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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalma Heyn
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Aber dann fragte ich mich: »Was nun? Welchen Platz hat meine Ehe in meinem Leben, und welchen Stellenwert hat meine Affäre in meinem Leben ?« Sobald ich mir klar darüber geworden war, wie ich es haben wollte, setzte ich mich mit der Frage auseinander, ob ich es ihm sagen sollte.
    Die sechsundvierzigjährige Caroline:
    Ich beschloß, es ihm nicht zu sagen. Nicht nur aus Rücksicht auf ihn, sondern auch auf mich selbst. Ich war zwar faktisch bereit, mein Verhältnis zu beenden, aber trotzdem erschien mir das nicht als ausreichender Grund, um hinzugehen und meinem Mann davon zu erzählen. Falls das Geheimnis an mir nagte, wie die Leute oft meinen, so war das ein Problem, das ich lösen mußte, nicht mein Mann. Denn es war ausgeschlossen , daß uns dieses Geheimnis einander näherbringen würde, ausgeschlossen. Die siebenundzwanzigjährige Elizabeth:
    Ich war der Meinung, ich sollte mich so verhalten, wie es am besten für mich ist. Ich hatte den Schritt getan [die Affäre zu beenden], und ich würde auch weiterhin die Initiative behalten. Ich denke, die Versuchung, sich zu offenbaren, hat etwas damit zu tun, daß man Trost braucht — man gibt diese unglaubliche Geschichte auf, um seine Ehe zu retten — , aber das ist verrückt. Ich habe immer noch nicht vor, es ihm zu sagen, und ich bezweifle, ob ich mich anders besinnen werde.
    Aufgrund ihres Respekts für Offenheit als Maßstab einer guten Beziehung und auch aufgrund des Wertes, den sie auf Vertrauen legten, setzten sich die Frauen intensiv mit der Frage auseinander, ob sie ein Geständnis machen sollten. In der Regel wollten sie »wahrhaftig«, »rücksichtsvoll« und »offen« sein. Manche berichteten, wie groß die Versuchung für sie war, sich alles von der Seele zu reden, und welch unterschiedliche Rechtfertigungen sie dafür in ihrer Phantasie fanden:
    Es klingt verrückt, aber in gewisser Weise wäre er der erste gewesen, der mich dazu beglückwünscht hätte. Daß ich etwas für mich getan habe, das niemand anderer billigen würde, hätte Joe gefallen. Theoretisch. Dieser Aspekt wäre ihm zumindest sympathisch gewesen, und ich war traurig, daß er, der mich in meinem Autonomiestreben wirklich unterstützt, nicht an meinem, nun ja, »Sieg« teilhaben konnte. Ich fand es allerdings furchtbar, ihn auf seine Kosten errungen zu haben. Ich wollte gern, daß irgend jemand deshalb stolz auf mich ist. Und ich denke tatsächlich, daß Tom es gewesen wäre. Aber ich brachte es einfach nicht über mich. Ich konnte es nicht.
    Letzten Endes erschien es mir nicht als etwas so Besonderes. Ich hatte mit Lou geschlafen, bevor ich geheiratet hatte, und ich schlief wieder mit ihm, ohne daß mein Mann es wußte. Ich denke, wenn mein Mann mißtrauisch gewesen wäre und mich rundheraus gefragt hätte, dann hätte ich ihn nicht angelogen. Das würde ich nicht tun, denn das hieße, ihn verrückt zu machen. Ich habe jedoch die Phantasie, daß er verstehen würde, wenn ich es ihm sagte, so wie ich die Phantasie habe, daß ich es verstehen würde, wenn er mit einer alten Freundin ins Bett ginge. Das mag natürlich naiv sein. Ich betrachte das, was ich getan habe, als keinen gravierenden Verstoß — wie einen Abend in der Oper mit einem alten Freund — , aber ich bin nicht absolut sicher, ob er es auch so sieht.
    Connie rang ein Jahr um ihre Entscheidung, hin- und hergerissen zwischen widersprüchlichen Impulsen. Einerseits hatte Martin zu ihr gesagt, es »würde ihm nichts ausmachen«, wenn sie ein Verhältnis hätte; damit hatte er ihr »die Erlaubnis dazu gegeben«. Dieser Logik zufolge sagte sie sich: »Was könnte er sagen? Er hätte kein Recht, wütend zu sein, da er mich dazu ermuntert hat .« Aber sie glaubte ihm nicht wirklich. Was sie drängte, es ihm zu sagen, mehr noch als die zweifelhafte Erlaubnis ihres Mannes, war ihr enormes Verlangen, nicht mehr »alles vertuschen zu müssen, was meine wahre Identität betrifft«. Im tiefsten Grunde hatte sie es satt, sich zu verstellen, satt, zu schweigen; sie wünschte sich,
    es einfach loszuwerden, verdammt noch mal. Solange ich mich zurückerinnern kann, habe ich diesen Druck verspürt, den Mund zu halten. Über alles — meine Gefühle, was ich dachte, was ich glaubte — , und natürlich mußte ich alles geheimhalten, was mit meiner Sexualität zu tun hatte. Als Teenager sagte ich mir einfach, zum Teufel damit, und meine Freundinnen und ich redeten über alles. Wir behielten nichts für uns, weder in bezug auf Sex noch auf

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