretha ihren Bruder an. »Beide. Warum?«
»Ich will keine faule Magd nur um eines Tieres willen, lieber kaufe ich dir den Welpen.«
»Nein, so ist das nicht. Rebecca ist nett, lieb und folgsam. Ich glaube aber, Jonkie hat mich verzaubert.« Beschämt senkte Margaretha den Kopf.
»Jonkie? Es ist ein Zwerg?« Er grinste verhalten. »Wenn dir der Hund etwas bedeutet, dann wird es deiner sein. Darauf kannst du dich verlassen. Egal, wie die Magd ist. Du musst es nur mit dem Kater klären, er hat einen Narren an dir gefressen.«
Als wolle der Kater die Worte bekräftigen, streckte er sich in Margarethas Schoß aus, streckte alle viere wohlig von sich und schnurrte laut.
»Ich auch an ihm«, sagte Margaretha und streichelte den Kater. »Das werden wir bestimmt hinbekommen.«
Die Haustür wurde aufgeschlossen. Isaak stapfte den Flur entlang, kam in die Küche. Er sah missmutig aus. Margaretha legte den Kater behutsam auf die Bank, füllte einen Becher mit Wein und reichte ihn Isaak. Schnaubend nahm er den Becher, setzte sich.
»Was ist passiert, Vater?«, fragte Abraham.
»Unruhen in der neuen Stadt. In einem der Häuser hat es gebrannt.«
»Schlimm?«
»Nein, das Feuer konnte rechtzeitig gelöscht werden, bevor es schweren Schaden anrichtete oder gar auf andere Häuser übergriff. Doch die Verhältnisse dort sind grauenvoll. Bruder Selbach und auch Bruder Scheuten wollen sich mit dem Magistrat zusammensetzen, es muss eine andere Lösung geben. So geht es nicht weiter.«
»Eine Lösung? Welcher Art?«
»Eine Stadterweiterung ist unumgänglich. Zehn weitere Familien wollen nach Krefeld ziehen. Sie kommen zum Teil aus Gladbach, zum Teil aus dem Bergischen, aus Radevormwald.«
»Zehn neue Familien? Wo sollen die hin?«
»Ja, minn Zoon, wohin? Die Frage stellen wir uns auch.« Isaak nippte an dem Wein, immer noch war sein Gesicht sorgenzerfurcht.
»Sind es Glaubensbrüder? Mennoniten?«
»Ja, der Großteil schon. Das macht sie für die Stadt so interessant. Die Abgaben, die die Gemeinde zu zahlen hat, füllt das Stadtsäckel.« Isaak seufzte. »Aber bis die Neuen sich eine Existenz aufgebaut haben, dauert es, und solange zahlen wir für sie mit.« Er nahm die Pfeife aus der Tasche, stopfte sie bedächtig. »Dem Magistrat ist das nur recht. Und die Bedingungen für die Menschen werden immer schlechter. Sie haben kaum ein Auskommen bisher und leben in unbarmherzigen Verhältnissen. Unglücksfälle sind eigentlich nicht zu vermeiden. Dass der Brand sich nicht ausgeweitet hat, ist der Umsicht der Hausbewohner zu danken. Es hätte viel schlimmer kommen können.«
»Du willst also nicht noch mehr Glaubensbrüder in der Stadt?« Abraham verschränkte die Arme vor der Brust.
»Hörst du mir eigentlich zu, Zoon?«, fauchte Isaak. »Ich habe nicht den Eindruck. Ich würde lieber jetzt als gleich die Stadttore für alle verfolgten und gläubigen Menschen öffnen. Aber das geht doch nicht auf Kosten der anderen. Nicht, wenn es Gefahr für uns alle bedeutet. Diese Stadt ist schon einmal niedergebrannt, ein zweites Mal muss das nicht sein.«
Abraham setzte gerade zu einer Erwiderung an, als Hermann und Dirck vom Hof in die Küche kamen. Sie brachten kalte Luft und Schnee mit.
»Gibt es hier etwas zu essen?«, fragte Hermann hungrig.
»Ja.« Margaretha trug auf.
Die Männer aßen schweigend. Margaretha hatte keinen Hunger. Zu aufregend war der Tag gewesen, zu viele Eindrücke beschäftigten sie. Immer wieder dachte sie an den berauschenden Ritt, an den großen Stall, die Gerüche, die Empfindungen.
»Wie war es bei Platens?«, fragte Isaak kauend.
Hermann wischte sich den Mund ab. »Ihre Lage ist schwierig. Es wird viel gestohlen. Sie müssen nachts Wachen aufstellen. Dafür haben sie eigentlich nicht genügend Leute, also fehlen ihnen Kräfte bei der Hofarbeit.«
»Der Winter fängt gerade erst an«, brummte Isaak. »Das kann ja was werden. Und das Mädchen?« Er hob den Kopf und sah seinen Sohn an.
»Rebecca. Sie ist knapp fünfzehn. Ein liebes und nettes Mädchen. Fleißig.«
»War Annemieke auch.« Isaak brach ein Stück Brot ab.
»Ja, das stimmt. Und Annemieke war zudem noch herzlich. Ich vermisse sie jetzt noch.« Hermann lehnte sich zurück.
»Annemieke ist schuld an dem Tod deiner Schwester, minn Zoon!« Isaak richtete sich auf, eine bedrohliche Falte zwischen seinen Augenbrauen war zu sehen.
»Sie war
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