Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)
das noch an!« Er wurde lauter. Er war wütend. Musste sie jetzt auch noch Salz in die Wunde streuen?
»Los! Stell endlich die Frage!«
»Ich habe keine.«
»Doch. Du willst wissen, wen ich heiraten werde.«
»Blödsinn!«
Agnes stand auf und stellte sich direkt neben Ludolf. »Erinnerst du dich noch an das, was ich vor langer Zeit versprochen habe?«
Er winkte ärgerlich ab. »Ist doch egal.«
»Dein Vater ist einverstanden.«
»Was hat mein Vater da...«
Verständnislos blickte Ludolf zu ihr auf. Sie biss sich auf die Lippen, sagte aber nichts. Jetzt drehte er sich zu seinem Vater. Der hielt sich mit der Hand den Mund zu und gab dabei komische, glucksende Geräusche von sich. Er schwankte auf seinem Stuhl hin und her, als hätte er einen Anfall. Und das Gesicht von Barthold von Ecksten war zu einer Grimasse verzogen. Er schüttelte den Kopf, während ihm die Tränen über die Wangen liefen.
Ludolf sprang so heftig auf, dass sein Stuhl polternd nach hinten flog und umfiel. Er verstand das ganze Theater nicht.
Agnes lächelte den völlig aus der Fassung geratenen jungen Mann schelmisch an. »Deine Eltern und meine Eltern sind sich schon längst einig. Ich habe mich erst heute endgültig entschieden.«
Ludolf hob ungläubig die Hände. »Wa... wa... warum hast du nichts gesagt?«
»Och.« Ihr Grinsen wurde immer breiter. »Als ich vorgestern deinen treuen Hundeblick sah, wusste ich sofort, dass du mich immer noch liebst. Aber ich war mir nicht sicher, ob du meine Liebe auch verdienst.«
Plötzlich lachte Ludolfs Vater los. Vor Vergnügen trommelte er mit der Faust auf den Tisch. Auch Onkel Barthold wieherte vor Vergnügen. Die beiden kriegten sich vor Lachen kaum ein. Johlend zeigten sie auf den überrumpelten Jüngling.
»Herrlich!«, rief Johannes vom Domhof. »Agnes, du hast das gut gemacht. Das konnte Ludolf gut gebrauchen. Du gefällst mir immer besser.« Und wieder quietschte er vor Freude.
Ludolf stand da wie ein begossener Pudel und merkte erst langsam, welch ein Spiel mit ihm getrieben worden war. »Vater, danke für deine Unterstützung. Warum hast du nichts gesagt?«
»Wozu? Du selbst hast mir doch erklärt, dass du nur Agnes heiraten willst. Ich habe also in deinem Sinne gehandelt. Dass du nicht mehr daran geglaubt hast, ist deine eigene Schuld.«
»Komm endlich her!«, befahl Agnes und fiel ihrem geliebten Ludolf um den Hals.
Endlich umarmten sie sich, endlich fanden sich ihre Lippen zu dem lang ersehnten Kuss. Ludolf schleuderte seine Braut übermütig durch den Raum, während sie sich an seinem Hals festklammerte und ihn nie wieder loslassen wollte. Er konnte kaum fassen, dass der so innig erhoffte Traum jetzt Wirklichkeit wurde.
»Das werde ich dir noch heimzahlen«, drohte er lachend.
»Das schaffst du doch sowieso nicht!«, konterte Agnes spitzbübisch. »Du bist doch viel zu dämlich. Das haben wir heute deutlich gesehen.«
Als Antwort kniff er ihr herzhaft in den Allerwertesten. Dafür musste er einen schmerzhaften Biss ins Ohrläppchen ertragen.
Johannes vom Domhof und Barthold von Ecksten verließen lachend den Raum. Sie wollten die beiden nicht stören, damit sie ihre Liebesbeteuerungen endlos wiederholen konnten.
Vorbereitungen
Ludolf konnte es noch immer nicht fassen. Es war wie ein wunderbarer Traum. Er hatte sich schon mehrfach gekniffen, um sicher zu sein, nicht zu schlafen. Kann man träumen, dass man nicht träumt? Woran erkenne ich, dass der Schmerz real ist, und woran, dass er nur Einbildung ist?
Agnes hatte endlich Ja gesagt! Nach zwei langen Jahren hatte sie sich schließlich entschlossen, ihr Gelübde zurückzunehmen. Das wunderbarste Geschöpf, das man sich vorstellen konnte, würde bald seine Frau sein. Die süßeste Hexe, das anmutigste Biest durfte er bald nach Hause führen.
Die beiden hatten noch lange zusammengesessen und sich immer wieder ihre Liebe bestätigt. Sie hatten kaum ihre Hände voneinander lassen können, der eine wollte den anderen nie wieder allein lassen. Aber schließlich war Ludolfs Vater gekommen und hatte zum Aufbruch gedrängt. Nur widerwillig hatten sie sich trennen können. Aber zum Glück lag noch ein ganzes Leben vor ihnen. Wenn sie schon zwei Jahre gebraucht hatten, um sich zu einigen, sollten die wenigen Wochen bis zur Hochzeit auch noch auszuhalten sein.
Unterwegs hatte der Vater seinen Sohn ermahnt: »Du weißt doch, was sich gehört? Unsere Familien haben einen hohen Anspruch an Sitte und Anstand, und ich habe zu viel
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