Die heimliche Lust
>darin< ?«
»In einer Liebesbeziehung.«
Wir lachen beide. Ich schiebe die naheliegende Frage nach:
»Ist denn die Ehe keine Liebesbeziehung ?«
»Nun ja, ist sie schon, natürlich .«
»Warum empfinden Sie dann nur das eine als eine Liebesbeziehung; warum haben Sie es so formuliert ?«
»Weil ich die Ehe irgendwie als Einbahnstraße empfinde. Wahrscheinlich empfinden sie beide Partner als Einbahnstraße. Man hat dieses Gefühl, viel Arbeit hineinzustecken und nicht viel dafür zu kriegen — im Gegensatz zu einer Liebesbeziehung .«
Die Rückkehr zur Beziehung
In dieser neuen »wechselseitigen« Beziehung begannen alte Gefühle wieder heraufzuströmen, Gefühle, die die Frauen aus einer Zeit vor ihrer Heirat kannten. Das Heraustreten aus der Rolle der Ehefrau mit ihren Implikationen von Selbstlosigkeit und der Verpflichtung, die Bedürfnisse anderer zu erfüllen, und das Eintreten in die Rolle einer sexuell erlebnisfähigen und eigennützigen Person erfüllte diese Frauen mit einem Gefühl von Kompetenz und Befriedigung, als ob sie aus einer Trance erwacht wären. Sie riskierten zwar gesellschaftlichen Druck und die Möglichkeit, einem geliebten Ehemann wehzutun, aber sie waren wieder Herrinnen ihrer selbst.
Wie wäre es, wenn wir die »erwachsene« Persönlichkeit, die diese Frauen in ihren außerehelichen Beziehungen zurückgewannen, einen Augenblick lang als »gut« bezeichneten und die »erstarrte« und »infantilisierte« Persönlichkeit, die sie abschüttelten, als »schlecht« — statt umgekehrt? Wie wäre es, wenn wir die »gewöhnlichen«, »gleichberechtigten« außerehelichen Beziehungen, die sie eingingen, »gut« und die »vollkommenen Ehen«, die sie aufgebaut hatten, »schlecht« nennen würden? Was ist, wenn wir einräumen, daß nicht notwendigerweise ihre Ehemänner für diese erstarrten Beziehungen verantwortlich sind, sondern daß die Ehe als solche eine Art von Paradigma ist, in dem die Idealisierung zunächst die Beziehung abkühlt und anschließend die in diesen Ehen steckenden Frauen und Männer? Dann müssen wir das ganze frostige Klima neu bewerten, in das die vorbildliche Ehefrau hineingestoßen wird, müssen die verschiedenen Vorstellungen hinterfragen, die wir »richtig«, gar »ideal« oder »vollkommen« nennen und die die Frauen faktisch erfrieren lassen. Wenn wir dies tun, dann kommen wir vielleicht der Entdeckung näher, was in einer Beziehung wirklich erfreulich ist, zumindest für Frauen — und ich glaube, auch für Männer.
Klar ist, daß diese Frauen, die vor ihren außerehelichen Beziehungen ihren Körper als fragmentiert erlebten, ihre Stimme als erstickt oder irgendein lebenswichtiges Organ oder einen Aspekt ihrer Persönlichkeit als fehlend, sich während ihres Seitensprungs und danach veränderten. Sie ließen diese gedämpften Gefühle los und traten in eine klarere Realität ein, die von Farben und Schwingungen erfüllt war, in der sie sich »lebendig«, »wach«, »stark« und »konzentriert« fühlten. Sie entrannen diesem Schweigen und merkten, daß sie neue eigene Meinungen und laute Stimmen hatten, um sie zu äußern.
Zwei Frauen — beide haben seit inzwischen vielen Jahren ein Verhältnis — sprechen über das andere Bild von sich, mit dem sie jeden Tag aufwachen. Gloria sagt:
Ich habe eine Energie in mir, die sich anders anfühlt als das — was auch immer es war — , was mich früher jeden Tag antrieb. Anfangs war es sexuelle Erregung, aber jetzt, fünf Jahre später — und unsere Beziehung ist immer noch sehr glücklich — , ist es nicht mehr das. Ich weiß nicht, was es ist. Ich bin davon durchdrungen. Es ist, als könnte ich endlich vor lauter Bäumen den Wald sehen, ganz buchstäblich.
Und Margie:
Eines Tages stand ich auf und wurde mir bewußt, daß ich wirklich glücklich war, am Leben zu sein. Es war, als ob ich in einem durchaus angenehmen Traum gelebt hätte, aber er war in Schwarzweiß, und jetzt war ich wach und alles war in Farbe. Ich war irgendwie auch traurig, weil ich mich nie zuvor so gut gefühlt hatte. Hier stand ich mit meinen siebenunddreißig Jahren, hier war diese Geschichte, in der ich drinsteckte und über die ich mit niemandem reden konnte, weil sie so unmöglich war, und die mich doch glücklicher machte als alles, was ich je erlebt hatte. Alles war auf den Kopf gestellt.
Verändertes, besseres Leben
Am meisten beeindruckten mich die Frauen, die zwar unter der überwältigenden Veränderung ihres Lebens seit
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