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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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von dem Haus. Aber sie lassen die Thea machen, dafür wird der eine oder andere von ihnen halt besonders verwöhnt. Die Garnisonssoldaten von nebenan sind natürlich Stammgäste. Ich kümmer mich für ein paar Heller drum, dass die Gäste nicht ausfällig werden und den Mädchen nichts antun. Und wenn die Burschen nicht parieren, fass ich sie kurz am Schlafittchen. Dann buckeln sie am nächsten Morgen in die Kirche und beten hundert Vaterunser, weil sie denken, dass ich ihnen Pech an den Hals gehext hab.« Er beugte sich über den zusammengekrümmten Kuisl. »Brauchst sonst noch was?«
    »Warum?«, fragte Jakob Kuisl, dem fast die Augen zufielen.
    »Warum was?«
    »Du hättest mir nicht helfen müssen. Es ist … gefährlich. Deine Familie …«
    Philipp Teuber schwieg lange, bevor er antwortete.
    »Du bist einer von uns, Kuisl«, sagte er schließlich. »Genauso ausgestoßen wie ich. Du hast Familie wie ich, und ich weiß, dass du unschuldig bist. Irgendeiner will dir ans Leder, irgend so ein Saubeutel von Ratsherr hat sich das einfallen lassen. Und ich soll jetzt für ihn die Drecksarbeitmachen. Die wollen mich für blöd verkaufen. Aber wir Henker sind nicht dumm, nicht wahr, Kuisl? Wir sind ehrlos, aber nicht dumm.«
    Doch der Schongauer Scharfrichter war bereits eingeschlafen.
    Philipp Teuber breitete eine Decke über ihn, duckte sich unter dem niedrigen Eingang hindurch und schob das Weinfass wieder davor. Morgen früh würde er zurückkehren, mit Kräutern und Arzneien, die Jakob Kuisl wenigstens über die schlimmsten Schmerzen hinweghelfen würden.
    Teuber stapfte die Treppe hoch und trat hinaus in die kalte Nachtluft. Schon bald tauchte neben ihm Dorothea auf. Die Kupplerin drückte seine Hand; die kalte, berechnende Art, mit der sie gerade noch aufgetreten war, schien plötzlich verschwunden. Gemeinsam sahen sie hinauf in den sternenklaren Himmel.
    »Und du glaubst wirklich, dass er unschuldig ist?«, murmelte Dorothea schließlich.
    Teuber nickte. »Ich war mir noch nie bei etwas so sicher. Er muss auch nicht lange bei dir bleiben, versprochen. Vielleicht nur ein paar Tage, bis er wieder halbwegs laufen kann.«
    Die Dicke Thea seufzte. »Weißt du eigentlich, was du mir da aufhalst? Ich hab morgen den halben Rat hier, von den Soldaten im Peterstor ganz zu schweigen. Wenn auch nur einer von denen dieses Monstrum zu Gesicht bekommt …«
    »Thea, ich bitt dich.« Philipp Teuber wischte seiner Freundin eine graue Locke aus der Stirn und sah sie ernst an. »Nur dieses eine Mal.«
    Der Regensburger Scharfrichter wusste, dass er auf Dorothea zählen konnte, doch ihm war auch klar, wie gefährlichdie Sache für sie beide war. Teuber kannte die Dicke Thea seit fast zwanzig Jahren. Sie hatte als einfache Straßendirne angefangen, doch seit einigen Jahren führte sie nun dieses Haus am Peterstor. Dorothea war aufgestiegen zur mächtigsten Dirne der Stadt. Aber Teuber wusste – nur ein Wort der Ratsherren, eine kleine Dummheit, eine falsche Beschuldigung würde ausreichen, um sie dorthin zurückzustoßen, wo sie hergekommen war.
    Zurück in die Gosse.
    »Wie geht es deiner Tochter?«, fragte Philipp Teuber unvermittelt, um Thea auf andere Gedanken zu bringen. »Ist sie immer noch so schön, wie ich sie in Erinnerung hab?«
    Dorothea lächelte. »Schöner. Und das weiß sie auch. Ich muss sie vor den Freiern verstecken, sonst werden die mir noch ganz narrisch.« Ihr Gesicht wurde wieder ernst. »Christina soll’s mal besser haben als ich. Morgen, wenn der Rat zu uns kommt, wird der Beutel klingeln. Wer weiß, vielleicht hör ich dann ganz auf, heirat einen feschen Buchbinder und mach nur noch für ihn die Beine breit.«
    Philipp Teuber grinste. »Überleg’s dir noch mal. In ein paar Monaten kommt der Reichstag nach Regensburg, da werden dir die Gesandten die Tür einrennen. Du wirst so viel verdienen, dass du das Geld scheißen kannst.« Plötzlich fiel ihm etwas ein.
    »Wenn morgen der Rat bei dir zu Gast ist, kannst du da für mich ein bisserl rumschnüffeln?«
    Dorothea sah ihn missmutig an. »Meinst nicht, ein Gefallen langt? Was willst denn noch von mir?«
    »Bei der Tortur vom Kuisl waren drei Fragherren da«, sagte Teuber nachdenklich. »Alle drei sind Ratsmitglieder. Der Rheiner als Gerichtsvorsitzender, der junge Kerscher vom Ungeltamt und ein dritter, den ich nicht kenne. Kannst du rausfinden, wer das war?«
    Dorotheazuckte mit den Schultern. »Wenn’s ein Ratsherr war, ist’s gut möglich, dass er

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