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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalma Heyn
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Erfahrungen einer Frau, Erfahrungen, die sie nie gemacht hatten, die sie sich nicht einmal vorstellen konnten — während Hester die Möglichkeit eines »beiderseitigen Glückes« zwischen Männern und Frauen vor Augen hatte, für das sie blind waren.
    Es war ihre Sexualität, die Hester Prynne zu der einzigen Frau unter all diesem »Weibervolk« machte; ihre Leidenschaft, die sie aus dem eisernen Gehäuse ausbrechen ließ; beide Eigenschaften zusammen, die sie so sündig, aber auch so imponierend machten — »so stark... mit der Stärke einer Frau«. Genau dies, ihre Sexualität und ihre Leidenschaftlichkeit, war es, was Hester »soviel Kraft zu handeln und Kraft, mitzufühlen,« verlieh, daß »viele sagten, der Buchstabe A bedeute nicht Adultery [Ehebruch], sondern Able [fähig]«.

Zweiter Teil

6. »Einkaufen war meine Ersatzbefriedigung«

    Paula ist deprimiert, sowohl weil ihre Tochter Melissa fern von zu Hause ihr Studium aufgenommen hat, als auch weil ihre Friseuse ihre Haare erbsengrün gefärbt hat. Paula erinnert sich dieser zwei niederschmetternden Fakten in der Designer-Abteilung von Bergdorf Goodman’s in New York. Sie weiß nicht mehr, wie sie dahingekommen ist, und auch nicht, warum.
    Eine senffarben und schwarz gestreifte Gaultier-Jacke zum Sonderpreis von $ 779,- bringt es ihr mit diesen Wellen pulsierender Energie, die ihren Körper zum ersten Mal seit Wochen wieder durchströmen, in Erinnerung. Rote Velourslederschuhe von Joan & David zerstreuen ihre Depression; und verschiedene kleine Romeo-Gigli-Wickelblusen und — Röcke überzeugen sie, daß sie mit Melissas Fortgang fertig werden kann. Eine Mutter-Tochter-Beziehung wie die ihre wird doch wohl den Ausbildungserfordernissen standhalten können! Wenn sie recht überlegt, wird es ihr guttun, ohne die ständige Beschäftigung mit ihrer Tochter und ohne deren Anwesenheit zurechtkommen zu müssen; sie wird eine Menge arbeiten können und mehr Zeit für ihre Freundinnen haben. Doch da kriecht wieder eine Spur von Angst in ihr hoch.
    Als sie sich aber mit den Augen eines Kindes, das gerade seine Weihnachtsgeschenke entdeckt, in der mit neuer Ware aufgefüllten Designer-Abteilung umsieht, löst sich ihre Angst, und sie fühlt sich wieder glücklich. In diesem Herbst hinreißend auszusehen, von diesem Augenblick an ein reiches, erfülltes Leben zu führen — das erscheint Paula plötzlich so klar und leuchtend wie die Farben der vier wunderschönen Vittadini-Pullover, so sicher wie die fabelhafte Schlichtheit von drei Calvin-Klein-Röcken und — Jacken; so unvermeidlich wie das kleine Schwarze und die Perlenkette von Chanel — das alles wird aus verschiedenen Stockwerken für sie eingepackt.
    Auf der Rolltreppe abwärts fahrend, fühlt sie sich physisch und psychisch erhitzt, in höchster Erregung. Sie weiß, sie müßte den Laden jetzt sofort verlassen. Sie springt auf die nächste Rolltreppe; an der Donna-Karan-Boutique ertappt sie sich, wie sie mit ihrer Kreditkarte Bodystockings aus Cashmere mit hinreißenden Sarong-Röcken aus dem gleichen Material erwirbt. Bilder, wie sie ins Gefängnis wandert, erfüllen ihre rechte Gehirnhälfte; Visionen, die sie in dem mit Münzen verzierten Rock von Karan zeigen, erfüllen die linke. Alles, erkennt sie plötzlich triumphierend und vollends kopflos, läßt sich so gut einpacken.
    Erschöpft, aber immer noch fiebernd, setzt sie ihre Fahrt mit der Rolltreppe fort, die erbsenfarbene Frisur etwas platt und verrutscht auf dem Kopf wie eine Baskenmütze, weil sie sich so viele Oberteile über den Kopf gezogen hat. In der Kosmetik-Abteilung trägt sie etwas Rouge auf und ersteht innerhalb von drei Minuten ein ganz neues Haarpflegeprogramm und vier Lippenstifte — einen für die Sachen von Romeo Gigli, ziemlich fad und farblos, zwei Rottöne für die cremefarbenen Cashmeres und einen Glanzstift, der über alles paßt.
    Kurz vor dem Ausgang landet noch der horrende Preis für eine Handtasche aus falschem Krokodilleder samt dazu passendem Gürtel auf ihrer Kreditkarte. Nur wenige Schritte von der Tür entfernt lächelt sie den Taschenverkäuferinnen matt zu. Ein letztes Mal tief nach Luft schnappend, ergreift sie doch noch eine riesige graue Tasche, groß, formlos und absurd teuer, aber auch als Rucksack verwendbar, und veranlaßt, sie ihr nach Hause zu schicken.
    Die Rechnung für diesen Tag in Höhe von $ 8096 läßt Paula die ganze Nacht nicht schlafen und versetzt sie in einen Zustand, der ihre

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