Die Heimkehr des Highlanders
Bäckerei betrieben. Außer Joan und ihrer Familie waren dies Robins einzige Freunde, und er war damit zufrieden.
In seinem früheren Leben hatte er als Millionärssohn keine Bescheidenheit gekannt. Schon in jungen Jahren war er dieses Lebens überdrüssig und als er bei einer Jagd auf der Suche nach einem Hirsch in eine Höhle geriet, die ihn ungewollt ins achtzehnte Jahrhundert brachte, war sein Schicksal besiegelt. Noch einmal kehrte er ins Jahr 1976 zurück, verkaufte Hab und Gut und ging für immer in die Zeit zurück, die ihn Demut und Dank für jeden Tag lehrte.
Seit diesem Entschluss hatte es keinen Tag in Robins Leben gegeben, an dem er sich gelangweilt hätte, er hatte sich aus Felssteinen eine winterfeste Kate gebaut, die sich weitab jeglicher Zivilisation in den Bergen befand. Er ernährte sich von eigenhändig erlegtem Wild und Fischen, die es zuhauf in einem Bergsee gab; den See hatte Robin zufällig bei einem Streifzug durch das Gebiet entdeckt. Außerdem waren die Wälder voller Beeren, und im Herbst sprossen die köstlichsten Pilze aus dem feuchten Waldboden.
Schnell hatte Robin festgestellt, wie wenig der Mensch zum Leben brauchte und dass die Natur alles dafür bot. Seinem früheren Leben in der Luxusvilla, mit den vier Limousinen, den Parties und den Reisen rund um den Globus, weinte Robin keine Träne nach – er hatte in der Bescheidenheit des achtzehnten Jahrhunderts seinen Platz gefunden.
Nur selten verließ er die selbst gewählte Einöde für länger als ein paar Stunden, und dann auch nur, wenn er Joan oder seine Freunde in Baile a’Coille besuchen wollte. Darauf freute er sich immer ganz besonders, auch wenn der Ritt dorthin fast einen ganzen Tag einnahm.
Drei Tage waren seit Ewans Ritt nach Barwick Castle vergangen, als Joan des Nachts – nachdem sie Donny stundenlang durch das Zimmer geschleppt hatte – in einen unruhigen Schlaf fiel. Im Traum sah sie dichten Nebel vor ihren Augen wabern, und dann erklang eine Stimme, die ihr wohlbekannt war: Das leise Wimmern einer Frau erklang, ein Wehklagen, das einem das Herz brach.
Schweißgebadet erwachte Joan. Ihr Atem ging stoßweise, sie richtete sich auf und blickte sich gehetzt um. Doch da war nichts. Keine Geräusche außer Donnys Atem und das verhaltene Zischen des verlöschenden Kaminfeuers störten die nächtliche Stille.
Zitternd sank sie zurück ins Kissen, doch der Traum, der ihre Glieder willenlos gemacht und ihren Puls erhöht hatte, ließ sie nicht mehr los. Die gleichen Träume hatte sie durchlitten, als sie noch die karrierebewusste Medienassistentin Joan Harris im piekfeinen London des Jahres 2005 gewesen war.
Es war dieselbe Stimme gewesen, die Joan Nacht für Nacht heimsuchte – eine Frau wimmerte und wehklagte, bis Joan es nicht mehr aushielt und dem Traum nachging, der sie schließlich in die schottischen Highlands geführt hatte.
Die Stimme hatte ihrer Urahnin Ceana Matheson gehört. Sie hatte gefleht, ihre Gebeine aus dem jämmerlichen Erdloch, das ihr Grab und für Joan ein Zeittunnel geworden war, in geweihter Erde beizusetzen. Entgegen Laird Dòmhnalls Beschuldigung hatte sie keiner Menschenseele etwas zuleide getan, sie hatte immer nur helfen wollen.
Nachdem Joan in Begleitung von Ewan und Màiri Ceanas Überreste auf dem Bergfriedhof St. Cait begraben hatte, hörten die Träume auf, denn Ceanas Seele hatte den ewigen Frieden gefunden.
Ganz allmählich normalisierte sich jetzt Joans Atem wieder. Vermutlich waren Donnys nächtliche Koliken daran schuld, dass an einen gesunden Tiefschlaf nicht mehr zu denken war.
Sehnsüchtig tastete Joans Hand nach dem kalten, unbenutzten Kopfkissen neben sich … es wurde Zeit, dass Ewan heimkam.
Tief sog Robin die klare Bergluft ein, nachdem er seine Kate verschlossen und sein Pferd aus dem angrenzenden Schuppen geholt hatte. Er ließ sich Zeit mit seinem Ritt, wie er es immer tat. Niemand hetzte ihn, eine Uhr besaß er nicht mehr.
Kurz vor Mittag brach die Sonne durch die Wolkendecke, ihre Strahlen stahlen sich durch die blattlosen Äste der Eichen.
Robin erreichte Barwick, das Gebiet der MacGannors. An einer Quelle machte er Rast und ließ sein Pferd trinken. Er gönnte sich und dem Tier nur eine kurze Pause. Inzwischen hatte die Sonne sich wieder verkrochen und die dunklen Wolken verhießen einen kräftigen Regenschauer.
Stimmen in der Ferne ließen Robin plötzlich aufhorchen, es klang nach einem Paar, das sich in der Nähe des Waldweges heftig stritt. Unter
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