Die Heimkehr des Highlanders
getrieben, seufzte Joan. Sie versuchte so schonend wie möglich, Màiri beizubringen, was auf Schottland zukam, erzählte vom Krieg, der Brandschatzung und der Vertreibung aus den Highlands.
Ganz bleich war Màiri geworden, und als Joan geendet hatte, fragte sie mit dünner Stimme: »Wir werden also alle sterben oder fliehen müssen? Fort von Glenbharr Castle, von den Wäldern unserer Väter und von den Bergen?«
»Genau so wird es kommen. Es tut mir leid, aber du wolltest es ja unbedingt wissen.«
Màiri schluckte, ihre Arbeit, die sie so liebte, schien sie völlig vergessen zu haben. »Und genau in diese Zeit der Verwüstungen ist Ewan versehentlich geraten?«
»Ja, er stand vor den rauchenden Trümmern von Glenbharr Castle … und Barwick Castle«, gab Joan unumwunden zurück, dabei missachtete sie den erschrockenen Aufschrei, den ihre Schwägerin ausstieß. »Sein Schock war groß, aber vielleicht wird er dir eines Tages selbst seine Eindrücke schildern.« Mit Bedauern dachte Joan daran, wie sehr Ewan der Gedanke quälte, was aus seinem Volk werden würde und er tatenlos zusehen musste. Dann setzte sie ein ermutigendes Lächeln auf: »Es dauert noch 13 Jahre, bis Charles Stuart aus Frankreich gesegelt kommt, um diesen Aufstand anzuzetteln.«
»Dreizehn Jahre vergehen schnell«, meldete sich Marion mit ernster Miene. »Bis dahin sind eure Söhne junge Männer … und Ewan und Mìcheal im besten Mannesalter …«
Bedrückt schwiegen die beiden anderen Frauen, denn sie wussten sehr wohl, was Marion mit ihren Worten andeuten wollte.
Zögernd nahm Joan ihre Webarbeit wieder auf und Màiri tat es ihr gleich. Beide versuchten, die Gedanken zu verdrängen, dass in nicht allzu naher Zukunft ihre Männer und Söhne in den Kampf ziehen würden – in einen Kampf, dessen Ausgang ihnen bereits bekannt war.
Unvermittelt erhob Màiri erneut das Wort. »Sèonag, woher willst du wissen, ob sich unser Clan an diesem Aufstand beteiligen wird?« In ihren Augen flackerte Hoffnung auf. »Du erwähntest, dass viele Clans die Teilnahme verweigern werden – warum also nicht auch die MacLaughlins.«
»Weil Vater sich niemals auf die Seite der Engländer schlagen würde, damit man uns schont. Du kennst ihn, es zuckt ihn in den Fingern, endlich zum Breitschwert greifen zu können, um seinen Feinden den Garaus zu machen. Außerdem wurde Ewan gefangen genommen, weil er den englischen Soldaten seinen wahren Namen nannte und diese ihm erklärten, dass die MacLaughlins an der Schlacht von Culloden teilgenommen hatten und deshalb wegen Hochverrats festgenommen wurde. Ein Zeichen dafür ist auch … dass Glenbharr Castle vernichtet wird. Clanführer und deren Familien, die sich aus dem Kriegsgeschehen halten, werden nichts von den Engländern befürchten müssen.«
Das leuchtete Màiri ein, noch tausend Fragen schwirrten ihr durch den Kopf. Es musste doch eine Möglichkeit geben, den Clan und den Stammsitz ihrer Vorväter vor den Sasannach zu retten!
Ähnliche Gedanken machte sich Ewan; er sah die Welt – seine Welt und die des Clans – mit anderen Augen als vor der Zeitreise. Glück war vergänglich, und dass das ausgeklügelte System der schottischen Clans auf tönernen Füßen stand, war eine Tatsache, vor der er als Sohn eines Laird nicht die Augen verschließen konnte.
Sicher, bis zum Aufstand würden noch viele Jahre vergehen, aber der Tag würde unweigerlich kommen. Und Ewan wusste, dass sein Vater – sollte dieser noch am Leben sein – Bonnie Prince Charles, wie man den Sohn James Stuart nennen würde, mit offenen Armen und voller Begeisterung empfangen würde.
Doch was würde er selbst tun, falls er dann das Oberhaupt des MacLaughlin Clans wäre? Zweifellos waren bis dahin seine Männer von Hass gegen die Engländer zerfressen und würden keinerlei Verständnis zeigen, wenn ihr Laird die Teilnahme am Kampf verweigerte. Er konnte ja schlecht mit der Wahrheit herausrücken, und selbst wenn er verriet, was er wusste, würde man ihm nicht glauben und ihn als einen Angsthasen abstempeln.
Und er kannte die Zukunft, er wusste, wie alles verlaufen würde. Sein ganzes Sinnen war darauf gerichtet, die Frauen und Kinder in Sicherheit zu bringen
Ewan stand mit seinem Pferd auf dem Hügel, der ins Glen Dillon führte, die beiden Clansmänner, die ihn begleiteten, erkundeten die nähere Umgebung nach englischen Patrouillen.
Der Schnee war geschmolzen, dafür regnete es seit Tagen ununterbrochen, die kleine Ansiedlung war durch den
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