Die heiße Nacht auf den Bahamas
verhandeln."
"Was
genau schlägst du denn stattdessen vor?"
Sie
richtete sich kerzengerade auf. "Verkauf uns den Betrieb
zurück."
"Bist
du in der Lage, mir ein Angebot zu machen?"
Cassie
senkte den Blick. Sie hatte mit zahlreichen Banken gesprochen, seit
sie von Olivers Verkaufsabsichten erfahren hatte. Aber keine Bank war
gewillt gewesen, einen Kredit zu geben.
"Cassie",
sagte Hunter, und erneut war die Wärme aus seiner Stimme
verschwunden. Einen Moment lang dachte Cassie, sie wäre
vielleicht zu weit gegangen, und er würde sein Wort brechen und
die Abfindungen streichen. "Mein Job ist es nicht, Kapital
wegzugeben, und ich werde auch keinen Betrieb unterstützen, der
seit Jahren keinen Gewinn bringt."
Sie
nickte. Es war hoffnungslos. Er würde seine Meinung nicht
ändern. "Auf Wiedersehen, Mr. Axon."
Er
seufzte. "Überlege doch mal selbst, Cassie. Was würdet
ihr tun, wenn ich euch Demion Mills verkaufe, und ihr wärt
schließlich gezwungen, Konkurs anzumelden? Stell dir das bloß
vor. Dann würde es kein Abfindungspaket und keine Übergangsfrist
geben. Alles wäre einfach weg."
"Wir
werden keine Gelegenheit haben, das herauszufinden, oder?"
Ein
letztes Mal sah er sie an, bevor er sich umdrehte und zur Tür
ging. Dann blieb er jedoch stehen.
Mit
einem Mal merkte Cassie, was er betrachtete. Das Foto von ihm am
Strand lag auf dem Tisch. Sobald sie nach Shanville zurückgekommen
war, hatte sie das Bild ausgedruckt zur Erinnerung an den
geheimnisvollen, zärtlichen Mann, dem sie ihr Herz geschenkt
hatte.
Er
sah sie an und schien etwas sagen zu wollen. Doch dann ging er
hinaus.
Cassie
lief zur Tür und lehnte sich hinaus. "Hunter!" rief
sie, und er blieb stehen. "Danke, dass du mir die Kette gebracht
hast." Mit diesen Worten schlug sie die Tür zu.
6.
Kapitel
Cassie
betrachtete das weiße Schild. Dann nahm sie einen dicken roten
Stift und schrieb: "Arbeiter im Streik!"
"Hier,
für dich Mabel", sagte sie und reichte es der grauhaarigen
Frau vor ihr. "Du kannst jetzt zu den anderen gehen."
Zwar
war Frühlingsbeginn, aber es war kalt und nieselte. Ein rauer
Wind wehte von den Bergen her durch die Stadt, und selbst die
robustesten Einwohner von Shanville froren. Doch niemand achtete auf
den eisigen Regen und den ungemütlichen Wind. Die Leute
beschäftigten sich mit wichtigeren Dingen, wie zum Beispiel dem
Streik.
Nachdem
Hunter weggegangen war, hatte Cassie jeden angerufen, den sie kannte,
und erklärt, Hunter Axon sei nicht bereit zuzuhören, und
deshalb seien drastische Maßnahmen erforderlich.
Aber
was sollten sie tun?
Christine
Humblegot, Olivers Sekretärin, erzählte von einem Gespräch
zwischen Willa und Oliver, das sie mitgehört hatte. Demnach
würde das neue Werk in China frühestens in drei Monaten
produzieren, und man rechnete damit, die Arbeiter bei Demion Mills
würden die ersten Bodyguard-Muster herstellen, damit diese
rechtzeitig geliefert werden konnten.
Das
bedeutete, Hunter brauchte sie. Zumindest für eine gewisse Zeit.
Das
war die einzige Trumpfkarte, die sie besaßen.
Vielleicht
würde ein Streik seine Verhandlungsbereitschaft erhöhen.
Natürlich würde ein Mann wie Hunter damit fertig werden,
doch zumindest würden sie ihm dadurch ein paar Probleme
bereiten.
"Das
ist so aufregend", sagte Mabel. "Ich bin jetzt
dreiundsechzig und habe so etwas noch nie so gemacht." Stolz
hielt sie das Schild hoch über ihrem Kopf. "Glaubst du, die
Polizei wird uns verhaften?"
"Das
bezweifle ich", sagte Cassie. "Herb hat alle Hände
voll zu tun." Sie wies mit dem Kinn auf Herb Blansfield, den
Sheriff des Ortes. Er stand beim Eingang zur Weberei und hielt ein
Schild mit der Aufschrift "Sichert die Arbeitsplätze in
Shanville!" Er selbst arbeitete zwar schon seit Jahren nicht
mehr bei Demion Mills, doch seine Frau und seine Tochter waren in der
Weberei angestellt.
Cassie
lächelte, als sie den Blick über die Menge schweifen ließ.
Sie hatte allen sämtliche Risiken erklärt, die mit einem
Streik verbunden waren. Aber das schien die Entschlossenheit der
Leute nur zu stärken. Alle Belegschaftsmitglieder von Demion
Mills hatten sich dem Streik begeistert angeschlossen. Niemand war
bereit, den Betrieb in die Hände einer Firma zu geben, die die
einzige Absicht hatte, ihn zu zerstören.
Luanne
war hier, mit ihren sechs Töchtern, alle Angestellte von Demion
Mills. Christine war hier mit ihren Großeltern. Sämtliche
Einwohner der Stadt waren gekommen, um ihre Solidarität
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