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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalma Heyn
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Beginn ihrer außerehelichen Beziehung litten, die aber trotzdem spürten, daß ihre Beziehungen sie selbst, wenn nicht ihr Leben, zum Besseren hin verändert hatten. »Sie haben mir eben gesagt, daß Ihr Leben aus den Fugen sei«, sagte ich zu June, bei ihr nach Bedauern suchend. Sie steckte damals mitten in einem Zwiespalt, wußte nicht, was sie in bezug auf Jonathan und ihre Ehe tun sollte. »Mein Leben ist aus den Fugen«, korrigierte sie mich ruhig, »aber innerlich bin ich zum ersten Mal in meinem Leben ein Fels .«
    Diese Klarstellung kam mit überraschender Gewißheit. Ähnlich wie June sprachen die meisten Frauen davon, daß sie an einem bestimmten Punkt ihres Verhältnisses das Gefühl gehabt hatten, etwas habe innerlich »geklickt«, sei »zugeschnappt«, und danach hätten sie sich niemals wieder ganz wie zuvor gefühlt. Sie waren ihrer inneren Person nähergekommen, hatten endlich die Frau erkannt, von der jede von ihnen wußte, daß sie in ihr selbst existierte, der sie aber his jetzt nicht gestattet hatten, hervorzutreten.
    Für Alison, die, wie Sie sich erinnern, ständig gefroren hatte, die vor ihrer Affäre das Gefühl gehabt hatte, viele Jahre lang »auf Eis« gelegen zu sein, war es kein verlorener Körperteil und kein lebenswichtiges Organ, was sie wiederfand, sondern eine vollständigere körperliche Integration, ein Gefühl, ihre Umgebung sei »aufgetaut« und somit weniger feindselig. Alisons scheinbar so vollkommenes Leben wurde unvollkommen, was sie veranlaßte, sich entsetzt zu fragen: »Wo bin ich mein ganzes Erwachsenenleben lang gewesen ?«
    Was diese Frauen verwandelte, war offenbar nicht, daß sie in ihrer außerehelichen Beziehung etwas Ideales fanden, sondern etwas Unvollkommenes, etwas Gewöhnliches und angenehm Vertrautes. Nachdem sie sich außerhalb dessen, was sie angeblich glücklich machen sollte, umgesehen hatten, schauten sie nach innen und stellten fest, daß das, was sie wirklich glücklich machte, etwas ganz anderes war. Statt darüber zu reden, wie »wunderbar« die neue Beziehung sei, sprachen sie darüber, wie wunderbar sie sich darin fühlten. Statt idealisierte Personen zu schildern, sprachen sie davon, den anderen zu sehen und von ihm gesehen zu werden, mit allen Fehlern und Mängeln; statt Beziehungen zu beschreiben, in denen sie sich niemals traurig oder wütend oder unglücklich fühlten, schilderten sie »gewöhnliche« Beziehungen, in denen Ärger und Konflikte ebenso ihren Platz hatten wie Sinnlichkeit, Spontaneität und Übereinstimmung, die sie und ihre Freunde zusammengeführt hatten. In dieser alltäglichen, fehlerhaften, unidealisierten Beziehung war ihr innerstes, echtes Selbst willkommen; darüber fühlten sie sich nicht nur erleichtert. Sie spürten vielmehr, daß sie das einzige zutage gefördert hatten, was in ihrem Leben wirklich zählte.
    Wir begegnen hier Frauen, die immer wieder hervorheben, daß ihre Sexualität, die sie innerhalb der Grenzen konventioneller Wohlanständigkeit als so schwach empfunden hatten, außerhalb derselben zu einer Quelle der Kraft wurde. Ihre Liebe habe ihnen in der Ehe das Gefühl von Entfremdung und Auszehrung gegeben, während sie außerhalb, in Beziehungen, die sie allein um des Vergnügens willen aufnahmen, weder idealisiert noch abgewertet wurden. Ihre Sexualität sei genauso sicher und unaufhaltsam »zum Leben erwacht« wie sie selbst.
    Was sie entbehrt hatten, war eine schlichte, unidealisierte, gleichberechtigte Beziehung, in der sie sich völlig zu Hause fühlten, eine Beziehung, in der ihr gewöhnliches, wahres, »unverheiratetes« Selbst gedeihen konnte. Und als sie dieses Selbst in so »gewöhnlichen« Beziehungen wiederfanden — nachdem sie sich bereits gefragt hatten, ob sie es für immer verloren hätten — , entdeckten sie auch ihre längst verstummte Stimme wieder. So vorübergehend das Ereignis auch sein mochte, durch das sie sie wiederfanden, wollten diese Frauen doch nie wieder auf sie verzichten.

10. »Nach dreiundzwanzig Jahren Ehe läßt man sich einfach nicht scheiden !«

    Paula dachte etwa zwei Monate lang darüber nach, ob sie mit Harry schlafen sollte. Sie teilte ihm alle ihre Bedenken mit: ob sie einander zu häufig sahen; was mit ihr geschehen würde, falls sie so weitermachten — ein Seitensprung sei ihrem Leben und ihren Erfahrungen so fremd, daß sie nicht sicher sei, ob sie damit umgehen könnte. Sie sei sich nicht sicher, ob sie alles aufs Spiel setzen wolle, indem sie sich auf Sex

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