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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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morgen Nacht auch mit von der Partie ist. Fast alle wollen kommen. Ich musste sogar noch ein paar Mädchen von der Straße dazunehmen, ein, zwei von den hohen Herren wollen sich geißeln lassen …« Sie verzog angewidert das Gesicht. »Das wird ein ordentliches Stück Arbeit. Aber ich will sehen, was ich rausfinden kann.«
    »Danke, Thea, ich weiß gar nicht, wie …«
    »Eins meiner Mädchen hat ihre Blutung nicht bekommen«, unterbrach ihn die Kupplerin unwirsch. »Kümmer dich darum und gib ihr ein paar deiner Kräuter. Ich kann kein Balg hier brauchen.«
    Philipp Teuber nickte. »Ich will sehen, was sich machen …«
    »Und find den Wahnsinnigen, der seit Wochen meine Mädchen draußen auf der Straße umbringt«, unterbrach ihn Dorothea. »Ein halbes Dutzend hat es schon erwischt. Da stimmt was nicht. Irgendeiner treibt dort draußen sein Unwesen, und ich kann nur hoffen, dass es nicht dieses Monstrum in meinem Keller ist.«
    Ohne ein weiteres Wort verschwand sie wieder im Turm, aus dem noch immer Kichern und gelegentliches Stöhnen zu hören waren. Philipp Teuber stand allein vor der Tür und sah einer fallenden Sternschnuppe nach.
    Lieber Herrgott, mach, dass meine Familie heil aus dieser Sache herauskommt …
    Tief atmete er ein und wieder aus, so, als könnte er damit die Furcht loswerden, die seit gestern Abend wie ein kleines wildes Tier in seinem Bauch tobte. Sollten die Ratsherren ihm auch nur das Geringste nachweisen können, würde ein neuer Henker den alten zum Schafott schleifen. Seine Frau und seine Kinder würden aus der Stadtvertrieben werden und in den Wäldern hausen müssen. Die Kleinen würden langsam verhungern und ihre Mutter immer wieder fragen, warum der Vater ihnen das angetan hatte.
    Der Regensburger Scharfrichter stieg auf den Schinderkarren und fuhr nach Hause. Ein zäher Nebel lag in den Gassen, er kroch unter seinen Rock und seine Hose und ließ ihn unwillkürlich frösteln.
    Er wusste, dass das Zittern nicht nur von der Kälte kam.
    »Kannst du mir mal verraten, was dein kleiner Venezianer hier im Dom verloren hat?«, zischte Simon und deutete auf Silvio Contarini, der sich immer noch hinter den Kirchenbänken verbarg.
    »Erstens ist er nicht mein kleiner Venezianer, und zweitens habe ich keine Ahnung«, erwiderte Magdalena leise. »Aber wenn du unbedingt …«
    »Psst!« Simon legte ihr die Hand auf den Mund, doch es war zu spät. Der Fremde neben dem Sebastiansaltar schien etwas gehört zu haben. Blitzschnell schraubte er die als Pfeil getarnte Röhre wieder zusammen und steckte sie zurück in die rechte Hand der Statue. Dann griff er zu seinem Rapier und nahm eine lauernde Stellung ein. Schritt für Schritt, die Klinge vor sich haltend, näherte er sich der Säule, hinter der Simon und Magdalena kauerten. Sie hörten das schleifende Geräusch seiner Schritte, die immer näher kamen. Auf Simons Stirn standen Schweißperlen, er hörte auf zu atmen, in der Hoffnung, dass sie dann nicht bemerkt wurden. Die Schritte setzten aus. Schon glaubte der Medicus, dass der Mann in einer anderen Richtung weitersuchte, als plötzlich rechts von ihm der monströse Kopf des Fremden hinter der Säule hervorschoss.
    DerUnbekannte schien genauso überrascht zu sein wie Simon und Magdalena. Kurz schien es, als wollte er etwas sagen, doch in diesem Augenblick näherte sich von links ein rasender Schatten. Es war Silvio Contarini, der über mehrere Bankreihen sprang, ein paar Stühle umstürzte und sich schließlich dem Unbekannten entgegenwarf. Die Klingen kreuzten sich, und der Kampf wogte hin und her, wobei Silvio seinen Gegner immer weiter auf den Sarkophag zutrieb.
    In einer Bewegung, so schnell, dass sie kaum zu erkennen war, tauchte der Fremde plötzlich zur Seite und stach gleichzeitig zu. Die Klinge traf Silvios Oberkörper und ritzte den samtenen Rock der Länge nach auf. Ein weiteres Mal zuckte das Rapier. Der kleine Venezianer strauchelte und fiel auf die Knie. Kalt lächelnd hob der Fremde seine Waffe, bereit zum tödlichen Stoß in die Brust, die Spitze neigte sich wie der Kopf einer giftigen Natter.
    »Nein!«, schrie Magdalena. »Du … du Ungeheuer!«
    Ohne weiter nachzudenken, ergriff die Henkerstochter die silberne Sebastiansstatuette, die wieder auf dem Altar stand, und warf sie in Richtung der Kämpfenden.
    Mit einem dumpfen Geräusch traf die schwere Figur den Fremden von hinten am Kopf.
    Der Mann wankte und ruderte mit den Armen, dann stürzte er wie ein gefallener Erzengel

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