Die Heimkehr Der Tochter
ersten Berührung wäre sie weinend zusammengebrochen.
17. KAPITEL
Die Neuigkeiten über Lilys Vergewaltigung und Maggies zweifelhafte Abstammung verbreiteten sich wie ein Lauffeuer in Ruby Falls.
Maggie war klar gewesen, dass die Geschichte nicht innerhalb der Familie bleiben konnte. Zweifellos hatte Martin dafür gesorgt und sie mit großem Vergnügen weitererzählt. Wobei er natürlich keinerlei Rücksicht auf seine Schwiegermutter nahm, die er damit weiter kränkte und demütigte.
Wohin Maggie ging, ob durch die Fabrik oder durch die Stadt, überall wurde sie von den Leuten schief angesehen. Einige wirkten mitfühlend, andere, weniger mitleidige Seelen, benahmen sich, als wäre sie wie ein Ungeziefer unter einem Stein hervorgekrochen, und vermieden jeden Blickkontakt. Wieder andere, wie Pauline Babcock und ihre Kohorte, behandelten sie von oben herab mit einer Haltung, die besagte: „Ich wusste ja immer, dass du eine schlechte Brut bist."
Die Wochen bis zum Ergebnis des DNA-Tests waren unangenehm und voller Anspannung für alle Beteiligten. Maggie hatte immer geglaubt, die Zeit vor sieben Jahren, nach dem Hinauswurf durch ihren Vater, sei die schlimmste ihres Lebens gewesen, aber da hatte sie sich geirrt. Im Moment kam sie sich vor wie ein Erdbebenopfer, dessen Welt in Schutt und Asche versunken war. Traumatisiert durchlebte sie jeden Tag wie benommen, erledigte alles Notwendige wie ein Roboter und funktionierte irgendwie.
Durch Dans Verrat bis ins Mark getroffen, ständig gequält von der Frage, wer sie wirklich war und welcher Platz ihr in der Familie und im Unternehmen rechtmäßig zustand, zog sie sich von allen zurück.
Obwohl sie wieder in das große Haus ihrer Eltern umgezogen war, igelte sie sich die wenige Zeit, die sie dort verbrachte, in ihrem Zimmer ein. Ihre Mutter und Nan protestierten dagegen und flehten sie an, wieder zu ihnen zu kommen, doch sie weigerte sich, an den gemeinsamen Mahlzeiten mit der Familie teilzunehmen. Wenn sie überhaupt daheim aß, dann in der Küche bei Ida Lou. Meistens nahm sie sich jedoch irgendetwas an einem Fastfood-Imbiss mit und aß während der Arbeit an ihrem Schreibtisch.
Die Arbeit wurde ihre Zuflucht. Sie kam vor dem Morgengrauen in die Firma und blieb bis tief in die Nacht, wenn ihre Familie und der gesamte Haushalt längst im Bett waren.
Jacob und Dan ging sie so weit wie möglich aus dem Weg. Dan seinerseits hielt sich strikt an ihre Bedingungen und nahm nur beruflich Kontakt zu ihr auf. Dabei sah er sie jedoch lange und intensiv an, als versuche er, mit Blicken zu kommunizieren, doch sie ignorierte das.
Manchmal, wenn sie noch spät in ihrem Büro saß, entdeckte sie ihn unten in der Fabrik. Er schien seine Rolle als Beschützer jedoch aufgegeben zu haben, wofür sie dankbar war. Es tat weh, auch nur in seiner Nähe zu sein. Wenn sie ihn durch die Firma oder die Plantage gehen sah, fürchtete sie jedes Mal, ihr bräche das Herz.
Sie erwog sogar, ihm zu untersagen, abends in die Fabrik zu kommen. Aber sie brauchte ihn, um die Maschinen am Laufen zu halten. Außerdem wollte sie ihm nicht verraten, wie sehr seine Nähe sie belastete.
Zwischen dem Erntedankfest und Weihnachten musste Maggie noch zwei Fototermine wahrnehmen, und jedes Mal war sie versucht, in New York zu bleiben und nie mehr nach Ruby Falls zurückzukehren. Zieh einen Schlussstrich, sagte sie sich dann, löse dich von deiner Familie, von der Firma und von Dan.
Doch da war immer noch die wenn auch geringe, aber verlockende Möglichkeit, dass sie vielleicht doch eine Malone war.
Sie dachte häufig an ihre Kindheit. Wie oft hatte sie sich einsam und isoliert von der Familie gefühlt und sich gefragt, warum sie nicht so zart und niedlich geworden war wie ihre Schwestern. Wenn sie sich diese äußerlichen Unterschiede deutlich machte, sank ihre Hoffnung, vielleicht doch Jacobs Tochter zu sein. Trotzdem, ehe sie es nicht genau wusste, konnte sie die Malones nicht verlassen.
Am Weihnachtsmorgen hatte sich bereits die ganze Familie im Wohnzimmer versammelt, als Maggie die Treppe herunterkam. Da sie an der Tür vorbeiging, eilte ihre Mutter in den Flur und hielt sie auf. „Maggie, Liebes, wohin gehst du? Du willst doch heute sicher nicht arbeiten. Es ist Weihnachten."
„Doch, genau das habe ich vor."
„Aber die Familie öffnet am Weihnachtsmorgen immer zusammen die Geschenke. Willst du nicht zu uns kommen?"
Maggie blickte ins Zimmer, wo sich die anderen um den Weihnachtsbaum versammelt
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