Die heiße Nacht auf den Bahamas
einen Schatten unter dem Vordach
des Hauses wahr. Sie stutzte. Shanville war zwar so sicher, dass die
meisten Leute nicht einmal ihre Türen abschlossen, doch es gab
Ausnahmen.
Cassie
stieg aus dem Wagen, blieb aber vorsichtshalber neben der offenen Tür
stehen. "Wer ist da?" fragte sie.
Eine
große, dunkle Gestalt trat ins Mondlicht. "Wir müssen
miteinander reden."
Bei
dem Anblick von Hunter Axon setzte Cassies Herz einen Schlag lang
aus. Sie erstarrte.
Er
kam näher. "Zum zweiten Mal bist du vor mir davongelaufen."
Nun
stand er so nah vor ihr, dass sich ihre Körper beinahe
berührten.
Cassie
blinzelte. "Was tust du denn hier?" fragte sie und ging in
Richtung Haus.
Hunter
hielt sie am Arm fest. "Geh nicht weg, Cassie. Du hast so viel
Mühe auf dich genommen, um mit mir zu sprechen. Jetzt bin ich
hier. Ich schlage vor, du nutzt das aus", erklärte er mit
fester Stimme.
Sie
blieb stehen. Sicher würde ein Gespräch mit ihm nichts an
den Tatsachen ändern. Doch sie schuldete ihren Freunden einen
Versuch. Allerdings war unklar, ob sie ihnen damit helfen oder
schaden würde. "Ich würde gerne mit dir reden",
sagte sie. "Aber ich kann nicht."
"Das
verstehe ich nicht. Schließlich bist du bis auf die Bahamas
gekommen, um mich zu treffen."
"Das
war, bevor …" Sie unterbrach sich.
"Vor
unserer gemeinsamen Nacht?"
"Nein",
erwiderte sie und sah ihn jetzt direkt an. "Bevor ich
herausfand, dass ein Gespräch mit dir alle anderen Arbeiter um
die Abfindung bringen würde."
Man
konnte ihm die Überraschung deutlich ansehen. "Wie bitte?"
"Willa
hat mir gesagt, ein bloßer Versuch meinerseits, mit dir zu
reden, würde ausreichen, damit sie das Abfindungspaket streicht.
Sie sagte, ich würde dich ganz sicher nicht überzeugen, und
alle Angestellten von Demion Mills würden ohne einen Penny
entlassen werden."
Er
hielt ihrem Blick stand. "Es hat Situationen gegeben, wo wir
gezwungen waren, Abfindungspakete zu streichen. Aber das tun wir
nicht gern."
Cassie
überlegte, ob diese Aussage sie beruhigen sollte.
"Ich
gebe dir mein Wort", fuhr Hunter fort, "dass alles, was
heute Abend zwischen uns gesprochen wird, vertraulich ist. Ich werde
es weder gegen dich noch gegen einen Angestellten von Demion Mills
verwenden."
Cassie
sah ihn an. Sein Blick war zwar kühl, aber ehrlich.
"Bitte",
sagte er. "Ich möchte gern mit dir reden."
Damit
gab er ihr praktisch einen Freifahrtschein. "Also gut",
sagte sie schließlich.
Er
folgte ihr ins Haus.
Cassie
drehte das Licht in Flur an und meinte: "Ich glaube, du weißt,
was ich dir sagen werde."
"Können
wir uns irgendwo hinsetzen?"
Natürlich,
wo blieben nur ihre Manieren? Sie wies in Richtung Wohnzimmer. "Da
drinnen." Rasch nahm sie einen Stapel Zeitungen vom Sofa und
schaffte Platz für Hunter.
"Hast
du diese Fotos gemacht?" fragte er, während er eine
Bilderserie betrachtete, die eine blühende Blume zeigte.
Cassie
nickte. "Vor langer Zeit."
"Und
das?" Er ging weiter zum nächsten Bild, auf dem eine
Sonnenblume zu sehen war.
"Meine
Großmutter wollte in diesem Zimmer Blumenfotos."
"Du
bist gut."
"Danke."
"Wirklich
gut. Du könntest das beruflich machen."
"Aber
das tue ich nicht", erklärte sie kurz angebunden. Sie würde
sich nicht schmeicheln lassen, sosehr ihr dieses Kompliment auch
gefiel. Sie traute Hunter Axon nicht, denn sie hatte bereits erlebt,
wie viel Charme er versprühen konnte, wenn er wollte.
"Deine
Großmutter war nicht gerade glücklich über deine
Entscheidung, das Studium aufzugeben, nicht wahr?"
Cassie
sah ihn an.
"Ich
habe heute ein paar Nachforschungen über dich angestellt",
erklärte er.
Nachforschungen?
Er hatte sich für sie interessiert?
"Natürlich
diskret", fügte er hinzu.
Selbstverständlich.
Man mochte Hunter Axon so einiges nachsagen können, doch Cassie
hatte das Gefühl, er war sehr diskret, wenn es um seine Frauen
ging. Um alle seine Frauen. Hunderte …
Was
tue ich da? fragte sie sich. Was spielte es für eine Rolle, mit
wie vielen Frauen er geschlafen hatte?
"Warum
setzt du dich nicht?" sagte sie und wies auf das Sofa, das sie
für ihn freigeräumt hatte.
Er
setzte sich und sah sich um. "Hübsches Zimmer."
Nahm
er sie auf den Arm? Der Raum war ganz bestimmt nichts Besonderes,
obwohl Cassie ihn behaglich fand. Die Möbel waren alt, aber
bequem und praktisch. "Meine Großmutter hat das Zimmer vor
vierzig Jahren eingerichtet, und ich glaube nicht, dass seitdem etwas
daran verändert wurde."
Er
beobachtete sie. Cassie hatte
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