Die Heiratsschwindlerin
gesäubert, aber Hemd und Jackett waren noch immer voller Rotweinflecken.
»So wirst du heute Nachmittag nicht mehr arbeiten können«, bemerkte sie.
»Ich weiß«, erwiderte Rupert. »Aber das macht nichts. Was Wichtiges stand eh nicht an.« Schweigen.
»Rupert?«
»Ja?«
»Weiß deine Frau davon? Von dir und Allan?«
Rupert blickte sie starr an. »Was glaubst denn du?«
»Aber wieso?«, fragte Milly. »Hast du Angst, sie würde es nicht verstehen?« Rupert lachte kurz auf.
»Das ist noch milde ausgedrückt.«
»Aber wieso nicht? Wenn sie dich liebt …«
»Würdest du es verstehen?« Rupert sah sie zornig an. »Wenn dein Simon sich umdrehen und dir sagen würde, dass er mal eine Affäre mit einem Mann hatte?«
»Ja«, meinte Milly unsicher. »Ja, ich glaube schon. Solange wir uns anständig darüber unterhalten würden …«
»Das würdest du nicht«, versetzte Rupert scharf. »Das kann ich dir jetzt sagen. Du würdest nicht mal anfangen zu verstehen. Und Francesca genauso wenig.«
»Du gibst ihr ja gar nicht die Chance! Na, komm, Rupert, sie ist deine Frau! Sei ehrlich zu ihr.«
»Ehrlich? Du rätst mir, ehrlich zu sein?«
»Aber das ist es doch gerade!«, sagte Milly und beugte sich mit ernstem Gesicht vor. »Ich hätte von Anfang an ehrlich zu Simon sein müssen. Ich hätte ihm alles sagen sollen. Wir hätten das mit der Scheidung gemeinsam klären können; alles wäre in Butter gewesen. Aber so …« Sie breitete ihre Hände hilflos auf dem Tisch aus. »So stecke ich im Schlamassel.« Sie hielt inne und nippte an ihrem Kaffee. »Was ich sagen will, ist, wenn ich die Chance hätte, die Zeit zurückzustellen und Simon die Wahrheit zu sagen, dann würde ich sie ergreifen. Und du hast diese Chance, Rupert! Du hast die Chance, ehrlich zu Francesca zu sein, ehe … ehe alles schiefläuft.«
»Bei mir ist es anders«, erwiderte Rupert steif.
»Das stimmt nicht. Es ist bloß ein anderes Geheimnis. Alle Geheimnisse kommen schließlich ans Licht. Wenn du es ihr nicht erzählst, dann findet sie es auf anderem Wege heraus.«
»Wird sie nicht.«
»Vielleicht doch!« Milly hob überzeugt die Stimme. »Ganz leicht könnte sie das! Und das willst du riskieren? Sag es ihr einfach, Rupert! Sag es ihr.«
»Sag mir was?«
Eine Frauenstimme traf Millys Ohren wie ein Peitschenschlag, und sie riss bestürzt den Kopf herum. Am Eingang des Alkovens stand eine hübsche Frau mit rötlichem Haar und schicker, konventioneller Kleidung. Neben ihr stand Ruperts Freund Tom.
»Was sollst du mir sagen?«, wiederholte die Frau in hohen, scharfen Tönen und ließ ihren Blick zwischen Rupert und Milly hin und her schnellen. »Rupert, was ist dir passiert?«
»Francesca«, sagte Rupert mit bebender Stimme. »Keine Sorge, das ist bloß Wein.«
»Hi, Rupe!«, sagte Tom lässig. »Wir dachten uns schon, dass wir dich hier finden würden.«
»Aha, das ist also Milly«, meinte die Frau. Sie sah Rupert luchsäugig an. »Tom hat mir erzählt, dass du deine alte Freundin getroffen hast. Milly aus Oxford.« Sie lachte kurz auf. »Das Merkwürdige ist, Rupert, dass du mir gesagt hast, du wolltest nicht mit Milly aus Oxford reden. Du hast mich gebeten, all ihre Nachrichten zu ignorieren. Du hast gesagt, sie sei eine Spinnerin.«
»Eine Spinnerin?«, rief Milly entrüstet.
»Ich wollte nicht mit ihr sprechen!«, sagte Rupert mit ängstlichem Blick. »Und will es immer noch nicht!«
»Hör mal«, sagte Milly eilig. »Vielleicht gehe ich jetzt besser.« Sie erhob sich und ergriff ihre Handtasche. »Nett, Sie kennen gelernt zu haben«, sagte sie zu Francesca. »Ehrlich, ich bin nur eine alte Freundin.«
»Stimmt das?« Francescas blasse Augen bohrten sich in die Ruperts. »Was ist es denn dann, was du mir sagen sollst?«
»Bye, Rupert«, meint Milly hastig. »Bye, Francesca.«
»Was hast du mir zu sagen, Rupert? Was ist es? Und Sie …« Sie drehte sich zu Milly um. »Sie bleiben hier!«
»Ich muss zu meinem Zug«, sagte Milly. »Wirklich, ich muss los. Es tut mir so leid!«
Ohne einen weiteren Blick zu Rupert bahnte sie sich rasch ihren Weg durch die Bar und sprang die Holztreppe zur Straße hinauf. Als sie in die Luft hinaustrat, fiel ihr ein, dass sie ihr Feuerzeug auf dem Tisch liegen gelassen hatte. Es schien ihr ein kleiner Preis für ihr Entkommen.
Isobel saß in der Küche in der Bertram Street und nähte ein blaues Seidentuch auf ein Spitzenstrumpfband. Olivia saß ihr gegenüber und band ein knallrosa Band zu einer
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