Die Heiratsschwindlerin
hast recht«, meinte Milly verzweifelt und warf einen Blick auf ihre Uhr. »Esme, ich muss los.«
»Schon?«
»In Simons Büro bekommen wir ein Hochzeitsgeschenk überreicht.«
»Ah so.« Esme strich die Zigarettenasche in einem Perlmuttbehälter ab. »Nun, hoffentlich habe ich dir bei deinem kleinen Problem etwas helfen können.«
»Eigentlich nicht«, sagte Milly geradeheraus. »Wenn überhaupt, dann bin ich jetzt noch verwirrter als zuvor.« Esme lächelte amüsiert.
» O je. Das tut mir leid.« Sie musterte Millys Gesicht. »Ja, und was meinst du, was wird deine …hypothetische Person nun tun?«
Stille.
»Ich weiß nicht«, meinte Milly schließlich. »Ich weiß es wirklich nicht.«
James Havill hatte mittags das Büro verlassen und sich auf den Heimweg gemacht. Bei seiner Ankunft war das Haus bis auf das eine oder andere Knarzen in mittägliche Stille gehüllt. Er stand eine Weile in der Diele und lauschte. Aber sein Heim schien so leer zu sein, wie er es sich erhofft hatte. Zu dieser Tageszeit waren die Gäste auf Sightseeingtour. Milly arbeitete noch, die Putzfrau war fertig. Die Einzige im Haus wäre Olivia.
So leise wie möglich erklomm er die Treppe. Als er im zweiten Stock um die Ecke bog, begann sein Herz erwartungsvoll zu pochen. Er hatte diese Begegnung den ganzen Vormittag geplant; er hatte in Besprechungen gesessen und an nichts anderes gedacht als daran, was er seiner Frau sagen würde – und wie.
Ihre Zimmertür war geschlossen. Bevor er anklopfte, starrte James einen Augenblick auf das Porzellanschild, auf dem das Wort PRIVAT stand.
»Ja?« Ihre Stimme klang erschrocken.
»Ich bin’s nur«, sagte er und machte die Tür auf. Im Zimmer war es warm von dem elektrischen Ofen, zu warm für seinen Geschmack. Olivia saß in ihrem verblichenen Chintzsessel vor dem Fernseher. Ihre Füße ruhten auf der Fußbank, die sie selbst mit Gobelinstoff bezogen hatte. Neben ihr stand eine Tasse Tee, und in den Händen hielt sie einen blassrosa Seidenstoff.
»Hallo.« James blickte zum Fernseher, wo eine schwarzweiße Bette Davis sich frostig mit einem Mann mit kantigem Kinn unterhielt. »Ich wollte dich nicht stören.«
»Tust du auch nicht«, sagte Olivia. Sie ergriff die Fernbedienung und verringerte Bette Davis’ Stimme zu einem fast unhörbaren Murmeln. »Was hältst du davon?«
»Was meinst du?«, fragte James überrascht.
»Isobels Kleid!«, erwiderte Olivia und hielt die rosa Seide hoch. »Ich fand es ein bisschen schlicht, deshalb besetze ich es mit ein paar Rosen.«
»Sehr hübsch«, sagte James, den Blick immer noch auf den Bildschirm gerichtet. Er konnte nicht ganz verstehen, was Bette Davis sagte. Sie hatte ihre Handschuhe aufgeknöpft; wollte sie den Mann mit dem kantigen Kinn zu einem Kampf herausfordern? Er sah auf. »Ich wollte mit dir reden.«
»Und ich mit dir«, sagte Olivia. Sie nahm ein rotes Heft zur Hand, das neben dem Sessel lag, und las darin nach. »Also das Erste: Hast du die Strecke zur Kirche mit der Stadtverwaltung abgeklärt?«
»Ich kenne die Strecke«, sagte James. Olivia seufzte verzweifelt auf.
»Schon klar! Aber weißt du, ob am Samstag irgendwelche Straßenarbeiten oder Demonstrationen durchgeführt werden? Nein! Deshalb müssen wir bei der Stadt anrufen. Erinnerst du dich nicht?« Sie schrieb etwas in das Heft hinein. »Schon gut, dann erledige ich es halt selbst.«
James schwieg. Er sah sich nach einer Sitzgelegenheit um, aber einen weiteren Stuhl gab es nicht. Schließlich setzte er sich auf die Bettkante. Olivias Bettdecke war weich und roch schwach nach ihrem Parfüm. Sie war gleichmäßig über ihr Bett ausgebreitet, drapiert mit Spitzenkissen, adrett und sauber, als würde sie nie darin schlafen. Soweit er wusste, tat sie es auch nicht. Seit sechs Jahren hatte James die Unterseite von Olivias Bettdecke nicht mehr zu Gesicht bekommen.
»Und dann«, meinte Olivia, »ist da noch die Frage nach den Geschenken für die Gäste.«
»Geschenke für die Gäste?«
»Ja, James«, sagte Olivia ungeduldig. »Geschenke für die Gäste. Heutzutage ist das so üblich.«
»Ich dachte, es wäre andersherum.«
»So rum und so rum. Die Gäste geben Milly und Simon ein Geschenk, und wir schenken den Gästen was.«
»Und wer schenkt uns was?«, wollte James wissen. Olivia verdrehte die Augen.
»Also, du bist wirklich keine Hilfe, James. Milly und ich haben bereits organisiert, dass jeder Gast eine Sektflöte bekommt.«
»Na, das ist doch in Ordnung.« James
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