Die Heilerin
die Küche.
Dort waren die Frauen emsig am Werk. Es wurde gekocht, gebraten, aufgewärmt und zubereitet. Gretje drückte Margaretha einen großen Krug Bier in die Hand und schob sie wieder in Richtung Versammlungsraum. Ergeben schenkteMargaretha das Bier aus, holte neues, brachte dann Speisen und Teller, Brot und Wein zu den Männern. Die Gespräche dort waren ernster Natur, während in der Küche viel gelacht und getratscht wurde. Irgendwann ging Margaretha in den Hof, der an die Stadtmauer angrenzte. Leichte Schneeflocken tanzten vom Himmel, leuchteten im Licht der Fackeln, die in Ständern ringsum standen. Zischend schmolz der Schnee im Feuer, die Flammen flackerten immer wieder unruhig auf. Margaretha fuhr sich müde mit dem Unterarm über die Stirn.
»Margret?«, sagte eine ihr bekannte Stimme belustigt hinter ihr.
Erschrocken fuhr sie herum, erkannte Stimme und Gestalt.
»Jan!« Margaretha errötete und drückte sich in den Schatten.
»Was macht du hier draußen, Meisje?« Er trat auf sie zu. »Du warst krank, habe ich gehört?«
»Nur ein wenig. Nichts Schlimmes.« Margaretha senkte den Kopf.
»Du warst nicht bei der Christmette. Ich habe mir Sorgen gemacht. Deine Brüder sagten, du wärst erkältet?«
»Ja.« Margaretha räusperte sich. »Aber jetzt geht es mir besser.«
»Und dann gehst du aus der Hitze da drinnen in die Kälte?«
»Jan, ich brauchte einfach ein wenig frische Luft. Mir geht es wirklich besser, sonst hätte mich meine Mutter erst gar nicht hierher kommen lassen.«
Er lachte leise. »Ja, das glaube ich.«
Sie standen nebeneinander. Noch immer fielen Schneeflocken, ihr Atem verdichtete sich zu kleinen Wölkchen vor ihren Gesichtern. Schüchtern sah Margaretha zu ihm. »Die Männer sind ernst.«
»Ja.« Jan schwieg für einen Moment und starrte in den Himmel. »Es ist eine schwierige Zeit.«
»Nicht alle sehen hier wohl ihre Zukunft in Krefeld.«
»Nein. Ich weiß nicht, ob sie nicht übertreiben. Wir sind alle Gottes Kinder und sollten Wege finden, miteinander auszukommen.«
Margaretha seufzte. »Ich wünsche es mir so sehr. Ich möchte hier nicht weg.«
»Ich auch nicht.« Jan lachte leise und nahm ihre Hand, drückte sie. »Herrje, ist deine Hand kalt. Die andere auch?« Er trat vor, griff nach ihren beiden Händen, hielt sie fest. »O ja, beide sind eisig.« Er zog sie zu seinem Gesicht, hauchte darauf, knetete Margarethas Finger sanft. Dann küsste er sanft die Fingerspitzen. »Du bist ein ganz besonderer Mensch, Margret. Ich hoffe sehr, dass deine Familie nicht die Stadt verlässt.«
Bevor Margaretha antworten konnte, öffnete sich die Küchentür. Gretje trat nach draußen. »Margret?« Sie klang energisch.
Jan ließ Margarethas Hände erschrocken los, wich etwas zurück, stieß sie sanft in Richtung Tür. »Nun geh schon«, wisperte er. »Mach deiner Mutter keinen Kummer. Wir werden uns sehen, versprochen.«
Verdattert stolperte Margaretha in Richtung Küchentür. »Hier bin ich, Mutter. Ich wollte nur kurz frische Luft schnappen.«
»Du wirst aber drinnen gebraucht«, sagte Gretje ungehalten, strich sich mit dem Handtuch über die Stirn und ging zurück in die Küche.
Margaretha drehte sich noch einmal zu Jan um. Er lehnte im flackernden Schein der Flammen an der Mauer und lächelte ihr zu. Sie lächelte zurück und folgte ihrer Mutter eilig in die Küche. An den Fingern meinte sie immer noch den Hauch seines Atems zu spüren.
Es war spät in der Nacht, als sie nach Hause gingen. Margaretha konnte sich kaum noch auf den Füßen halten. Sie war kaum zur Ruhe gekommen, und Zeit, um etwas zu essen, hatte sie auch nicht gehabt. Die Männer hatten zuerst gegessen, undals die Frauen sich endlich an den großen Gesindetisch in der Küche setzten, riefen die Männer nach weiteren Schoppen. Die Mädchen hatten nachzuschenken.
Während Margaretha das Gefühl hatte, im Stehen einschlafen zu können, hüpfte Rebecca fröhlich neben Dirck durch den Schnee. Die beiden unterhielten sich, lachten und schienen jede Menge Spaß zu haben.
Wo nimmt sie die Kraft her?, dachte Margaretha missmutig. Ob ich einfach noch von meiner Krankheit geschwächt bin? Doch als sie nachdachte, konnte sie sich nicht daran erinnern, Rebecca gesehen zu haben.
»Bist du gar nicht müde, Rebecca?«, fragte sie.
»Nun, doch. Aber es war ein lustiger Abend.« Das Mädchen stupste Dirck an. »Nicht wahr?«
»Ja, das ist wohl so.« Margarethas Bruder lachte sein tiefes und freundliches
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