Die heimliche Braut
lächelte Nicholas huldvoll und fragte unaufgeregt: “Kann ich etwas für Euch tun, Mylord?”
“Es geht nicht darum, was Ihr für mich tun könnt!”, entgegnete der großspurige Schotte. “Sondern um das, was ich für Euch tun kann! Ich bringe Euch die vollkommene Braut.” Ein zufriedenes und strahlendes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. “Meine Nichte Riona nämlich! Ein vortreffliches Mädchen! Wenn’s ums Heiraten geht, kann einem Mann nichts Besseres widerfahren. Ein süßes Ding ist sie, die Freude meines Daseins, seit ich sie zu mir nahm, als sie zwei Jahre alt war, nachdem ihre seligen Eltern starben. Außerdem leitet sie seit dem zwölften Lebensjahr meinen Haushalt”, fuhr er fort, ehe Nichols oder Robert auch nur ein Wort äußern konnten. “Das Gesinde befolgt ihre Anweisungen ohne Widerrede und mag sie, obgleich sie ein strenges Regime führt. Ich wette, es gibt nicht allzu viele normannische Ladys, die bei der Dienerschaft so beliebt sind wie meine Riona!
Und blitzgescheit ist sie obendrein! Führt über alles penibel Buch und weiß über jeden ausgegebenen Penny Bescheid. Sie hat mir auch so mancherlei Münze eingebracht, das lasst Euch sagen – wenngleich das für Euch wohl Kinkerlitzchen wären, denn ich weiß, Eure Schatulle ist voll. Sei’s drum, kein Mann wünscht sich ein verschwenderisches Weib! Gewiss, eine große Mitgift kann sie nicht bieten, aber was ficht das einen Mann von Eurem Vermögen schon an? Was bedeuten schon ein paar Silberlinge im Geldbeutel, wenn Euch das Eheweib das Leben zur Hölle macht? Riona würde das niemals tun! Sie wird eine Braut sein, auf die ein jeder Mann stolz wäre. Ich würde sie übrigens auch nicht jedem Hergelaufenen anbieten!”
Mit diesen Worten verschränkte er die Arme über der Brust und strahlte abermals, als hätte er soeben den Burgherrn vor einem Schicksal bewahrt, das schlimmer war als der Tod.
Jammerschade! Fergus Mac Gordons Nichte mochte die schönste aller Frauen sein. Wenn sie arm war, bestand für sie keine Aussicht, Nicholas’ Braut zu werden. Die leiblichen oder charakterlichen Vorzüge seiner Zukünftigen waren ihm erheblich weniger wichtig als die Mitgift, die sie in die Ehe einbringen würde.
Wie dem auch sein mochte: Vermutlich hatte der Graubart wie alle Schotten seinen Stolz und würde es möglicherweise als Beleidigung auffassen, falls Nicholas sich von vornherein weigerte, seine Nichte in Betracht zu ziehen. Es empfahl sich daher, ihr nicht allzu übereilt einen Korb zu geben.
“Habt Dank, dass Ihr Eure Nichte nach Dunkeathe geführt habt”, bekundete er also höflich. “Ich bin überzeugt, dass sie eine vorzügliche junge Dame ist. Seid versichert, ich werde die Qualitäten sämtlicher Ladys berücksichtigen, bevor ich meine Wahl treffe. Wenn Ihr mich nun entschuldigen wollt – mein Burgverwalter und ich haben noch einiges zu besprechen.”
“Aber selbstverständlich!”, dröhnte der Schotte. Zu Nicholas’ Verblüffung wirkte er nicht eine Spur verärgert über diese förmliche Entlassung und zog sich im Rückwärtsgang zur Tür zurück. “Ihr seid bestimmt ein viel beschäftigter Mensch, zumal Ihr Euch um diesen Riesenkoloss von Burg zu kümmern habt. Und auch noch so viele Soldaten! Ein ganzes Heer, fürwahr! Freilich, wer würde es schon wagen, Euch hier anzugreifen? Der müsste ja des Wahnsinns sein!”
Schon war er fort – ebenso plötzlich, wie er aufgetaucht war. Es war wie die Stille nach einem Wirbelsturm. Oder vor einem Gewitter.
“Mylord, ich bitte um Vergebung”, sagte der Burgverwalter, sichtlich entsetzt über den Vorfall. “Ich ahnte nicht ansatzweise, dass er Derartiges im Sinne hatte!”
Als er das schamrote, empörte Gesicht seines Burgvogts sah, musste Nicholas sich abwenden und aus dem Fenster sehen, denn er verspürte plötzlich den Drang, laut zu lachen, was bei ihm ungewöhnlich war. Dabei bemerkte er, dass die Magd unverändert neben dem Fuhrwerk ausharrte. “Ich nehme an, er ist nicht auf deine höchstpersönliche Einladung hin hereingeplatzt?”
“Aber nicht doch, Mylord!”
“Dann kannst du nichts dafür.”
“Ich werde ihn unverzüglich in Kenntnis setzen, dass er hier nicht verweilen kann, Mylord.”
“Ich sagte nicht, dass er abreisen muss. Immerhin ist er der einzige schottische Edelmann, der sich herbemüht hat. Ich hielte es für unklug, ihn mit irgendetwas zur vorzeitigen Abreise zu bewegen, solange ich nicht meine endgültige Wahl getroffen
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