Die heiße Nacht auf den Bahamas
keiner Wimper. "Wir werden nicht zulassen, dass du
uns den Betrieb wegnimmst. Nicht ohne Kampf."
"Ich
nehme euch den Betrieb nicht weg", entgegnete er. "Das
haben die Demions gemacht."
"Du
bist der Besitzer." Ihre grünen Augen schienen Funken zu
sprühen. "Richtig?"
Während
er Cassie betrachtete, geriet seine Entschlossenheit immer mehr ins
Wanken. Wie hätte er ihr sagen sollen, dass sie gerade ihre
Abfindung verlor? Wie hätte er ihr wehtun können?
Insgeheim
bewunderte er ihren Mut. Doch was erhoffte sie sich von ihrem
Protest? Die Weberei würde in wenigen Monaten geschlossen
werden. Bis dahin konnte er, Hunter, andere Arbeiter nach Shanville
bringen. Aber halt, konnte er das wirklich? Demion Mills war keine
herkömmliche Textilfabrik. Das Weben auf Webstühlen war
eine aussterbende Kunst. Inzwischen hatten Maschinen die Arbeit der
Menschen übernommen, und in den wenigen Fällen, wo noch
menschliche Geschicklichkeit nötig war, hatte man die Produktion
ins Ausland verlagert, genau wie er das in diesem Fall beabsichtigte.
Wo sollte er geschickte Handwerker finden, die mit den alten
Webstühlen vertraut waren?
Moment
mal! Versuchte er etwa gerade Argumente für Cassie zu finden?
Ließ er sich von seinen persönlichen Gefühlen ihr
gegenüber in seinen geschäftlichen Entscheidungen
beeinflussen?
Ja,
verflixt noch mal. Jedem anderen hätte er ein Ultimatum gestellt
und ihm dann die Tür gewiesen.
"Das
ist doch lächerlich", sagte Willa. "Sie verschwenden
Mr. Axons Zeit."
Er
hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. "Was sind eure
Forderungen?" fragte er Cassie.
"Gib
das Werk in China auf. Erhalte die Arbeitsplätze hier."
Er
schüttelte den Kopf. Einer Forderung nach höheren
Abfindungen hätte er möglicherweise nachgegeben. Aber
glaubte Cassie tatsächlich, er würde sein Ziel so einfach
aufgeben? "Das ist unmöglich."
Erneut
schaltete sich Willa ein: "Jeder, der etwas von
Betriebswirtschaft versteht, weiß, dass die Kosten viel zu hoch
…
"Dann
verkauf den Betrieb an uns", unterbrach Cassie sie.
"Was?"
fragte Willa.
Hunter
sah Cassie an. "Habt ihr eine Bank gefunden, die den Verkauf
finanziert?"
Sie
schluckte und senkte dann den Blick. "Das werden wir."
Willa
lachte, ein schrilles Geräusch, das in den Ohren wehtat. "Axon
Enterprises ist kein Wohltätigkeitsverein."
"Was
du tust, ist nicht richtig", sagte Cassie und sah ihn
vorwurfsvoll an. "Du hast weder ein Interesse an der Weberei,
noch kannst du die Arbeit würdigen, die wir leisten."
"Ob
ich die Arbeit würdige oder nicht, ist völlig egal",
erklärte Hunter ruhig. "Ich habe den Betrieb gekauft, und
er gehört jetzt mir."
"Du
willst doch bloß das Patent für Bodyguard. Dann nimm es,
aber gib uns den Betrieb zurück."
Einen
Augenblick lang schwieg Hunter nachdenklich. "Ich soll euch den
Betrieb verkaufen und das Patent behalten?"
"Genau.
Du kannst Bodyguard in China produzieren, und wir bleiben hier und
weben weiterhin unsere wunderschönen Stoffe."
Er
seufzte. Er verstand sie und hätte ihr gern geholfen. Aber
selbst die fleißigsten Arbeiter würden den Betrieb nicht
am Laufen halten können. Seit Jahren hatte er Verlust gemacht.
"Was sollte das bringen? Ihr hättet immer noch einen
Textilbetrieb, der kurz vor dem Bankrott steht."
"Wir
werden unsere Chance nutzen."
"Cassie",
ertönte plötzlich Olivers Stimme. Er stand im Türrahmen
und war offensichtlich geschockt, sie zu sehen. "Was machst du
hier?"
"Ich
rede mit deinem neuen Boss", erwiderte sie schlicht.
Er
nahm sie beim Arm. "Warum tust du mir das an?"
Hunter
gefiel es gar nicht, dass ein anderer Mann Cassie berührte. Am
liebsten hätte er Oliver angeherrscht, er solle die Hände
von ihr nehmen. Doch stattdessen sagte er: "Lassen Sie sie
sprechen."
Cassie
befreite sich aus Olivers Griff.
"Wir
geben nicht ohne Kampf auf", erklärte sie und sah dabei
Hunter direkt an. "Wir werden unsere Arbeit erst wieder
aufnehmen, wenn unsere Forderungen erfüllt sind."
Hunter
ließ sich nicht gerne drohen. "Ich kann mir andere Leute
holen, die euren Job machen", entgegnete er.
"Das
wird Zeit brauchen. Zeit, die du, unseres Wissens nach, nicht hast."
Sie verschränkte die Arme. "Wir werden mit dem Streik nicht
aufhören. Wir rufen Nachrichtensender an. Wir schreiben Briefe
an Politiker …"
"Nachrichtensender?"
hakte Willa nach. "Welche Nachrichtensender?"
"Zum
Beispiel den Sender von Albany."
Willa
grinste verächtlich. "Als ob sie sich dort etwas aus einer
kleinen Weberei
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